Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
Wasser und den ganz aufgeweichten Schlamm schieben konnten. Joe spürte eine Stütze unter sich, doch wollte es ihm zur gleichen Zeit wiederum die Wirbelsäule brechen, denn seine Beine steckten in den Schlickmassen fest. Es wurde ihm schwarz vor den Augen. Er beschloß aber, das Rückgrat zu brechen und auf der Stelle tot zu sein oder sich zu befreien. So machte er die letzte große Anstrengung, und es rührte sich etwas an seinen Beinen bis hinunter zu seinen Füßen, weil sich Wasser und Sumpferde anders mischten, und er fühlte einen kleinen, einen sehr kleinen Fortschritt. Es war gut, daß sein Körper nackt war. Kleider, hohe Stiefel hätten jeden Versuch der Befreiung von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Drei Stunden dauerte die Qual und der Kampf. Wenn es je wahr sein konnte, was die Geister von der Hölle erzählten, so war diese Hölle in der beginnenden Nacht auf die Erde gekommen. Mit Hoffnung und Verzweiflung, mit ein wenig Befreiung und neuem Einsinken in den erstickenden Sumpf, mit Weichen und Hochquellen, mit Kraftansatz und Versagen, mit Entschluß und Aufgeben und mit immer verbrauchteren Kräften, aber immer gleichbleibender Sauggewalt des Sumpfes kämpften Mann und Moor miteinander. Endlich lag der völlig Erschöpfte auf dem Geflecht und der Decke, Arme und Beine ausgestreckt, nur noch halb bei Sinnen. Er konnte nicht mehr begreifen, was es hieß, daß Wakiya und Hanska ihm alle vier Geflechte gaben und sich selbst mit den starken Zweigen begnügten.
Er blieb ausgestreckt liegen. Für einige Minuten verlor er das Bewußtsein ganz. Als seine Nerven und sein Gehirn wieder zu arbeiten begannen, erkannte er, daß es tiefe Nacht war. Er versuchte, seine Glieder und den Hals zu rühren, und es gelang ihm unter vielen Schmerzen und Anstrengungen. Zentimeter um Zentimeter schob er sich über das Moor zurück zu der schmalen Grasnarbe. Er atmete röchelnd. Neben ihm schoben sich Wakiya und Hanska her.
Der Adler und mit ihm das Lasso waren versunken.
Eine Strecke von einigen Schritten schien kein Ende zu nehmen. Die Sterne und der Mond deuteten auf die Mitte der Nacht, als Joe und die Kinder bei der Brücke der dünnen Baumstämme anlangten. Joe richtete sich mit Hilfe der beiden Buben ganz auf, aber er mußte alle seine Nerven abschalten, um nicht zu schreien. Mit kleinen, unsicheren Schritten ging er über die Baumbrücke; die Kinder gingen vor ihm her, und jedes der beiden trug zwei der Geflechte, Joe selbst die Decke, um eine Hilfe zu haben, wenn einer ausglitt.
Doch geschah kein weiteres Unglück. Joe und die Buben langten bei dem Latschenstrauch an, wo sie ausruhen konnten, und endlich kamen alle wieder an den Rand des Moores, auf feste Erde. Die Kinder taumelten, legten sich hin und schliefen vor Erschöpfung sofort ein.
Joe ging langsam, Schritt für Schritt hinunter bis zum Beginn des Waldes, und lehnte sich an einen Baum, um den Rest der Nacht stehend zu verbringen. Die stechenden und bohrenden Schmerzen waren leichter zu ertragen, wenn er stand, und er nahm an, daß auch die Verletzungen und Verrenkungen, die er erlitten hatte, sich in dieser Haltung am wenigsten verschlechterten. Sein Jagdgewehr hatte er mitgenommen. Mit dem Morgengrauen kamen Hanska und Wakiya zu ihm. Joes Gesicht war blutleer, seine Wangen waren eingefallen, die Augen lagen tief in den Höhlen. Die Kinder schauten forschend auf ihn. Wakiya und Hanska waren am ganzen Körper von Morast beklebt wie Joe. Die trocknenden Krusten sprangen nun auf und allmählich von der Haut ab.
»Kommt, wir gehen zurück.«
Joe stützte sich mit einer Hand auf Wakiyas Schulter.
Der Weg streckte sich unter den Füßen, die nur langsam kleine Schritte machen konnten. Die Buben waren hungrig. Joe spürte den Hunger nicht; er spürte nur die Schmerzen im Rücken.
Bis zu dem Uferplatz bei den Kaskaden wurde es schon wieder Abend. Wakiya fing zwei Forellen, die Joe den Kindern ließ.
Wakiya und Hanska machten Feuer, rösteten die Forellen, aßen, und dann badeten sie. Joe sah zu. In der Nähe des Rastplatzes entdeckte er eine frische Elchspur. Er wies die Buben darauf hin und wäre der Fährte gern gefolgt, aber ein lahmer Mann konnte keinen Elch jagen. Die drei blieben die Nacht am Platz.
Tief und fest schlummerten die Kinder. Joe stand wieder an einen Baum gelehnt. Zeitweise schlief er ein. In den wachen Stunden dachte er an Inya-he-yukan den Alten, mit dem er hier gebadet und gelacht hatte und mit dem zusammen er dann den Hang
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