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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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und arbeiten, um zu leben - nicht umgekehrt.«
    »Darüber sollte man sich einigen können. Unsere weiße Haut stört Sie nicht?«
    »Wir haben sie nicht gesehen. Wir haben sie Geister genannt.«
    »Geister? Interessant. - Sie sind Vormund der Kinder Bighorn?«
    »Ja.«
    »Hüten Sie diese Kinder vor psychischen Belastungen!«
    »So gut ich vermag. Der jüngere Sohn soll in ein Internat gepreßt werden.«
    »Unsinn. Familienheim ist das einzig Mögliche.«
    »Doctor - könnten Sie mir ein Attest für den Jungen in diesem Sinne geben?«
    »Ich?! Aber nein. Dafür bin ich überhaupt nicht zuständig. Ich habe Ihnen lediglich einen persönlichen Rat gegeben. Sie werden diese Sache selbst regeln. Sie sind eine gute Kindermutter, das sehe ich Ihnen an. Und Ihr Mann?«
    »Liebt die Kinder mehr als seine eigenen.«
    »Sie sind eifersüchtig darauf?«
    »Ich sollte mich schämen.«
    »Trinkt Ihr Mann?«
    »Er ist Nichttrinker.«
    »Dann verzeihen Sie ihm alles andere. Kann man nichts gegen den Alkohol auf der Reservation tun?«
    »So viel und so wenig, wie man im ganzen Lande tun konnte. Die weißen Männer brauen Getränke, mit denen sie sich selbst ruinieren und uns um den Verstand bringen.«
    »Nicht falsch gesagt.«
    »Doctor, fühlt Eliza das, was sie redet?«
    »Mit Qualen.«
    Queenie verstummte.
    Der Arzt ging weiter.
    Queenie machte sich auf den Heimweg.
    Was war der Mensch, der so völlig zerstört werden konnte? Die Fratze des Chaos hatte sie angesehen. Chemie? Queenie sehnte sich nach ihrem Mann und nach den Kindern. Sie floh zurück in das Tal der weißen Felsen.
    Des Abends, als sie mit Joe im Zelt allein war, berichtete sie.
    Joe war erstaunt.
    »Sie haben dich mit ihr allein gelassen? Diese Leute scheinen menschlicher zu sein, als ich sie je erlebt habe. Das macht wohl der Arzt. Und nun?«
    »Was können wir tun, damit Hanska nicht in das Internat gebracht wird? Mich quält die Angst um ihn.«
    »Er braucht einen weißen Vater. Dann hat die Verwaltung keine Macht mehr über das Kind.«
    »Weißen Vater?«
    »Sieh dich mal bei Krause um. Er hat seinen einzigen Sohn verloren. Er braucht einen Menschen um sich.«
    »Joe!«
    »Nur ein Gedanke. Du bist der Vormund. - Was hast du den Kindern erzählt?«
    »Daß ihre Mutter nicht mehr im Gefängnis, sondern im Krankenhaus sei.«
    »Wollen sie sie besuchen?«
    »Nein. Wakiya weiß, daß seine Mutter ihn nie im Krankenhaus besucht hat. Deshalb ist es ihm natürlich, daß er und Hanska nun auch die Mutter nicht besuchen werden. Ich habe Wakiya aber gesagt, daß man nur mit einem starken Willen über seine eigene Krankheit Herr werden könne.«
    Als Queenie das Joe mitteilte, wußte sie noch nicht, welchen Widerhall ihre Worte bei Wakiya-knaskiya gefunden hatte. Er sagte zur Stunde seinem bösen Geist den Kampf an und schmiedete Pläne, um wieder frei zu werden. Als er bei Sonnenaufgang Inya-he-yukan am Grabe des alten Häuptlings stehen sah, nahm er Hanska an der Hand und ging mit ihm zusammen zu seinem Wahlvater.
    »Inya-he-yukan!«
    »Wakiya?«
    »Darf ich zu dir sprechen?« »Tue es.«
    Trotz der Erlaubnis begann Wakiya nicht sogleich. Er atmete tief die Luft des Morgens, die noch nicht von Hitze schwirrte, sondern die wundertuende Kühle der Nacht ausschwang, und er dachte an die Worte, die sein Wahlvater am Ende des letzten Gesprächs zu ihm gesagt hatte. Auch die dörrende Hitze war nicht allmächtig. Sie konnte kommen, aber sie mußte auch wieder gehen.
    »Die Luft ist sanft und feucht vom Tau, Inya-he-yukan. Meine Gedanken spielen, luftig und lustig.«
    »Laß mich mitspielen, Wakiya.«
    »Die Ferien sind noch lang, Inya-he-yukan. Bevor die Schuldürre wiederkommt, könnten wir noch etwas Großes unternehmen. Wenn wir etwas Großes tun, werden wir stärker.«
    »Wohin denkst du, Wakiya-knaskiya?«
    »Weit fort, zu den Adlern und den Elchen denke ich. Siehst du die Federn am Grab deines Ahnen, Inya-he-yukan? Sie sind vom Sturm nun ganz und gar zerzaust.«
    »Und was sagte ich dir einmal, Wakiya?«
    »Du wolltest nicht die Schande dulden, daß der Grabschmuck deines Ahnen aussieht, als ob die Geier ihn zerhackt hätten. Du wolltest zu deinen Vettern nach Canada fahren und einen Adler schießen. Nächsten Sommer. Kann es nicht auch schon dieser sein?«
    »Es kann schon dieser sein. Wir fahren morgen. Halte dich bereit mit Hanska zusammen.«
    Wakiya erschrak. Zu plötzlich kam die Erfüllung seines großen Wunsches über ihn. Inya-he-yukan hatte hastig gesprochen,

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