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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Rotadlermädchen ist zugrunde gegangen. Hanska wird im Internat sicher sein vor dem Sturm und vor der Mutter. Miss Bilkins will ihn dortbehalten. Sie meint, er müsse erziehbar werden.«
    Joe erwiderte kein Wort. Er grüßte auch nicht. Er wandte sich um und ging. Mary atmete tief. Sie hatte Schmerzen und wußte nicht, wovon.
    Man trennte sich.
    Zwei Tage später wurde Rotadlermädchen zur letzten Ruhe gebracht. Das Grab des Kindes lag neben dem des alten Häuptlings Inya-he-yukan. Die Blumen der Prärie blühten darauf. Hand in Hand saßen Wakiya und Hanska bei den beiden Gräbern.
    Jeden folgenden Tag waren Inya-he-yukan und Tashina im Zelte wach, noch ehe die Sonne aufging. Joe hatte seiner Frau nichts von seinem Wunsch und nichts von seinem Mißerfolg erzählt. Aber sie wußte davon durch Mary, und er sah ihr an, daß sie ebensoviel Schmerz trug wie er, ohne davon zu sprechen. Mehr als einmal schaute er in diesen Tagen prüfend nach ihr, aber nie mehr aus Mißtrauen, sondern weil Tashina wiederum neu und anders erschien. Sie war um ein Menschenleben älter geworden, stiller und offener trotz ihres Schweigens. Ihre Hände hielten nicht mehr fest. Sie gaben her und empfingen.
    Eine so einfache Sache wie Geld gaben sie her, und Bobs Mutter würde auf die Schulranch ziehen und in dem hellblauen Haus, das heil geblieben war und versetzt werden konnte, den Schülern und Schülerinnen eine Mutter sein. Eine so schlichte Sache wie die eigenen Fähigkeiten gaben sie her; bei Untschida, die die alte Kunst des Stickens noch kannte, lernte Queenie eifrig.
    Bald würde sie selbst Lehrmeisterin der jungen Schüler werden, und Mary konnte die Verbindungen herstellen, damit die kleinen Kunstwerke verkauft werden konnten.
    Eine schwere Sache wie ein Bild gab Queenie her, während ihr die Tränen auf die Hände fielen. Rotadlermädchens Augen würden Umschau halten - zur Schau gestellt und dennoch in sich verborgen, in der großen Stadt, die weit fort am anderen Ende des Landes lag und in der die Geister vielleicht noch nie einen Menschen gesehen hatten.
    Sie gaben auch Inya-he-yukan her, wenn er hart und barsch sich selbst quälte und von früh bis spät das andere tat, nicht das, was ihm noch am Herzen lag, sondern das, was er bis dahin geliebt hatte, was ihm nun aber gleichgültig geworden war. Er sorgte sich mehr um die Schüler als je und lernte mit ihnen zusammen auch aus Büchern. Er war bei den Pferden und bei den Büffeln, bei den Schweinen und bei den Bienen. Er ging zum Stammesrat und schüttete seine Erfahrungen aus. Er betrieb die Vorbereitung für das erste Rodeo auf stammeseigenem Land, er organisierte die Wasserballmannschaft und hörte sich die Sorgen der Fußball-Elf an. Er war ratlos geworden und erfolgreich. Aber er ging dabei zugrunde, und während Tashina beide Hände öffnete, drückte die Klammer der Angst ihr das Herz zusammen, denn Inya-he-yukan ohne Liebe, das mußte eines Tages Joe King werden, wie er es einst gewesen war.
    Wakiya-knaskiya ging eines Abends zu seinem Wahlvater, als er ihn oben auf der Höhe sitzen sah, wo die Kiefern gebrochen waren.
    Inya-he-yukan stand nicht auf und ging nicht weg, als Wakiya zu ihm kam, wie er es in den letzten Wochen gegenüber manchen, die ihn suchten, getan hatte. Er wartete, und Wakiya setzte sich zu ihm ins Gras.
    »Ich habe eine Frage.«
    »Sprich.«
    »Als ich noch klein war, habe ich es geplappert - als ich größer wurde, habe ich es gelernt - und nun beginne ich, darüber nachzudenken. Höre: >Liberty and justice for all.< Hast du gehört? Die Geister schicken ihre Kinder in die Schule, wie sie es für recht halten, wir aber werden hierhin und dahin geschickt wie Gefangene, und unsere Eltern haben nicht das gleiche Recht. Warum?«
    »Wir sind Indianer, Wakiya-knaskiya. Wir sind besiegt. Wir waren nach der Meinung der Geister Wilde. Wir sind Unmündige geworden.«
    »Mein Wahlvater Inya-he-yukan, du sagst nur die Worte der Geister. Ich kenne sie, aber sie sind unrecht. Wir sind Menschen. Wir wollen frei sein.«
    »Hau. Aber dahin ist noch ein langer Weg, Wakiya. Ich habe angefangen, ihn zu gehen. Wenn ich müde werde, gehe du ihn weiter.«
    »Hau. Ich werde ein Anwalt unseres Rechts. Es heißt aber im Treuegelöbnis zu unserer Flagge: >. I pledge allegiance to the republic for which it stands.< Uns Kindern aber erklären die Lehrer: >I promise to be true to the government for which it stands.< Ist die Regierung unsere Republik?«
    »Nein, Wakiya. Unsere

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