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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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und töten würde.
    Von ihrem Denken und Fühlen fiel in diesen Stunden alles Unwesentliche ab. Sie waren ein Häuflein Menschenleben, aber um sie fauchten die Boten des Sturms, der nicht denken und nicht fühlen konnte.
    Die Wettermeldungen drangen nicht mehr durch. Joe ging hinaus zu den Pferden. Bob folgte ihm. Nur ein kräftiger Mann konnte die Tür noch auf- und zumachen. Die Blockhütte zitterte. Es gab keinen auf der Ranch, der noch nicht einen Sturm erlebt hätte. Die Söhne und Töchter der Prärie waren vertraut mit dem schutzlosen Land, mit der Gewalt der heiligen Winde, mit den Augen des Donnervogels, wenn sie aufblitzten, und mit seiner grollenden Stimme. Sie hatten in der Schule gelernt, wie dies alles nach Naturgesetzen zusammenhing, aber wenn die Stürme begannen, den Menschen mit dem Tode zu bedrohen, wurde der Mythos des Grauens und der Ehrfurcht, wenn nicht im Verstand, so doch im Gefühl von neuem lebendig.
    Joe und Bob konnten sich im Freien nur mit Mühe auf den Beinen halten und nur ständig kämpfend bewegen. Die Hüte hatten sie beide im Hause gelassen. Barhäuptig nach Indianerart, die Augen zugekniffen, um sie gegen den Staub zu schützen, den Kopf eingezogen, die Schultern gebeugt, stemmten sie ihre Kraft gegen die Gewalt der Lüfte. Die Pferde im Korral hatten sich zusammengedrängt wie auf der anderen Talseite die Büffel. Die beiden Hengste, feindselig gegeneinander und in Boxen isoliert, waren unruhig. Der Schecke, immer von schwer zu bändigendem Temperament, galoppierte, stampfte, schnaubte und stieg. Sein Schweif und seine Mähne flatterten, seine glasfarbenen Augen strahlten in Wut. Er wollte hinüber zur Herde im Korral, um sie zu beschützen. Das Drahtgeflecht, das seine große Box umgab, war üblicherweise elektrisch geladen; das Tier kannte die Schläge und scheute sie. Jetzt war die Motorpumpe abgestellt, und der Strom setzte daher aus. Sobald der Schecke den ungefährlich gewordenen Zaun berührte, konnte er ihn auch einrennen, dabei selbst Schaden nehmen und ausbrechen. Joe erinnerte sich nur ungern einer ähnlichen Situation vor Jahren, als der Präriebrand jenseits der weißen Felsen gedroht hatte und den Bemühungen Joes, den Schecken in Ruhe zu halten, mit einigen Hufschlägen gedankt wurde, an die er durch die Schmerzen im Kreuz noch wochenlang erinnert worden war. Er war jetzt ärgerlich über sich selbst, daß er das Verhalten des Schecken nicht richtig vorausberechnet und das Tier nicht vorsorglich zu den Stuten und Fohlen gelassen hatte. Es blieb, um ein Unglück zu verhüten, nichts anderes übrig, als mitten im Sturm das tobende Tier zu bändigen und hinüberzuschaffen. Joe ging in die Box, Bob ging mit und blieb an der Tür im Zaun stehen, um notfalls beizuspringen.
    Der Schecke war gesattelt, was Joe jetzt eher als ein Hindernis denn als einen Vorteil betrachtete. Er wäre in der gegebenen Situation lieber auf ein ungesatteltes Pferd aufgesprungen. Aber darüber nachzudenken war müßig. Er wollte nicht zuerst nach dem Zügel greifen, sondern trachtete, schräg von hinten heranzukommen, um aus dem Stand in den Sitz zu springen. Aber der Hengst drehte und wendete sich, stieg und schlug schnell und geschmeidig, man wäre versucht gewesen zu sagen, wahrhaft bewundernswert, wenn Joe und Bob zu solchen Betrachtungen Zeit gehabt hätten. Aber Bob hatte Angst um Joe, und Joe war mit nichts beschäftigt als mit ebenso raschem Lauf und ebenso raschen Wendungen wie das wütende Tier. Mann und Pferd kämpften kreuz und quer gegen den Sturm und mit ihm, der immer heftiger wurde. Es war ein wildes, erschöpfendes Spiel. Da - eine erste kurze befristete Chance, an den Hengst heranzukommen, und Inya-he-yukan war mit einem Sprung, bei dem ihn der Wind mit trug, auf dem Pferderücken, gleich auch im Sattel. Er hatte zur selben Zeit den Zügel ergriffen; seine Füße glitten in die Steigbügel. Noch einmal stieg der Schecke. Aber der Reiter saß fest. Bob hielt die Tür offen, während ihn der Sturm fast umwarf, und Inya-he-yukan ritt den Schecken hinaus und hinüber zu dem Korral, in den er ihn hineingab. Der Hengst gesellte sich zu der Herde, für die er sich verantwortlich fühlte.
    Joe war abgekämpft und warf sich ins Gras. Bob fürchtete, daß Joe sich verletzt habe, aber das war nicht der Fall. Der junge Bursche legte sich neben ihn.
    Drohen auf der Höhe brachen Kiefern. Das Krachen zitterte den Männern durch den eigenen Körper. Bäume waren wie Menschen. Der Sturm

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