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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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nicht entscheiden, Vater Inya-he-yukan?«
    »Weil ich nicht dein Vater bin und auch nicht dein Vormund.«
    »Aber du bist mein Wahlvater.«
    »Für dich und für mich. Nicht für die Geister.«
    »Warum bist du es nicht für die Geister, Inya-he-yukan?«
    »Weil mir die Geister nicht trauen.«
    »Wem trauen sie?«
    »Deiner Wahlmutter Tashina.«
    »Du mußt ihr sagen, Vater Inya-he-yukan, daß ich ganz und gar bei euch bleiben möchte.«
    »Das weiß sie schon.«
    »Was sagt sie?«
    »Es wäre ihr recht. Aber auch sie kann es nicht entscheiden.« »Warum nicht?«
    »Weil wir einen Großen Vater in Washington und einen Vater auf der Reservation haben und viele mittelstarke Geister, die ihnen dienen. Die Geister entscheiden es.«
    »Miss Bilkins?«
    »Ja.«
    »Dann bin ich verloren. Ich werde fliehen, Vater Inya-he-yukan.«
    »Tu das nicht, Hanska. Ich bin auch einmal geflohen. Wer allein flieht, gerät unter die ärgsten der Geister. Oder er wird wieder zurückgebracht. Dann kommst du von neuem in das Internat und darfst nicht einmal in den Ferien nach Hause.«
    »Dann will ich nicht allein fliehen. Wir gehen zusammen.«
    »Du und ich? Du bist ein Kind, Hanska, aber du gleichst mir schon. Weil du in Gefahr bist, als ob du in einer Schlucht säßest, aus der du dir nicht mehr heraushelfen kannst, und weil du mein Sohn bist, den ich lieb habe und dem ich vertraue, werde ich dir nun sagen, was ich keinem anderen sage, und du wirst es in deiner Brust verschließen, als hättest du es nie gehört: Ich will mich selbst nicht aufgeben, verstehst du? Aber mein eigener Spottvogel sitzt mir auf der Schulter und singt, lacht, krächzt und kreischt mir ins Ohr. Was tue ich hier auf der Reservation, ewig unmündig! Vater Hawley hat mich am Gängelband, Mama Carson begutachtet meine Schritte, Miss Bilkins will mir meinen Sohn Hanska wegführen. Ed Crazy Eagle macht Tashina zum Vormund der Kinder, die ich mir geholt habe, und ich spiele unterdessen Komödie mit Esmeralda. Ich war einmal frei, wenn auch im Dschungel. Es lacht böse in mir, denn ich lebe im Reservationsinternat - nicht als Kind, sondern als Mann! Verstehst du? Aber ich bleibe. Ich gebe nicht auf.«
    »Und was soll ich tun, Vater Inya-he-yukan? Ganz allein?«
    »Die Zähne zusammenbeißen. Ich bin auch ein guter Reiter geworden, obwohl ich nicht immer ein Pferd hatte. Manchmal verkaufte mein Vater alle Pferde, um zu trinken. Manchmal durfte ich dann auf den Pferden von Isaac Booth reiten, aber als ich größer wurde, schlug ich mich mit Harold, und es war aus damit. Manches Jahr saß ich im Gefängnis und hatte gar kein Training. Trotzdem habe ich mir eines Tages zwei erste Preise geholt. Leichter hättest du es, wenn du bei uns bleiben könntest. Aber wann hat es ein Mensch aus unserem Stamm je leicht gehabt! Weil du es schwer hast, gehörst du zu uns. Zu mir.«
    »Hau. Das ist wahr. Du bist mein Wahlvater, Inya-he-yukan, die Geister mögen sagen, was sie wollen. Ich werde ihr Feind. Ich verachte sie alle.«
    »Nicht alle, Hanska. Es gibt auch gute Geister.«
    »Kennst du solche?«
    »Ja.«
    »Und es gibt auch schlechte Menschen.« »Kennst du solche?«
    »Ja.«
    »Das ist schwierig.«
    »Ja.«
    Spät am Abend ritten die beiden heim.
    Des Nachts in dem Zelt, in dem die Luft nach glühendem Holz und nach dem Wind der weiten Prärie duftete, umarmte Inya-he-yukan Tashina mit einer Kraft und Heftigkeit, als ob er sie in sich verschlingen wollte. Sie erschrak, gab sich der Wonne und dem Grauen hin und war des Morgens erschöpfter, als sie sich je erinnern konnte. Ihr Mann hatte das Zelt schon vor Sonnenaufgang verlassen.
    Bis zum Mittag, Nachmittag, Abend des neuen Tages wurden Wakiya-knaskiya und Rotadlermädchen rings um die King-Ranch, Booth-Ranch und Schulranch nirgends gesehen. Zunächst waren die Frauen nicht besorgt, denn die Kinder pflegten immer ohne Aufsicht zu spielen. Beim Mittagessen wunderte sich Untschida. Doch waren Wakiya und seine Geschwister schon mehr als einmal bei Mary Booth zu Gast gewesen. Abends wurden Queenie und Untschida unruhig. Queenie begann zu fragen.
    »Hanska, wo sind Bruder und Schwester?«
    »Sie sind zu Miss Bilkins gegangen.«
    Meine Mündel werden selbständig, dachte Queenie. Sie machte den Wagen fertig und fuhr in die Agentursiedlung.
    Es dauerte nicht lange, bis sie bei Miss Bilkins vorgelassen wurde. Queenie glaubte, von einem kalten Windstoß angeweht zu werden, als das blonde Fräulein sie ansprach.
    »Oh, Missis King! Ja, die

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