Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
heulte, fauchte und pfiff, Tanzlied und Totenlied. Es krachte wieder in der Nähe. Das Dach der Blockhütte war abgedeckt worden, die Bretter wirbelten weg und schlugen da und dort auf den Boden auf. Joe und Bob krochen zu der Hütte, um Frauen und Kinder nicht länger allein zu lassen. Aber sie gelangten nicht mehr in den Innenraum. Es war unmöglich, die Tür noch zu öffnen. So lagen sie an der Schwelle, und keiner wußte vom andern.
Mit kreischend-berstendem Getöse zerstörten Blitze, was sie getroffen hatten, und es donnerte, die Ohren betäubend. Der Sturm ließ im Gewitter um ein geringes nach, so daß Joe mit äußerster Anstrengung die Blockhaustür aufreißen und mit Bob zusammen wieder in das Haus gelangen konnte. Frauen, Mädchen, Jungen und Kinder hockten auf dem Boden und auf den Bettgestellen. Untschida hielt die Hand vor den Mund und betete. Queenie hatte die Zwillinge in den Armen. Wakiya-knaskiya und Hanska hüteten ihre Schwester, die wie tot zwischen den Brüdern auf einer Decke am Boden lag. Bei jedem Krachen des Blitzes, dem Bersten der Bäume, dem Aufheulen der Böen ging ein Zittern durch ihren Körper wie durch eine zu hart gespielte Saite; aber das Zittern wurde von Mal zu Mal schwächer. Bob drängte sich zu Melitta. Sie verkroch sich an seiner Schulter, und er war glücklich, weil sie von ihm beschützt sein wollte. Der Gewitterregen setzte ein, klatschte und prasselte in den abgedeckten Raum. Alle atmeten auf, obgleich sie in kurzem völlig durchnäßt waren. Aber sie wußten, daß sie jetzt den Wirbelkern nicht mehr zu fürchten brauchten. Die größte Gefahr mußte einen anderen Weg genommen haben.
Als das Gewitter sich entladen hatte und der Wassersturz vom Himmel einem sanfteren Regen wich, richteten sich die Menschen in der Hütte wieder auf. Joe zog die nasse Jacke und das nasse Hemd aus, da sie ihm nur hinderlich waren, und verschmiert von Staub und Regenwasser, machte er sich auf den Weg, um nach den Tieren zu sehen. Das Kornfeld und die Gemüsebeete waren völlig zusammengeschlagen, darauf brauchte er keinen weiteren Blick zu verwenden. Von den Kartoffeln war mehr übriggeblieben. Die Pferde hatten keinen Schaden genommen; drüben auf der anderen Seite des Tals löste sich der Knäuel Büffel wieder in einzelne Tiere auf. Der Stachelschweinestall lag umgedreht; Bob und Melitta, die herbeiliefen, beschäftigten sich damit, die Tiere wieder einzufangen. Ein schüchternes Lächeln erschien dabei auf ihren Gesichtern. Der Schweinestall war nur abgedeckt. Das Haus von Mary Booth stand schief; es ließ sich noch nicht genau sagen, was damit geschehen war. Joe sprang den Hang hinauf, um von oben Ausschau zu halten. Bob und die beiden Schüler Robert und Percival folgten ihm. Als sie nachkamen, reichte Joe Bob das Glas.
»Ein Dorf brennt!«
Schweigend sah einer nach dem andern in die gewiesene Richtung. »Wir helfen. Zwei von euch nehme ich mit - Bob und dich, Robert.«
Robert war ein groß gewachsener, kräftiger Bursche von zwanzig Jahren. Die drei jagten den Hang hinunter zum Wagen. Der Sturm hatte ihn um ein Stück versetzt. Joe ließ an und horchte. Der Motor lief.
Während Joe sich so mit Bob und Robert zur Hilfeleistung für das ferne Dorf aufmachte, waren Untschida und Queenie in der Hütte um Rotadlermädchen bemüht. Sie hatten das Kind auf Decken auf eines der Bettgestelle gelegt. Da lag es still mit offenen Augen, ohne sich zu rühren. Untschida strich ihm über das Haar und brachte ihre Wange dicht an das Antlitz des Mädchens, um den Atem zu spüren. Sie fühlte nur noch einen schwachen Hauch.
Queenie hatte die Kinderhand in der ihren. Als diese Hand kühl und kalt wurde und als Untschida sich aufrichtete und mit ihren welken, sanften Fingern die Lider über die erstarrten Augen drückte, fühlte Tashina den Todesschrecken.
»Es kann doch nicht sein...«
Sie sah sich suchend um. Wärme! Doch es gab kein Feuer im Ofen und keine Elektrizität in der Platte. Was auch im Hause sein mochte, war naß. Auf dem Boden schwamm das Wasser. Herzstärkung! Untschidas Heilkräuter waren nicht verdorben, doch öffneten sich die Kinderlippen nicht mehr. Arzt! Aber der Wagen war fort, und ein Ritt zum Hospital dauerte Stunden.
Tashina schaute in die Augen der beiden Buben, angstgeweitete Augen.
»Hanska - nimm dir ein Pferd und reite zum Hospital. Galoppiere - „
Der Junge huschte hinaus.
Untschida legte Tashina die Hand auf die Schulter. »Rotadlermädchen ist schlafen
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