Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
mußt du erst anfragen. Aber mit deinem Gesicht und deiner Stimme ist es am besten, du gehst gleich hin, ein Schreiben von Crazy Eagle in der Tasche. Sie werden dich vorlassen - wenn du auch vielleicht ein paar Stunden zu warten hast.«
»Dich habe ich nie besucht, Joe.«
»Das erste Mal hättest du mich nicht besuchen dürfen, und wenn alle himmlischen Heerscharen dir beigestanden hätten. Das zweite und das dritte Mal hast du erst erfahren, daß ich verhaftet war, als ich wieder freigelassen wurde.«
»Ja. Wie wenig traust du mir in Wahrheit. Aber ich werde gleich morgen zu Eliza fahren.«
Mit dem Morgengrauen startete Queenie. Sie holte sich bei Crazy Eagle die Bescheinigung, daß sie als Vormund der Kinder Wichtiges mit der Mutter zu besprechen habe, und fuhr die gewohnte Straße nach New City.
Das Gefängnis war außerhalb der Stadt gelegen. Mit körperlich fühlbarem Bangen wandte sich Queenie an die erste Wache und dann, von dieser gewiesen, an die Wache der Frauenabteilung.
»Heute kein Besuchstag. Kommen Sie das erstemal? Sie müssen eine Benachrichtigung der Verwaltung vorweisen.«
Queenie sagte nichts, ging aber auch nicht weg.
»Sie müssen erst einmal schreiben. Dann erhalten Sie eine Benachrichtigung und können auf die Besucherliste gesetzt werden.«
Queenie sagte wieder nichts, blieb aber stehen.
»Haben Sie verstanden?«
»Ja. Ich werde schreiben.«
»Woher kommen Sie denn?«
»Von der Reservation.«
»Sind Sie Indianerin?«
»Ja.«
»Wen wollen Sie besuchen?«
»Eine Indianerin. Von der Reservation.«
»Verwandte?«
»Nein. Aber ich bin der Vormund ihrer drei Kinder.«
»Wenn Sie nicht verwandt sind, müssen Sie auf alle Fälle vorher schreiben und den Besuch beantragen. Wie heißt die Frau, die Sie besuchen wollen?«
»Eliza Bighorn.«
»Warten Sie einen Moment.«
Es fanden zwei Telefongespräche statt, das zweite konnte Queenie nicht mit anhören. Dann kam Bescheid.
»Es tut mir leid, Missis - wie heißen Sie?«
»King.«
»King? King? Tut mir leid. Es hat heute sowieso keinen Zweck, denn Eliza Bighorn hat sich schlecht geführt und kann in diesem Monat keinen Besuch haben. Das nächste Mal schreiben Sie vorher und stellen den Antrag. Wenn Sie Vormund der Kinder sind, können Sie ihr überhaupt regelmäßig schreiben.«
»Danke.«
»Bitte. Also schreiben, nicht wahr?«
»Ja. Aber Eliza Bighorn kann keinen Brief schreiben. Vielleicht kann sie meinen gar nicht lesen.«
»Das wird dann vorgelesen. Also schreiben, nicht wahr?«
»Ja. Danke.«
Queenie ging zu ihrem Wagen zurück. Sie hatte vorgehabt, Joes Schwester Margret noch zu besuchen, aber sie sah davon ab. Nur heim!
Der Mann war freundlich zu ihr gewesen, dennoch schüttelte es Queenie und sie sah Mauern, die sich auf sie stürzen und sie begraben wollten.
Was mochte Eliza getan haben?
Daheim erzählte sie nichts vor den Kindern, aber des Nachts im Zelt flüsterte sie, während draußen der Wind in den Kiefern heulte.
»Joe, was soll ich nun machen? Es muß etwas geschehen. Meinst du, es genügt, wenn ich schreibe?«
»Du schreibst einen Brief an Eliza. Du hast ihr zu berichten, daß Rotadlermädchen ins Internat gehen wird. Das teilen sie ihr mit, auch wenn sie den Brief nicht lesen kann. Außerdem beantragst du die Besuchserlaubnis. Eliza wird ja nicht jeden Monat aufsässig sein.«
»Hoffentlich nicht.«
»Es sei denn, sie wird verrückt unter den Weibern dort. Sie war schon auf dem Wege dazu, sonst hätte sie sich Butchart und dem Brandy nicht vollständig ausgeliefert.«
»Joe, was für ein Elend. Daheim und auf der Schule habe ich von alledem nichts gewußt.«
»Da warst du glücklicher.«
»Ärmer!«
»Meinst du?«
»Ja.«
Am nächsten Tag fing Queenie an, den Kopf eines Kindes zu skizzieren. Sie hatte sich Rotadlermädchen als Modell gewählt, Rotadlermädchen, deren Augen immer noch todtraurig waren.
Joe schaute, seiner sonstigen Gewohnheit entgegen, einige Zeit zu. Als Queenie eine Pause machte, machte er eine Bemerkung.
»Damit bist du weit ab von Red Sleeves!«
Queenie zuckte zusammen. »Davon weißt du?«
»Sicher weiß ich nicht alles. Aber die Ansichtskarte habe ich gesehen.«
»Ja, das Geld, das ich dafür bekam, habe ich gespart und das für die >Hände< auch.« »Schon wieder >Hände«
»Deine!«
»Auch das noch! Was ist daran zu sehen? Ich werde demnächst Handschuhe anziehen.«
Queenie dachte nach. »Aber bitte nicht deine schwarzen. - Ich habe dir übrigens noch etwas zu
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