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Das Blut der Unsterblichen

Das Blut der Unsterblichen

Titel: Das Blut der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Saamer-Millman
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spülte ihren Mund aus, dann sackte sie wimmernd auf die Fliesen. Sie fühlte sich so sterbenselend, dass ihr sogar die blutbespritzte Toilettenschüssel egal war. Panik überwältigte sie, als sie plötzlich keine Luft mehr bekam. Mit letzter Kraft versuchte sie aufzustehen, doch ihre Beine versagten ihr den Dienst. Hilflos rutschte sie auf den Boden zurück.
    „Hilfe“, rief sie schwach. „Tian, Hilfe …“
    Eine endlose Minute lang geschah nichts und Leila glaubte schon, dass er sie nicht gehört hatte. Nach Atem ringend lag sie auf dem Boden und starrte auf die rosafarbenen Wandfliesen. Ihr Herz raste, als wäre sie einen Marathon gerannt. Die Welt verschwamm vor ihren Augen. Schemenhaft nahm sie wahr, dass jemand durch die Tür kam. Sie hörte Stimmen, konnte aber nicht verstehen, was gesagt wurde. Jemand hob sie hoch und trug sie zum Bett. Ihr Herz flatterte plötzlich wie die Flügel eines Kolibris und geriet dann schmerzhaft ins Stocken. Das Zimmer drehte sich. Jemand beugte sich über sie.
    „Mama?“, wimmerte sie. Dann sah sie nichts mehr. Schwärze umfing sie und eine tiefe Stille. Immer schneller sackte sie in die vollkommene Finsternis hinab, entfernte sich von ihrem menschlichen Sein. Ihre Organe versagten. Ihr Herz hörte auf zu schlagen, kein Atemzug kam mehr aus ihrem Mund. Sie starb umringt von Fremden.
     
    „Wie lange dauert es noch?“, fragte Tian. Seine Stimme, so weit entfernt.
    „Es wird gleich soweit sein“, flüsterte Blanche.
    Leila wollte sich bewegen, zeigen, dass Leben in ihr steckte, doch ihre Glieder hörten nicht auf ihr Gehirn. Regungslos lag sie da. Eine lebende Tote.
    „Isn’t she much to young for the transformation?“, sagte ein Mann.
    „Nein“, sagte Uljana. „Ihr Körper ist ausgewachsen.“
    Leilas Hände und Füße begannen, zu kribbeln. Der Drang zu Atmen stahl sich in ihr Bewusstsein. Sie brauchte Luft in ihren Lungen, unbedingt. Mit einem keuchenden Atemzug öffnete sie die Augen. Ihr Oberkörper schnellte hoch. Desorientiert sah sie sich um.
    „Willkommen in der Welt der Unsterblichen“, begrüßte Blanche sie.
    Leila blickte in die Gesichter der Umstehenden. Tian, Blanche, Uljana und der Mann, der sie mit Blanche zusammen begrüßt hatte. Die Kopfschmerzen waren verflogen. Weder verspürte sie Übelkeit noch Schmerzen oder Atemnot. Bei genauerer Betrachtung fühlte sie sich, bis auf ein leichtes Ziehen in ihrem Magen, so erholt, wie nach einem erfrischenden Schlummer. Nur ihre Gliedmaßen fühlten sich taub an, doch das unangenehme Kribbeln zeigte ihr, dass auch sie zum Leben erwachten.
    „Ich habe es geschafft“, stellte sie fest. Ja, sie war sich sicher - es war vorbei. Die Verwandlung war geglückt. Sie fühlte sich stark, all ihre Sinne waren geschärft. Sie hörte, wie eine Fliege im Nachbarzimmer summte, hörte den Herzschlag der vorbeilaufenden Menschen und roch ihr Blut. Sie witterte die Katze, die im Garten hinter dem Haus hinter einer Maus herjagte.
    „Oh mein Gott, ich bin eine Unsterbliche. Ich habe es geschafft.“ Sie lachte vor Erleichterung und vor Freude über die neu gewonnene Stärke.
    Die Unsterblichen klatschten und freuten sich mit ihr, nur Uljana machte ein säuerliches Gesicht.
    „Hast du Hunger?“, fragte der ältere Unsterbliche.
    Jetzt, wo er es gesagt hatte, bemerkte Leila, wie trocken ihr Hals war und eine unbestimmte Gier erfasste sie. Hunger. Ja sie war hungrig. Der Gedanke an Blut ließ ihren Mund wässrig werden. Sie wusste, dass sie sich von nun an von Blut ernähren würde, doch könnte sie sich tatsächlich dazu überwinden, Menschenblut zu trinken?
    Tian reichte ihr den Jogginganzug und Leila bemerkte beschämt, dass sie die ganze Zeit in Unterwäsche gewesen war. Schnell streifte sie die Sachen über und folgte den Anderen nach unten in das Esszimmer. Mit einem einzigen Satz sprang sie die Treppe hinab. Unglaublich, dass ich vor wenigen Stunden kaum einen Schritt vor den anderen setzen konnte .
    „Morgen werden weitere Mitglieder des Ältestenrats in London eintreffen“, sagte Blanche. „Wir wollen mit dir über deine Zukunft und über das Schicksal deiner Mutter diskutieren.“
    Die Erwähnung ihrer Mutter machte Leila traurig. Wie gerne hätte sie diesen Moment mit ihr geteilt.
    Blanche schickte den älteren Unsterblichen, sie nannte ihn Daniel, in die Küche, um a noble drop of A-positive zu holen. Dann nahm sie fünf Kristallkelche aus der antiken Vitrine und stellte sie auf den Tisch. Daniel kam mit

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