Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
Aufschrei noch zitterten, über das Haar streichen. Aber das Kind entzog sich ihm.
»Teacock lügt!«
»Byron Bighorn! Setze dich hin und höre mich an. Ich muß jetzt sehr ernsthaft mit dir sprechen.«
Langsam nahm Wakiya einen Stuhl und setzte sich.
»Byron Bighorn! Wann hast du mit Joe King über diese Sache gesprochen?«
Wakiya schwieg.
»Byron Bighorn! Ein Lehrer lügt nicht. Sage nie wieder ein solches Wort. Verstehst du?«
Wakiya schwieg.
»Byron Bighorn, antworte mir!«
Wakiya schwieg.
Ed Adlergeheimnis war selbst ein Indianer. Er wußte, daß er das Kind jetzt nicht zum Sprechen bringen konnte.
Während Wakiya-knaskiya noch auf dem Stuhle sitzen blieb und nicht anders fühlte als je ein Angeklagter, der die Aussage zu verweigern entschlossen ist, wandte sich Ed mit leisen Worten an seine Frau.
»Dieser Joe King ist so gefährlich wie faszinierend. Es mag sein, daß er sich aus seinem üblen Leben selbst herausreißt - obgleich es schwer ist, sich an den eigenen Haaren aus einem Sumpf zu ziehen, und helfen kann ihm im Grunde niemand von uns. Queenie hat er an sich gekettet. Sie wird nie etwas Böses tun, auch wenn sie zugrunde geht. Aber ein in jeder Beziehung anomales Kind, krank und überbegabt, ist in Gefahr, wenn ein Joe King seine Phantasie völlig einnimmt. Was kann man nur tun! Auch die Einsamkeit des Bighornschen Hauses verführt nur zum Unwirklichen.«
»Ich wage nicht, Ed, den kleinen Bighorn zu uns zu nehmen. Ich fühle mich dieser Aufgabe nicht gewachsen. Ich habe Angst vor seiner Krankheit.«
Margot schämte sich selbst; Ed wollte ihr eine solche Empfindung ersparen.
»Es wäre auch falsch, ihn von der Mutter wegzuholen.«
Ed und Margot mochten glauben, daß Wakiya ihren Worten nicht folgen könne. Er hatte jedoch mehr erraten, als sie ahnten.
Wakiya haßte Ed Adlergeheimnis in diesem Augenblick, denn er schien ihm aus einem Menschen ein Geist und ein Richter geworden zu sein. Ed war ein Richter der Geister, so, wie die Mutter es gesagt hatte. Er wiederholte Teacocks Lügen. Und wenn Inya-he-yukan auch sich selbst und seinen kleinen Bruder Wakiya vergessen und verraten hatte und ganz Joe King geworden war, um einen Geisterpreis zu gewinnen, so sollte doch keine Zunge sagen, daß er gestohlen habe. Wakiya glitt plötzlich vom Stuhl, und als Margot und Ed das recht erfaßten, war er schon aus der Tür. Er lief nicht die Straße, denn er wußte, daß man ihn auf der plattgetretenen Schlange mit dem Auto fangen konnte. Er huschte zwischen den Gärten durch in die Prärie hinaus, versteckte sich dort, schlief und machte sich gegen Abend auf den Heimweg.
Bei Sonnenaufgang hockte er an der Türöffnung der Blockhütte, und die Mutter fand ihn da.
Sie fragte nichts. Wenn Wakiya wollte, würde er schon zu erzählen beginnen.
Die Ferien traten in ihre zweite Hälfte. Der Gipfel war überschritten, und die Tage und Nächte rollten dem nächsten Schuljahr zu.
Wakiya spürte, wie sie abwärts rollten.
Er igelte sich wieder ein, saß nachmittags und abends in seinem Versteck und wollte weder Wasser holen gehen noch der Mutter einkaufen helfen. Morgens spielte er mit Bruder und Schwester Schule oder Rodeo oder mit dem Bruder allein Fußball. Die Mutter hatte eines Tages einen alten Fußball mitgebracht, aber sie gestand nicht, wer ihn ihr geschenkt hatte.
Beim Abendbrot berichtete sie Wakiya aber, was sie in der Agentursiedlung Neues gehört hatte.
»Inya-he-yukan haben sie schon wieder geholt, und keiner weiß, wohin sie ihn gebracht haben. Tashina war beim Superintendent deswegen. Sie ist bleich und sieht mager aus wie ein Reh in der Dürre. Es hat Mord und Blut gegeben in New City, und sie wollen von Inya-he-yukan irgend etwas wissen. Aber er sagt ihnen nichts. Er ist von unserem Stamm.«
»Wer ist Tashina?«
»Inya-he-yukans Frau, die die Geister Queenie nennen.«
Es war Wakiya nicht anzusehen, was er nun dachte. Er dachte aber, daß die Geister Inya-he-yukan ganz und gar sterben und verderben lassen wollten, alle die Geister, ob sie nun ein Teacock oder ein Superintendent oder eine Zauberbestie waren oder auch ein Geist, der aus einem Menschen entstanden war wie Ed Crazy Eagle. Wakiya aber konnte Inya-he-yukan nicht helfen. Denn Inya-he-yukan hatte sich selbst in das Geisterreich hineingewagt.
Die Tage und Nächte schienen immer schneller abwärts zu rollen.
Wakiya litt wieder unter seiner Krankheit. Er hatte keine schweren Anfälle, aber oft mußte er laufen wie ein Toller,
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