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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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gewesen war, hatte die Familie verkauft, was sie nicht auf dem Leibe trug.
    Barfuß liefen sie um ihr Leben.
    Die Mutter war gestolpert und stürzte. Die kleine Schwester flog ins Gras. Die beiden Brüder hielten an, um der Mutter zu helfen.
    »Lauft!«
    Eliza Bighorns Stimme war heiser.
    Aber die Brüder liefen nicht fort. Sie kannten die Sandkuhle, sie wußten, wohin. Aber Mutter und Schwester zu verlassen, das kam ihnen nicht in den Sinn.
    Mühsam richtete sich die Mutter wieder auf. Sie wußte selbst nicht, ob und wie sie sich verletzt hatte.
    Aber da die Kinder mit ihr verbrannten, wenn sie nicht weiterlief, so lief sie.
    Die Hitze blähte den Körper auf. Die Augen und der Gaumen brannten. Dunkelrot war der Horizont, schwarz brauten darüber die Rauchkronen. Das war das Feuer der Prärie, wie es seit Urväterzeiten die Büffel, die Mustangs, die Antilopen, die Bären, die Vögel und die Menschen gefürchtet hatten. Aber bei den Vorvätern warnten die Trommeln und Pfeifen, und ein rettendes Gegenfeuer wurde angezündet. Niemand wohnte damals allein und hilflos für sich. Immer standen Zelte beieinander. Immer waren Krieger und junge Burschen da, um Frauen und Kindern zu helfen.
    Aber die Geister hatten befohlen, die Häuser weit zerstreut zu bauen, weil sie es als Rancher und Farmer selbst so gewohnt waren.
    Eliza und die Kinder kamen noch zur Sandkuhle. Nachdem sie das Ziel erreicht hatten, krochen sie bis zur Mitte der großen kahlen Stelle. Sie krochen auf allen vieren und blieben dann einfach liegen. Wenn das Feuer sie jetzt hätte erreichen können, wären sie wehrlos verbrannt.
    Es sandte seine quälende Hitze und den Rauch, der die Lungen füllte und lähmen wollte. Rings flammte und qualmte die Prärie. Die Flüchtlinge sahen es nicht, sie lagen auf dem Gesicht, die Wangen drückten sie in den Sand, der warm und doch noch kühler als die Luft war.
    Die Mutter rührte sich. Sie drückte Funken aus, die auf sie und die Kinder herabgestoben waren und die Kleider angesengt hatten.
    Lange lagen die vier Menschen so, halb ohnmächtig zwischen Glut und Qualm, bis das Grasfeuer endlich vorbeigezogen war. In ihrem Rücken raste es weiter, und jetzt glühte dort der Himmel, und der rauschende Wind hatte die Richtung gewechselt. Er stürmte dem Feuer nach und trieb es an. Wolken von heißer Asche trieben über die Sandkuhle und marterten die Flüchtlinge mit dem, was sich davon niedersenkte. Mutter und Kinder hatten nicht mehr viel Kraft in sich. Sie konnten nicht mehr überlegen, sie konnten nur noch mühsam atmen und denken, daß sie leben wollten. Der Gaumen brannte ihnen vor Durst, die Zunge klebte trocken daran, aber sie hatten kein Wasser, nicht einen einzigen Tropfen. Der Kopf schmerzte sie. Sie waren so ausgetrocknet, daß sie kaum mehr sprechen und daß die Kinder nicht weinen und nicht schreien konnten. Sie lagen da wie die Toten.
    Sie wußten nicht, wie lange sie so gelegen hatten, als ein kurzer Regen niederging. Sie wälzten sich auf den Rücken, rissen Hemd und Bluse auf, öffneten den Mund, streckten die Hände flach aus und ließen sich das erquickende, lebenrettende Naß auf die Stirn, auf die Brust träufeln und auf die nackten Füße.
    Als der Regen vorüber war, leckten sie noch von dem feuchten, ascheverschmutzten Sand.
    Die Mutter raffte sich auf und schaute über das verbrannte Land, über das jetzt Sonne schien mit einem matten, unwirklichen Schein, denn sie hatte Asche und Sand schon wieder getrocknet, und der Wind kam, ganz verwirrt aus vielen Ecken, und jagte Asche und Sand dahin und dorthin. Der Boden war noch warm.
    Zwischen den Asche- und Sandschleiern und dem farblosen Sonnenlicht glühte es noch rot und drohend, wo eine alte Krüppelkiefer sich vom Feuer nicht ganz hatte auffressen lassen.
    Die Mutter suchte einen Gedanken zu fassen. Sie mußte Wasser finden, sonst verdurstete sie samt den Kindern. Sie machte sich auf. Wakiya schaute ihr nach. Die Mutter hatte kein Gefäß dabei, um Wasser zu bringen. Das einzige, was sie noch besaß, waren die Kleider und ihr Messer. Mit dem Messer konnte sie eine Schale schnitzen, wenn sie Holz dazu fand. Als sie zurückkam, hielt sie eine trockene Schale in der Hand. Die Wasserstelle hatte kein Wasser mehr. »Kommt, Kinder, wir müssen alle gehen, sonst verdursten wir, ehe sie uns finden.«
    Die Mutter nahm die kleine Schwester auf den Arm und taumelte voran. Sie hatte sich auf der Flucht vor dem Feuer beim Sturz einen Fuß verletzt.
    Die beiden

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