Das Blut der Unschuldigen: Thriller
hat zugelassen, dass zwei von ihnen ermordet wurden.«
»Aber das ist doch nicht bewiesen?«, begehrte Fernando auf.
»Zweifelt Ihr daran, Herr?«, hörten sie eine Stimme hinter sich.
Überrascht wandten sich beide um. Bruder Ferrer war ins Zelt getreten und hatte die letzten Worte gehört.
Fernando ließ sich von den vorwurfsvollen Blicken, mit denen ihn der Inquisitor musterte, nicht beeindrucken und fragte: »Ihr seid …?«
»Bruder Ferrer«, gab der Dominikaner zur Antwort. »Und ich habe Euch gefragt, ob Ihr bezweifelt, dass Alfaro in den Mord an meinen Ordensbrüdern verwickelt ist.«
»Es gibt keine Beweise dafür.«
»Beweise?«, schrie Bruder Ferrer wütend. »Es ist bekannt, dass er sie im Bergfried der Burg eingekerkert hatte, wo niemand sie sehen oder ihnen zu Hilfe kommen konnte. Auch weiß man, dass ein Trupp von Ketzern sie umgebracht hat, der von Montségur aufgebrochen ist, diesem Pfuhl der Niedertracht, den Gott vernichten wird. Die Kirche wird diesen ihr angetanen Schimpf nicht verzeihen. Jene, die sich selbst Gute Christen nennen, sind in Wahrheit eine Mörderbande.«
Jeder Regung unfähig sah ihn Julián entsetzt an. Abschätzend musterte Fernando den Inquisitor und kam zu dem Ergebnis, dass es besser sein würde, diesem Mann nicht in die Quere zu kommen.
»Ich kenne die Einzelheiten des Vorfalls nicht. Wenn Ihr sagt, dass es sich so verhält, dann sei es so.«
Bruder Ferrer richtete den Blick auf Julián, der so aussah, als würde er im nächsten Augenblick in Ohnmacht fallen.
»Bruder Péire wollte auf keinen Fall, dass ich nach Euch sehe, weil Ihr der Ruhe bedürft, wie er sagte. Doch es wäre ein Verstoß gegen die Nächstenliebe, wenn ich mich nicht um Euch kümmerte. Da Ihr in Gesellschaft seid, werde ich Euch bei anderer Gelegenheit aufsuchen.«
Er verließ das Zelt ebenso überraschend, wie er eingetreten war.
»Du bist ja ganz bleich«, lachte Fernando. »Was gibt es da zu erschrecken? Ist er nicht dein Bruder im Herrn?«
»Du … du kennst ihn nicht«, sagte Julián mit verzagter Stimme.
»Ich fürchte, dass diesem Bruder Ferrer jegliches Mitgefühl abgeht und möchte auf keinen Fall in der Haut der Ketzer da oben stecken.«
»Du weißt aber doch wohl, dass sich deine Mutter nach wie vor zusammen mit deiner jüngsten Schwester in der Festung aufhält?«
Fernando nickte mit ernster und besorgter Miene. Bei Juliáns Worten meldete sich ein stechender Schmerz in seiner Brust. Obwohl er seine Mutter noch mehr liebte als seinen Vater, Don Juan de Aínsa, hatte er sich dieser energischen und unermüdlichen Frau nie nahe gefühlt. Sie hatte ihren Kindern kaum je Zärtlichkeit erwiesen, auch wenn sie diese liebte und sich stets bemüht hatte, ihnen eine gesicherte Zukunft zu verschaffen.
»Ich … na ja … ich habe sie gelegentlich gesehen«, gestand Julián.
»Das wundert mich nicht. Die Burg war ja nie vollständig von der Außenwelt abgeschnitten. Wir wissen, dass es eine Reihe von Männern gibt, die sie auf nur ihnen bekannten geheimen Pfaden betreten und verlassen. Es ist gar nicht lange her, dass mir meine Mutter einen Brief geschickt hat.«
»Sie hat dir geschrieben?«, fragte Julián verblüfft. »Nur sie konnte so etwas wagen!«
»Mach dir keine Sorgen. Sie ist klug und hat uns nicht in Gefahr gebracht. Ich habe die Mitteilung von einem Pagen meiner Schwester Marian bekommen. Du weißt ja, dass ihr Gemahl, der Ritter Bertrand d’Amis, dem Grafen Raimond dient, so dass sie häufig Mitteilungen von unserer Mutter empfängt. Jetzt, wo ich hier bin, werde ich zusehen, dass ich mit ihr zusammentreffen kann. Ich weiß noch nicht, wie … Vielleicht könntest du mir dabei helfen.«
»Versuch es lieber gar nicht erst! Der Seneschall, Hugues des
Arcis, würde dich umbringen, und der Bischof dich exkommunizieren.«
»Sicher lässt sich eine Möglichkeit finden, mein guter Julián. Ich will versuchen zu erreichen, dass meine Mutter Montségur verlässt oder das zumindest meiner Schwester Teresa gestattet. Sie ist doch noch ein halbes Kind. Früher oder später wird die Festung fallen, und … nun ja, du weißt ebensogut wie ich, dass es für die Katharer kein Mitleid geben wird. Ich werde Doña María zu überzeugen versuchen, denn das bin ich meinem Vater, unserem Vater, schuldig.«
Beschämt senkte Julián den Kopf. Das Bewusstsein, ein Bastard des Herrn von Aínsa zu sein, schmerzte ihn in tiefster Seele.
»Munter, Julián. Es gefällt mir gar nicht, dich so
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