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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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mit schlenkernden Armen und Beinen. Die Geschwister spielten für sich, und Wakiya lag auf den Decken in der Hütte, oder er saß in seinem Versteck auf einem Präriehügel. Die beiden Hunde kamen dort zu ihm, so war er nicht ganz allein. Er hatte auch müde Gräser um sich, große harte Yucca mit blauen Kernen und eine arme, kleine, vertrocknete Kaktee. Sie hätte dick und saftig werden können und eine große rote Blüte tragen, doch hatte das Unwetter sie entwurzelt, und sie war im Staub vertrocknet, geschrumpft und häßlich. Wakiya liebte die häßliche, kleine, vertrocknete Kaktee, und wenn er des Abends zuweilen lange in seinem Versteck saß und der Mond schon am Himmel heraufzog, sprach er mit Mond und Kaktus. Der größere der Hunde jaulte zum blassen Himmelsgesicht hinauf wie ein sehnsüchtiger Wolf.
    Wakiya war in der Prärie.
    An manchem Abend, wenn er die Lider senkte und nur den Duft der trockenen Erde, des gilbenden Grases, der welkenden Blüten, den Geruch der halbwilden Hunde in sich aufnahm und das Leben des Windes, der von weither kam, von weither, weither und allüberall vom alten Land der Indianer, die die Winde heilig hielten - dann sprach Wakiya auch mit seinem Vater, und er schaute ihn, wie er einst vor ihm gestanden und ihn die Geheimnisse gelehrt hatte.
    Die Tage blieben noch heiß, die Nächte wurden klarer. Wie Zunder lag das verdurstete Gras auf rissiger Erde. Die Mutter und der Bruder mußten noch weiter laufen als bisher, wenn sie Wasser holen wollten. An Waschen war nicht mehr zu denken. Mutter und Kinder waren froh, wenn sie einmal am Tage ihren Durst löschen konnten.
    »Mutter, was haben unsere Vorväter getan, wenn die Bäche austrockneten und auf der Prärie nichts als Durst war?«
    »Sie haben getan, Wakiya, was die Büffel taten. Sie zogen zu den Wäldern der Schwarzen Berge, und sie zogen zu den Wäldern der Weißen Berge, wo die Quellen aus der Erde hervorkommen und zwischen den Felsen große Seen liegen, und da tranken sie und wuschen sich und schwammen.«
    »Mutter, warum haben uns die Geister das Wasser weggenommen?«
    »Warum, Wakiya, sollten sie uns das Wasser geben? Sie haben das Land genommen, sie haben die Bäume genommen, sie haben die Büffel genommen, sie haben das Gold genommen, sie haben das Wasser genommen. Wir sind übriggeblieben zum Sterben.«
    »Wir sind aber noch immer da, Mutter. Können wir nichts tun?«
    »Unsere Arme und Hände sind zu schwach, Wakiya.«
    »Aber den Steinknaben, der alles tötete, was er antraf, haben nicht die starken Tiere besiegt, sondern die schwachen, die klug waren. Das hast du uns erzählt, Mutter.«
    »Die Biber waren klug, und doch haben die Geister sie alle getötet und tragen ihre Felle als Beute.«
    »Ich will aber nicht sterben. Wollen wir wandern gehen und im Garten des Vatergeistes Superintendent von dem Wasser trinken, das er aus seiner schwarzen Schlange mit dem gelben Maul über das Gras sprühen läßt?«
    »Die Polizeimänner würden uns fortjagen, Wakiya, mit Stöcken und Mazzawaken.«
    Durstig legte sich Wakiya auf die alten Decken. Es war schwül im Blockhaus. Die Mutter hantierte vorsichtig beim Kochen auf dem eisernen Ofen, denn jeder Funke konnte jetzt zum Brand werden. Wakiyas Worte und Gedanken wühlten dabei in ihr. Er hatte wahr gesprochen. In der Agentursiedlung tranken sie aus großen Bechern, badeten sich und netzten das Gras mit frischem Wasser. Aber Eliza Bighorns Kinder litten Durst.
    Sie machte sich noch in der Nacht auf.
    »Zum Stammesrat gehe ich, Wakiya. Sie sollen Wasser schaffen.«
    In der folgenden Nacht erst kam sie wieder heim, einen Sack mit Wasser auf dem Rücken.
    »Da!«
    Mehr sagte sie nicht. Die Kinder tranken durstig und wuschen sich die Augen, die von Wind und Staub schmerzten. Dann verschloß die Mutter den Sack wieder als Vorrat für den nächsten Tag.
    Als die kleinen Geschwister schliefen, begann die Mutter nach ihrer Gewohnheit mit Wakiya zu reden.
    »Sie sprechen Worte, die so leer sind wie eine ausgekernte Yucca.«
    Wakiya schaute nach der Türöffnung, durch die der Mond hereinschien.
    »Die Prärie ist zu trocken. Auch die Geister haben Angst vor dem Feuer.«
    Wakiya atmete langsamer und tiefer. Es gab etwas, was die Geister fürchteten.
    »Inya-he-yukan ist wieder da. Aber sein Verstand ist verwirrt, sagen sie. Er habe immer schon solche Augen gehabt.«
    »Hat er sie noch, Mutter?«
    »Ich habe ihn nicht gesehen. Aber geschwiegen hat er. Er ist von unserem Stamm.«
    »Was ist

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