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Das Blut der Unsterblichen

Das Blut der Unsterblichen

Titel: Das Blut der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Saamer-Millman
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sein Erscheinungsbild. Er strahlte etwas Altmodisches aus.
    „Good afternoon, my dear and welcome to my house. I am Blanche Ridwell”, begrüßte die Frau sie. „We are so glad to have you here. Please, come in.“
    Leila sprach ein wenig Schulenglisch, doch unter den gegebenen Umständen war sie kaum in der Lage, etwas von dem zu verstehen, was Blanche Ridwell sagte. „Excuse me, my english is not so good“, wisperte sie.
    „Das macht nichts, wir sprechen auch deutsch“, erwiderte Blanche mit ausgeprägtem, britischem Akzent. „Meine Güte, du siehst aus, als würdest du jeden Moment umkippen“, stellte sie fest. „Ich glaube, ich werde dich jetzt erst einmal in dein Zimmer bringen, dort kannst du dich von den Strapazen der Reise erholen. Möchtest du etwas essen?“
    Leila schüttelte den Kopf. Der Gedanke an Essen verursachte ihr Übelkeit. Blanche hakte sich bei ihr ein und geleitete sie in den ersten Stock hinauf. Das mütterliche Gebaren überraschte Leila und erinnerte sie schmerzhaft an ihre eigene Mutter.
    „Kann ich meine Mutter sehen?“, fragte sie mehr aus Gewohnheit, als aus der echten Hoffnung heraus, sie wirklich treffen zu dürfen.
    „Meine Liebe, ich verspreche dir, dass ich mich dafür einsetzen werde, dass du deine Mutter wiedersiehst. Deine Eltern haben ja einen ganz schönen Wirbel veranstaltet“, Blanche seufzte. „Ach die Liebe, wie wundervoll sie doch ist. Die meisten Unsterblichen können ihr leider nicht allzu viel abgewinnen, aber ich kann mich der Dramatik einer zu Herzen gehenden Liebesgeschichte einfach nicht entziehen. Die Jahrhunderte wären doch langweilig ohne sie.“
    Das Gästezimmer war nicht wirklich das, was Leila nach der schicken Hotelsuite und den protzigen Autos erwartet hatte. Das Mobiliar war alt und abgenutzt. Die geblümte Tapete wurde von einem wuchtigen Kleiderschrank und einer Reihe goldgerahmter Schwarz-weiß Fotografien teilweise verdeckt und auf dem Tisch lag ein cremefarbenes Spitzendeckchen. Das Zimmer erweckte eher den Eindruck, als wäre sie bei einer ältlichen Tante zu Besuch. Eine Verbindungstür führte zu einem angrenzenden Badezimmer, welches, ihrer Schätzung nach, seit den siebziger Jahren nicht mehr renoviert worden war.
    Dennoch war Leila froh, überhaupt ein Badezimmer in der Nähe zu wissen, denn sie hatte das sichere Gefühl, dass sie sich bald wieder würde übergeben müssen.
    Das Doppelbett war frisch bezogen und duftete schwach nach Lavendel. Erschöpft ließ Leila sich auf das Bett gleiten. Tian betrat das Zimmer und brachte ihren Koffer. Leila bat ihn darum, ihr etwas Bequemes zum Anziehen herauszusuchen, woraufhin er in dem Koffer stöberte und schließlich einen lilafarbenen Jogginganzug hervorzog. Blanche verabschiedete sich mit den Worten, dass Leila anscheinend in guten Händen sei und versprach, später nach ihr zu sehen. Tian half ihr, sich zu entkleiden. Nachdem das geschafft war, sank sie auf das Kissen und zog die Decke über sich. Der Jogginganzug war ihr mittlerweile egal, sie wollte nur noch schlafen.
    „Danke, Tian. Wenn du nichts dagegen hast, werde ich jetzt ein wenig schlafen, okay?“
    Er zögerte und betrachtete sie besorgt. „Soll ich lieber bei dir bleiben?“
    Leila schüttelte den Kopf.
    „Na gut, dann ruh dich aus“, sagte er. „Wenn irgendetwas ist, dann ruf mich. Ich komme sofort.“
    „Und was ist, wenn ich nicht mehr in der Lage bin, zu rufen?“, fragte sie mit schwächer werdender Stimme.
    „Sei unbesorgt. Ich werde immer mit einem Ohr in diesem Zimmer sein, ich höre alles, ob du stöhnst oder fällst oder auch nur leise seufzt, ich höre es!“, versprach er.
    Nach diesen Worten verließ er das Zimmer. Leila schloss die Augen und schlief sofort ein. Zwei Stunden später wurde sie von rasenden Kopfschmerzen geweckt. Stöhnend richtete sie sich auf und presste eine Hand gegen ihre Stirn. Ihr Kopf fühlte sich an, als würde jemand von allen Seiten spitze Nadeln in ihr Gehirn rammen. Ein saurer Geschmack brannte in ihrer Kehle und verursachte ihr Übelkeit. Hastig tastete sie sich in das Badezimmer vor, froh darüber, dass sie in der Dunkelheit gut sehen konnte. Kaum hatte sie ihren Kopf über die Toilettenschüssel gebeugt, da erbrach sie sich auch schon mehrmals hintereinander so heftig, dass sie das Gefühl hatte, ihr Magen hätte sich nach außen gestülpt. Entsetzt sah sie das dunkle Blut, dass die Toilettenschüssel sprenkelte. Mit letzter Kraft schleppte sie sich zum Waschbecken und

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