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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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nicht sein! Er hatte mich doch vor Gérard beschützt … Aber warum sagte er nichts? Warum sah er mich so seltsam an? Bitte, lieber Gott, lass es ein Schock sein! Nur ein Schock! Es muss wieder vergehen! Es muss! Julien muss zu mir zurückkommen. Er kann nicht überlebt haben, nur um dann nicht mehr mein Julien zu sein. Bitte nicht! Bitte …
    Ich riss die Augen auf, als seine Hand plötzlich zwischen mir und dem Licht der Kerzenflamme war. Sein Arm keine zehn Zentimeter von meinem Gesicht entfernt in der Luft. Ich sah, roch sein verbranntes Fleisch – und wusste gleichzeitig, was er wollte, obwohl er nach wie vor kein Wort sagte. Weil er mir sein Handgelenk oft genug genau so hingehalten hatte, damit ich von ihm trank. Etwas krallte sich um mein Herz. Erschrocken schüttelte ich den Kopf und versuchte zugleich die Gier zu ignorieren, die bei der Erinnerung an sein Blut in mir erwachte.
    »Nein, ich …« Ein Stoß in die Seite, ganz sacht nur, begleitet von einem leisen Knurren ließ mich abbrechen. Er hobden Arm über meiner Schulter gerade weit genug, dass ich mich halb zu ihm umdrehen und ihn anschauen konnte.
    Unsere Gesichter waren erschreckend nah beieinander. Wie zuvor forschten seine so entsetzlich roten Augen in meinen. Bitte, Julien … In meiner Kehle saß ein Brennen.
    Erneut schüttelte ich den Kopf. »Nein, ich … ich will dein Blut nicht.«
    Vielleicht bildete ich mir sein Stirnrunzeln nur ein, aber die Art, wie er den Kopf hielt, war eindeutig fragend. Abrupt drehte ich ihm wieder den Rücken zu, presste die Hand vor den Mund. Einen Moment später zog er den Arm zurück. Ich wollte schon aufatmen, als er wieder vor mir erschien – und es rot von seinem Handgelenk vor mir auf die Steinplatte tropfte. Von einer Sekunde zur nächsten war die Gier endgültig erwacht. Meine Eckzähne brachen aus meinem Oberkiefer. Ich schluckte krampfhaft. Mit jedem Tropfen breitete sich die Blutlache vor mir am Boden weiter aus. Julien legte den Arm schwer auf meine Schulter. Ich schluckte erneut. Noch krampfhafter als zuvor. Konnte den Blick nicht von dem roten Sirenengesang abwenden, der da vor mir die Pfütze vergrößerte; tropf … tropf … tropf … Ich beobachtete, wie ich die Hand hob, sie sich langsam um Juliens Arm legte, ihn ein Stück näher heranzog. Alles ganz vorsichtig, sacht, um ihm trotz allem nicht wehzutun. Es war, als sähe ich einer Fremden zu. Seine Haut fühlte sich verwirrend kühl und in den Tiefen zugleich heiß an, zerfurcht und dennoch glatt und seltsam … hart. Der Geruch seines Blutes schürte den Schmerz in meinem Oberkiefer – bis ich zubiss. Einen Sekundenbruchteil spannte seine Hand sich in meiner, ehe sie weich wurde. Ich schluckte, hörte, wie ich selbst leise stöhnte. Süß und schwer rann Juliens Blut meine Kehle hinab. Dicker, als ich es in Erinnerung hatte, mit einem verwirrenden Nachgeschmack; herb, beinah bitter … Geronnene Dunkelheit.
    Sein Atem strich über die empfindsame Stelle unter meinem Ohr. Der leise Laut, den er von sich gab, klang irgendwie … zufrieden. Sein Arm um meine Mitte war verschwunden. War da tatsächlich eine federleichte Berührung in meinem Haar? Ich wusste es nicht. Ich trank wie in einem Traum – und dann waren Hunger und Gier mit einem Mal vergangen. Ich brauchte einen Augenblick, bis ich begriff, was da plötzlich fehlte. Behutsam nahm ich meine Zähne aus Juliens Handgelenk, strich vorsichtig mit der Zunge über die beiden Löcher, die ich hinterlassen hatte, während ich gleichzeitig in mich hineinlauschte. Wie in einem Seufzen streifte sein Atem meinen Nacken ganz kurz ein wenig stärker. Sein Arm blieb schwer und entspannt auf meiner Schulter. Da war tatsächlich nur eine zufriedene, leere Wärme in mir. Keine Gier, kein Hunger. Zum ersten Mal, seit ich meinen Wechsel hinter mich gebracht hatte. Meine Kehle war schlagartig wie zugeschnürt. Es fühlte sich an wie ein Geschenk – das ich nur Juliens Blut verdankte.
    »Mon Dieu!« Eine Stimme von der Treppe. Erschocken sah ich auf: Adrien – und Olek. In der nächsten Sekunde hatte Julien mich hochgerissen und so abrupt hinter sich gestoßen, dass ich taumelte, gegen die Kante des Sarkophags prallte, halb in die Knie ging. Ich klammerte mich daran fest, nicht sicher, ob meine Beine mich tragen würden. Er knurrte. Wieder dunkel, wieder drohend. Duckte sich, die Hände halb erhoben, zu Klauen gekrümmt. An der Linken war die Haut aufgerissen.
    »Nein!« Ich wusste nicht, wem das Wort

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