Das Blut Des Daemons
und es nicht tat. Wie durch ein Wunder sah die Bestie in meinem Inneren davon ab, ausgerechnet jetzt in meinen Eingeweiden zu wühlen. Ob die Überdosis Adrenalin in meinem Blut beruhigend auf sie wirkte?
Ich hielt den Atem an, als der kleine grüne Lichtpunkt irgendwann unvermittelt erlosch – und dunkel blieb. Seltsam zittrig stand ich von der Stufe auf. Sie hatten die Alarmanlage lahmgelegt! Und jetzt? Auch wenn ich vermutlich keine Chance gegen sie hatte: Es widerstrebte mir, einfach brav darauf zu warten, dass sie mich holen kamen. Ich brauchte eine Waffe! Den Gedanken, mir Juliens Beretta aus seinem Schrank zu holen, verwarf ich sofort wieder. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mit einer Pistole umgehen musste, und wahrscheinlich war sie noch nicht einmal geladen. Dass ich einmal gesehen hatte, wie Julien Patronen in die Magazine gedrückt hatte, bedeutete nicht, dass ich wusste, wie das tatsächlich funktionierte. Nein, etwas Einfaches wäre bestimmt am besten. Eines dieser langen Mordwerkzeuge aus dem Messerblock vielleicht?
So leise ich konnte, schlich ich die restlichen Stufen hinunter, den Korridor entlang und in die Küche. Es war totenstill. Ich hätte noch nicht einmal sagen können, ob Gérards Handlanger bereits im Haus waren oder nicht. – Ausgerechnet jetzt ließen meine neuen Sinne mich im Stich.
Ich hatte die Finger schon um den Griff des langen, spitzen Schinkenmessers, als ich zögerte. Ein Messer würde bedeuten, dass ich sie bis auf Armlänge an mich herankommen lassen musste – was entschieden zu nah war für meinen Geschmack. Nein, ich brauchte eine andere Waffe. Die erste Alternative, die mir einfiel, war die Bratpfanne. Zumindest ein wenig länger als ein Messer, außerdem musste man damit nur zuschlagen. Noch immer darauf bedacht, kein Geräusch zu machen, holte ich die größte unserer Bratpfannen aus ihrem Gestell. Sie war schwer. Damit wusste ich aber immer noch nicht, wo sie hereinkommen würden. Vielleicht an mehreren Stellen zugleich? Ich warf einen Blick aus dem Küchenfenster. Keine Spur von Gérards Leuten …
Eine Hand schloss sich wie aus dem Nichts über meinemMund, verhinderte, dass ich schrie, während sich gleichzeitig eine zweite über den Griff der Bratpfanne legte, ehe ich auch nur eine Chance hatte, sie zu heben – oder sie vor Schreck fallen lassen konnte. Die Witterung so dicht bei mir ließ meine Eckzähne schlagartig aus meinem Kiefer brechen. Julien! Von einer Sekunde zur anderen waren meine Knie weich – und der Hunger und die Gier wieder da. Hilflos schluckte ich dagegen an, versuchte beides zurückzudrängen, zu beherrschen. Es gelang mir nicht ganz, selbst als ich mir mit aller Kraft die Fingernägel der freien Hand in die Handfläche grub.
»Scht! Ich bin’s, Julien. Kein Laut, wenn ich dich loslasse!« Das Flüstern war direkt neben meinem Ohr. Ich brachte ein Nicken zustande. Himmel, er musste gespürt haben, wie meine Eckzähne gewachsen waren.
Er nahm mir die Bratpfanne ab und seine Hand verschwand von meinem Mund, jedoch nur, um sich um meine Mitte zu legen und nicht zuzulassen, dass ich mich zu ihm umdrehte.
»Kein Mucks! Keine Fragen! Tu genau, was ich dir sage!« Sein Atem streifte die empfindliche Stelle unter meinem Ohr. Er sprach noch immer so leise, dass ich die Worte kaum verstehen konnte. »Wir verschwinden. – Geh nach oben, zieh dich um. Dunkle Sachen. Dunkelgrau oder schwarz. Am besten Jeans, ein Shirt mit Kapuze. Kein Glitzer. Schuhe, in denen du laufen kannst, die aber keinen Lärm machen. Weiche Sohlen. Leg Minas Rubine an, aber bind ein Tuch darüber; dunkel. So leise du kannst. – Hast du verstanden?«
Ich nickte erneut. In meinem Magen saß ein Zittern.
»Gut. – Weißt du …«
»Die Alarmanlage …«, setzte ich an, doch ein Zischen brachte mich zum Schweigen.
»Das war ich. – Weißt du, wo mein Handy ist?« Weder seine Lautstärke noch sein Ton änderten sich.
Anstelle eines Nickens fummelte ich es aus meiner Hosentasche, in die ich es zuvor gesteckt hatte, tastete damit hinter mich, bis ich seine fand und schob es ihm hinein. Seine Jeans fühlten sich erstaunlich trocken an. Meine Finger streiften den Saum eines Pullovers. Offenbar hatte er irgendwo ein paar Sachen zum Anziehen aufgetrieben. »Danke! Ich warte in der Halle auf dich! Du hast fünf Minuten!« Jetzt löste er auch den Arm um meine Taille. »Geh! Beeil dich! Und kein Licht! Auf gar keinen Fall!«
Ich gehorchte. Wenn einem vor Erleichterung schwindlig
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