Das Blut des Mondes (German Edition)
schüttelte den Kopf.
„Nein, das will ich nicht.“
„Das ist ja ´n Ding.“ Wie er aussah, konnte er sich nicht entscheiden, ob er weinen oder lachen sollte. Ann war erstaunt. Erstaunt darüber, dass sie scheinbar die Einzige war, die dieses Buch lesen konnte. Oder er der Einzige, der es nicht lesen konnte. Wie man´s nahm.
„Was genau steht denn da?“, fragte er und zeigte mit dem Finger willkürlich auf eine Seite. Ann beugte sich vor, um lesen zu können.
„Das scheint so etwas wie ein Rezept zu sein. Zehn Federn einer weißen Taube, zehn Haare des Liebsten, zwei Fliegen ohne Flügel, … Bäh!“ Ann verzog verächtlich das Gesicht, las aber weiter: „Ein Ei, eine rote Kerze, fünf Löffel blaue Tinte und Kräuter wie Minze, Jasmin und Weihrauch. Das soll man dann mischen und … ah ja, hier steht noch ein Zauber, den man dann anwenden soll. Soll ich weiterlesen?“
Levian verneinte. „Und da?“ Er blätterte um und zeigte auf eine andere Seite. Ann las wieder vor:
„Zwei Zweige Myrte und einen Zweig Tränendes Herz. Dazu Acht Blätter der Kreuzblume. Alle Kräuter mörsern und miteinander vermischen. Schreibe auf ein Blatt dreimal hintereinander -“
„Noch ein Zauber also“, unterbrach er sie wieder. Ann nickte. „Ja, sieht ganz so aus. Noch was?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein. Ich denke, es reicht. Aber … wieso kannst du das lesen? Und ich nicht? Das verstehe ich nicht!“
„Ich auch nicht. Aber es ist wie es ist. Hm …“ Ann überlegte. „Das hier ist ganz offensichtlich ein Zauberbuch. Und es kann ebenfalls ganz offensichtlich nicht von jedem gelesen werden. Oder nur nicht von dir. Das wäre jetzt mal spannend herauszufinden. Ob nur du es nicht lesen kannst oder ob nur ich es lesen kann, meine ich.“
„Das ist doch eigentlich auch egal, oder? Ich meine, was macht das für einen Unterschied? Fakt ist, du kannst – ich kann nicht. Jetzt ist aber die Frage: Ist dieses Buch wichtig für uns oder nicht? Das heißt, steht darin etwas, was uns weiterhelfen kann, dieses ganze verflixte Tohuwabohu aufzulösen oder ist es nur ein Buch zur Bespaßung. Das wäre jetzt spannend herauszufinden.“
„Warte.“ Ann nahm ihm das Buch aus der Hand und blätterte aufgeregt darin herum, bis sie die Stelle fand, die sie suchte. „Hier. Hör mal.“ Und dann las sie ihm den Spruch vor, der schon am Tag zuvor ihr Interesse geweckt hatte:
„ Gefangen in der Ewigkeit
Umgeben nur von Dunkelheit
Den Bann, für immer jung zu sein
Durchbricht ein heller Lichterschein
Wenn das Feuer ist entfacht
Der Mond dann über Sterne wacht
Gib weiter nun das einsame Herz
Und fühle den Bruch mit vollem Schmerz
Denn einzig allein Rot mit Rot
Kann bringen den ersehnten Tod.
Dann ist die Seite leider kaputt. Es scheint, als würde das noch weitergehen, aber hier, siehst du?“ Sie zeigte Levian die Seite. „Hier fehlt fast die Hälfte.“
Levian hatte ganz ruhig zugehört. Jetzt war sie auf seine Reaktion gespannt. „Und? Könnte das hilfreich sein?“
„Bis auf das ‚Gefangen in der Ewigkeit‘ und ‚für immer jung zu sein‘ kann ich da nichts entdecken, was Aufschlussreich wäre. Aber wer weiß, vielleicht sollten wir das mal auseinander nehmen. Nur blöd, dass da was fehlt.“
„Ja, aber vielleicht können wir es trotzdem entschlüsseln. Satz für Satz, wie wir es mit Rics Pergament getan haben, ja. Gute Idee.“ Sie sah auf die Uhr. „Wie sieht´s mit deiner Zeit aus? Musst du den Pick-up heute noch unbedingt fertig machen?“ Er sah ebenfalls auf die Uhr.
„Nein, das eilt nicht so sehr. Aber in einer Stunde habe ich noch einen Termin, bis dahin können wir …?“ Er zeigte auf das Buch. Ann nickte. Ergeben seufzte er auf. „Na dann schauen wir doch mal, wo des Rätsels Lösung liegt.“
Sternenstaub
„Also, die Gästeliste ist abgehakt. Bis auf drei Leute kommen alle, die wir eingeladen haben.“ Dionne war in ihrem Element. Sie liebte es, Partys zu planen. Und sie liebte es, Partys zu geben!
Der große Vorteil an dieser Geburtstagsfeier war, dass ihre Eltern nicht zu Hause waren. Sie hingen in Singapur fest und es hatte sich am vorherigen Abend herauskristallisiert, dass sie nicht rechtzeitig zum achtzehnten Geburtstag der Zwillinge zu Hause sein würden. Auf der einen Seite war das traurig, doch auf der anderen Seite war das grandios! Denn so konnte Dionne das Fest ganz nach ihrem Geschmack organisieren. Zwar sollten die Nachbarn ein Auge auf sie haben, aber in
Weitere Kostenlose Bücher