Das Blut Des Daemons
nicht umsonst bezahlt hat. – Was du danach tust, ist mir einerlei.«
Ich starrte ihn an. – Und plötzlich wurde mir klar, was der Ausdruck in seinen Augen zu bedeuten hatte: Danach würde er den Tod seines Bruders rächen. Wie das für ihn enden würde, daran gab es keinen Zweifel. Ein paar Sekundenerwiderte er meinen Blick noch kalt, dann stieß er mich von sich, machte kehrt und marschierte davon.
Ich stand einfach nur da, wie betäubt. Ein Brennen war in meinen Augen, rann über meine Wangen.
»Princessa, darf ich …«
Eine Stimme dicht vor mir schreckte mich auf. »Was?« Ich starrte den Lamia an. Durch die Tränen konnte ich ihn nicht richtig sehen.
»Das ist jetzt weder die Zeit noch der Ort, ihr Avancen zu machen, Juan. Lassen Sie sie in Ruhe.« Oleks Stimme, scharf und … ärgerlich. Juans Antwort war in der Sprache der Lamia und klang nicht minder ärgerlich. Einer der beiden knurrte.
Wie eine Schlafwandlerin taumelte ich zur nächsten Bank, fiel darauf.
»Er ist weg.« Nur am Rande nahm ich wahr, dass Olek sich vor mich kauerte.
Ich nickte. Alles in mir schrie. Und zugleich war da nichts als eine dumpfe Leere. Ich starrte vor mich hin. – Bis eine Hand sich um meinen Arm schloss und mich auf die Beine zerrte.
»Was soll das? Was hockst du hier und heulst?«
Ich blinzelte. Radu stand vor mir. Mein Arm war noch immer in seinem Griff. »Bist du von allen guten Geistern …«
»Du hast ihn umgebracht!« Die Worte kamen nur als Flüstern über meine Lippen.
»Was …?«
»Er hat mich nur beschützt.« Ich hob den Kopf, sah ihn an.
»Mädchen, was zum …«
»Er hat mich nur beschützt und du hast gegen ihn gestimmt.« Mit jedem Wort wurde ich lauter. »Wie alle anderen. Du wolltest, dass er stirbt. Du wolltest, dass er ausmeinem Leben verschwindet. Weil im Leben der Princessa Strigoja kein Platz für solchen Unfug wie Liebe ist.« Um uns herum herrschte von einem Augenblick zum nächsten Stille. »Du hast ihn umgebracht.« Meine Stimme klang schrill und hoch in dem plötzlichen Schweigen. Ich riss mich los, wich vor ihm zurück. Die Worte erstickten in meiner Kehle. Mit einem Schluchzen warf ich mich herum und flüchtete. Wohin, wusste ich nicht.
Ich rannte, bis ich irgendwann hinter einer Ecke auf die Knie fiel und über meinen Tränen keine Luft mehr bekam. Wie lange ich da hockte, heulte und schrie, konnte ich nicht sagen. Irgendwann war Olek neben mir und wischte mir das Gesicht ab, ehe er mir das Taschentuch hinhielt, damit ich mir die Nase putzte. Dann zog er mich vom Boden hoch.
»Komm«, sagte er sanft.
Ich schüttelte den Kopf. Noch immer brannten die Tränen in meinen Augen, machten mich blind.
Behutsam nahm er meine Hand in seine. »Komm, lass mich dich an einen Ort bringen, an dem du ungestört bist. Ich lasse dich dort allein, wenn du das dann immer noch willst. Versprochen!« Er wartete mein Nicken nicht ab, sondern zog mich einfach vorwärts. Ich ließ es geschehen, folgte ihm durch mehrere Gänge, eine Treppe hinauf. Warum sollte ich gegen irgendetwas ankämpfen, was mit mir geschah? Es war vorbei.
Ich sträubte mich auch nicht, als er mich schließlich dazu brachte, mich auf eine marmorne Bank zu setzen. Ein Rauschen und Plätschern erfüllte die Luft. In meinem Oberkiefer war der Hunger einmal mehr erwacht. Ich versuchte ihn zu ignorieren. Nur am Rande nahm ich meine Umgebung wahr: Ein kleiner Hof, umschlossen von einem Wandelgang hinter einer niedrigen Mauer, aus der gedrehte Säulen aufragten, die sein Gewölbe stützten. Über uns nichts alsGestein. Neben dem Durchgang zum Korridor brannten zu beiden Seiten Feuerbecken. Der Boden feiner, heller Sand, durchbrochen von schwarzen, quadratischen Steinplatten. Hinter der Bank ragte ein Felsen in die Höhe, von dessen Spitze Wasser in ein steinernes Becken floss.
»Soll ich gehen?« Olek beugte sich zu mir. Das Gurgeln und Rauschen des Wassers verschluckte seine Worte beinah. Ich sah ihn an, sah wieder auf meine Hände, die schlaff in meinem Schoß lagen, zuckte die Schultern.
»Auf ein Wort, Mademoiselle.« Wir schauten beide abrupt auf. Gérard. Übergangslos saß ich stocksteif. Olek ließ ein warnendes Knurren hören.
»Was wollen Sie?« Meine Stimme klang immer noch rau, doch zu meinem eigenen Erstaunen zitterte sie nicht.
»Mit Ihnen reden, Mademoiselle.« Gérard nickte zu Olek hin. »Ohne Monsieur Nareszky.«
Der stieß ein Schnauben aus. »Ich lasse Sie bestimmt nicht mit Dawn allein, d’Orané.«
»Ah
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