Das Blut Des Daemons
galt. Hastig ließ ich den Sarkophag los, versuchte vor Julien zu gelangen. Er packte mich, brachte sich abermals zwischen mich und Adrien und Olek. Sein Knurren war eine überdeutliche Warnung. In Adriens Gesicht war nichts als Fassungslosigkeit. Er stand wie gelähmt da, starrte zu uns her. Olek hinter ihmging es nicht viel besser. Die beiden hatten eine Bahre zwischen sich.
Endlich erwachte Adrien aus seiner Betäubung, setzte sein Ende der Trage ab und machte einen Schritt auf uns zu. Endgültig von der Treppe herunter und in das Gewölbe herein. »Julien …« Seine Stimme zitterte. »Mein Gott, Kleiner … du … wie kann das sein?« Er hob die Hand, streckte sie nach seinem Bruder aus. Julien duckte sich ein Stück weiter, sein Knurren wurde noch dunkler und drohender. Abrupt blieb Adrien stehen, ließ den Arm langsam sinken, sah zu mir, erwartete ganz eindeutig eine Erklärung. Bevor ich etwas sagen konnte, flüsterte Olek hinter ihm, jetzt auf der letzten Stufe, »Merde, d’Orané!«
Für eine Sekunde zuckte Adriens Blick in die gleiche Richtung, in die Olek starrte, kehrte aber sofort wieder zu mir und Julien zurück. Vorsichtig machte er einen weiteren Schritt auf uns zu. Julien fletschte seine so entsetzlich langen Fänge. Abermals hielt Adrien inne. Abermals schaute er zu mir, ehe er erneut seinen Bruder ansah. Als er dann sprach, tat er es überraschend sanft.
»Wir müssen dich hier wegbringen, Kleiner. – Verstehst du mich, Julien? – Jede Minute, die wir länger hier unten sind, wird die Gefahr größer, dass jemand herunterkommt und dich sieht. Gérards Freunde, Körner und St. James, stolzieren dort oben umher. Was, wenn sie herunterkommen, um ihn zu suchen? – Verstehst du, was ich sage, Julien? – Uns läuft die Zeit davon.« Er machte erneut einen Schritt auf Julien zu – mit demselben Ergebnis wie zuvor – und blieb erneut stehen. Einmal mehr ging sein Blick fragend zu mir. Ich schüttelte hilflos den Kopf.
»Ich glaube er … er versteht nicht …« Ich verstummte, ohne den Satz zu beenden.
Sekundenlang maß Adrien mich mit gefährlichschmalen Augen, dann sah er seinen Bruder wieder an. »Stimmt das, was sie sagt, Kleiner? Verstehst du wirklich nicht, was ich von dir will? Wenn das nämlich so ist und ich dir nicht klarmachen kann, dass du gleich für ein paar Minuten deinen Leichnam spielen musst, dann haben wir ein kleines Problem.« Ein neuerlicher Schritt vorwärts, Juliens Knurren wurde gefährlicher, er duckte sich noch weiter. Wieder blieb Adrien stehen. Doch diesmal drehte er sich halb zu Olek um – ohne Julien aus den Augen zu lassen. Was genau zwischen den beiden vorging, konnte ich nicht erkennen. Ich beobachtete nur, wie Adrien die Hand zur Faust ballte und den Kopf ein kleines Stück zur Seite neigte – und wie Olek nickte. Als Adrien sich uns wieder zuwandte, tat er es mit einem leisen Seufzen. »Es tut mir leid, Julien, aber du lässt mir keine andere Wahl.«
Lautstark stellte Olek die Bahre ab und versetzte ihr einen Schubs, sodass sie ein Stück weiter in das Gewölbe hineinrutschte. Mit einem Fauchen fuhr Julien zu ihm herum, für einen Sekundenbruchteil von seinem Bruder abgelenkt. Im nächsten sackte er zu Boden – und wurde im letzten Moment von Adrien aufgefangen, der ihn behutsam auf die Steinplatten gleiten ließ. Als er sich wieder aufrichtete, schüttelte er seine Hand. Fassungslos starrte ich ihn an, während ich rasch neben Julien auf die Knie sank und behutsam seinen Kopf auf meinen Schoß hob. Er atmete. Adriens Blick ließ mich die Frage nach dem Warum unterschlucken.
»Ich hoffe, Sie haben fest genug zugeschlagen.« Olek kam heran und schaute mit einem noch immer ungläubigen Kopfschütteln auf Julien hinab.
»Das hoffe ich auch.« Ohne mich weiter zu beachten, hob Adrien das Leichentuch vom Boden auf und schickte sich an, seinen Bruder erneut darin einzuwickeln. »Falls er wieder aufwacht, ehe wir ihn in den Wagen gebracht haben,sind wir geliefert.« Erst jetzt sah er mich wieder an. »Was ist hier passiert? Wie kann es sein, dass Julien …« Er verstummte mit einem seltsam hilflosen Blick auf seinen Zwilling.
»Gérard hat mich angegriffen und plötzlich war Julien da …«, ich hielt inne, schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
»Und wer von euch hat Gérard ins Jenseits befördert?« Adrien legte seinem Bruder die Arme über der Mitte zusammen, während Olek gleichzeitig zufasste und Juliens Oberkörper ein Stück vom Boden
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