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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Republik lebt länger als jede ihrer Regierungen. Denn die Republik, das sind wir alle mit unseren Kindern und Kindeskindern.«
    »Auch wir Indianer?«
    »Auch wir.«
    »So müssen wir um Freiheit und Gerechtigkeit kämpfen.«
    »Ja.«
    »Ist es gerecht, daß Hanska uns verlassen und wieder in dem wunderschönen Schulgefängnis lernen soll, wo es ihm das Herz abdrücken wird, jetzt, da er wieder ganz allein hingehen muß und nicht für seine Schwester Rotadlermädchen dort zu sorgen hat?«
    »Es ist nicht gerecht.«
    »Kämpfst du um Hanskas Recht, Inya-he-yukan?« »Ich habe diesen Kampf verloren.«
    »Wir müssen einen neuen Kopf finden, der Schlangenkopf ist nicht genug dafür. Es muß ein Bärenkopf zu Hilfe kommen. Ein Kopf wie der unserer großen Ahnmutter. Eine Bärin verteidigt ihre Kinder.«
    »Du bist ein Kind, Wakiya-knaskiya, und du redest wie ein Kind. Deine Worte sind Tau am Morgen. Sie erquicken auch mich, aber die Mittagssonne läßt den Tau schwinden, und es wird wieder heiß und trocken um uns.«
    Inya-he-yukan stand auf und ging hinunter zu dem Grabe seines Ahnen. Dort stand er lange und schaute hinüber zu den weißen Felsen, dem Grabmal Tashunka-witkos. Das war der Mann, der Schlachten gewonnen und Tausende von Kriegern geführt hatte. Aber Inya-he-yukan der Jüngere konnte nicht einmal ein Kind für sich retten. Er schämte sich vor sich selbst. Als er achtzehn gewesen war, hatte er seinen Haß in Messer und Kugel umgesetzt. Und jetzt? Schlaff geworden?
    Hanska hatte dunkle Augen und einen trotzigen Mund. Des Nachts, wenn er glaubte, daß es niemand hören könne, weinte er bitterlich. Aber mit jedem Sonnenaufgang saß er auf einem Pferd, und es leuchteten stets schon die Sterne, wenn er sich zu Untschida und Wakiya wieder in die Hütte heim schlich. Er war so rast- und ruhelos wie sein Wahlvater.
    Wakiya-knaskiya war es ebenso wie Tashina angst um die beiden, um Inya-he-yukan und um Hanska, und er hatte Angst um sich selbst, denn seit dem Tode Rotadlermädchens begann ihn seine Krankheit wieder anzublasen. Er sagte ihr den Kampf an und dachte Tag und Nacht über einen Plan nach, mit dem er Inya-he-yukan dafür als Helfer gewinnen wollte.
    In eben dieser Spanne Zeit, in der Wakiya in die eigenen Gedanken wie in ein tiefes Wasser versank, Joe aber halb abwesend, in Arbeitswut verstrickt, seine Tätigkeit als Rauschmittel betrachtete und auch Queenie wenig beachtete, nahm diese sich selbst eine schwere Aufgabe vor. Sie erkundete bei Crazy Eagle, daß Eliza Bighorn in eine psychiatrische Klinik überführt worden war. Mit der Begründung, daß die Wurzeln ihrer geistigen Erkrankung weit zurückreichen müßten und ihre Zurechnungsfähigkeit neu zu überprüfen sei, hatte Elgin den Ansatzpunkt gefunden, sein hartes Urteil in irgendeiner Weise revidieren zu lassen, und er hatte in diesem Zusammenhang den Fall an das Stammesgericht zurückgegeben. Crazy Eagle wartete auf ein weiteres psychiatrisches Gutachten. Er hielt es aber durchaus für möglich, daß Queenie die Erlaubnis erhalten würde, Eliza zu besuchen. Es war allerdings eine Tagesreise bis zu jener Stadt, bei der sich die Klinik befand. Ed fragte telefonisch an. Eine begrenzte Sprecherlaubnis wurde zugesagt.
    Queenie gab daheim Bescheid und machte sich mit dem Wagen auf den Weg. Des Abends kam sie in einem einfachen Hotel unter. Es war ungewohnt und zugleich nervenberuhigend für sie, in einem Zimmer allein zu schlafen und eine Dusche für sich allein zu haben. Sie nutzte die Stille und die Ruhe, um an Eliza zu denken und sich in sie hineinzuversetzen, soweit sie das vermochte; Wakiya hatte ihr hin und wieder von der Mutter erzählt, von ihrem Kummer, ihrer Liebe, ihrer Sorge, ihrer mürrisch gewordenen Schweigsamkeit, und Queenie kannte das tragische Ende dieses Mutterseins in Fabrik, Brandy, Terror, Wutanfall und Gefängnis. Als Schwerstes stand Queenie bevor, der Mutter den Tod Rotadlermädchens mitzuteilen.
    Des Morgens war Queenie früh wach. Sie aß wenig von ihrem Proviant und trank kalten NES-Kaffee. Die Uhr rückte vor. Queenie drückte ihre Erregung und ihre Furcht hinunter. Einer Kranken gegenüber mußte sie ruhig erscheinen, was immer sie ihr zu sagen hatte. Um zehn Uhr wurde sie vorgelassen.
    »Zehn Minuten«, sagte eine alte Wärterin.
    Queenie fand sich Eliza gegenüber. Die beiden Frauen saßen auf gepolsterten Möbeln in einem Raum mit einer gepolsterten Tür, in der sich ein Guckloch befand. Die Gitter des Fensters waren

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