Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
gestehen, Joe.«
»Ich höre.«
»Wir sind einmal des Abends ausgerückt - aus der Kunstschule Phyllis und Victoria und ich - mit Walt und Edward und Dick -und haben bei Red Sleeves Wein getrunken.«
»In der Schmugglerspelunke? Nett! Du gehörst ja auch ins Gefängnis. Wie hat dir der Wein geschmeckt?«
»Er war schwer; ich bin vorsichtig geblieben. Red Sleeves hat von dir gesprochen. Er nannte dich Senor und sogar Caballero King, einen Gentleman. Schon darum blieb ich nüchtern.«
»Wird ja immer netter. Ich bin damals auch nüchtern geblieben, weil ich fahren mußte - und wie! Aber nun - soll Rotadlermädchen eine Ansichtskarte werden?«
»Nein, das wird sie nicht.«
»Warum nicht? Kinderköpfe sind gefragt. Pausbäckige, lächelnde Indianerkinder. Niedliche Gesichter.«
»Rotadlermädchen ist aber nicht niedlich.«
»Du kannst sie dazu machen.«
»Traust du mir das zu, Joe?«
»Kunstschülern traue ich alles zu.«
»Vielleicht hast du recht. Ich habe Clark einmal gesagt, daß ich das All verschenken könnte für ein Kinderlachen - so etwa, aber viel geschwollener natürlich.«
»Das Lachen findest du bei Rotadlermädchen nicht. Dafür mußt du unsere Zwillinge als Modell nehmen und sie dann gegen die Sterne tauschen. Fragt sich nur, ob du einen Partner für dieses Geschäft findest.«
»Ich muß Rotadlermädchen malen.«
»Warum?«
»Weil sie von unserem Stamm ist.« »Wieso?«
»Weil sie es schwer hat.«
»Jetzt redest du mir auch schon alles nach. Es genügt, wenn das die Kinder tun.«
»Es genügt nicht, Joe.«
»Warum nicht?«
»Weil du recht hast.«
»Das gibt es.«
»Hau. Das gibt es.«
In der folgenden Nacht lag Queenie still an Joes warmem Körper. Der Wind brauste, das Zelt zitterte. In den Kiefern oben auf der Höhe rauschte und pfiff es laut.
»Es ist noch nicht soweit, Queenie. Aber morgen oder übermorgen werden wir Sturm haben.«
Sobald es in der Frühe dämmerte und die Arbeit auf den Ranches begann, hatte Joe auch schon sein kleines japanisches Radio angestellt und verfolgte die Wettermeldungen. Ein Wirbelsturm ging durch das Land, und es war zu fürchten, daß er seinen Weg auch durch die Reservation nehmen würde. Eine Anzahl von Straßen, die durch das nahe Waldgebirge führten, waren infolge Sturmwarnung schon gesperrt. Hoch am Himmel zogen sich die Wolken zerfetzt, in langen Streifen aneinander, und die Atmosphäre war diesig, mehr gelb als blau. Die Pferde wurden unruhig. Joe und Queenie, Mary, Bob, die Kinder und die drei Schüler fütterten Schweine und Stachelschweine, Kaninchen und Hühner, Joe gab den Pferden eine Ration Hafer extra. Es war besser, das Futter zu verbrauchen, als es vielleicht in alle Winde verstreuen zu lassen.
Queenie vergrub einige Büchsenvorräte, einige wichtige Papiere und Wertsachen, auch den Kasten mit Munition. Den Wagen fuhr sie auf die Straße hinunter und parkte ihn dort. Die Pferde wurden gesattelt. Joe stellte die Motorpumpe ab. Untschida nahm das Ofenrohr im Hause herunter. Jeder erfuhr, was er im Notfall zu tun hatte. Der Himmel färbte sich immer ungewöhnlicher und unheimlicher. Der Wind ging in Stößen. Staub wirbelte durch das Tal. Auf der Höhe ächzten die Kiefern. Der Schecke stampfte in seiner Box. Die Büffel jenseits der Straße hatten sich zusammengefunden. Eng aneinandergedrängt, erwarteten sie die Gefahr. Die Vögel verbargen sich. Joe und Queenie hatten das Zelt abgeschlagen und alles Zubehör bis auf die langen Stangen in die Blockhütte gebracht. Die Hütte stand in einer geschützten Mulde des Hanges, und die festgefügten Balken hatten bis jetzt noch jedem Sturm getrotzt. Doch wenn der Kern des Wirbels durch das Tal ginge, konnte ihm nichts widerstehen. Wie die Büffel, so fanden sich die Menschen zusammen, als die Gefahr näher rückte. Auch Mary kam herüber zu den andern. Joe horchte auf die Meldungen. Er hatte sein Radio leise gestellt, damit die Kinder und Schüler nicht beunruhigt wurden. Der Wirbelsturm ging durch das Land. Wo er gewesen war, blieben entwurzelte Bäume, abgedeckte oder ganz zerstörte Häuser, fortgeschleuderte Wagen, verirrtes und getötetes Vieh, tote und verletzte Menschen zurück.
Der Wirbelsturm näherte sich den Hügeln und Tälern der Reservation. Die kleine Menschengemeinschaft, die auf dem Gelände der King-Ranch zusammenhielt, hatte nach allen Vorbereitungen nichts mehr zu tun als zu warten, ob die verderbliche Macht des Sturms sie packen und vielleicht auseinanderreißen
Weitere Kostenlose Bücher