Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
Vom Netzwerk:
zurück und ging in die Ausgangsstellung, sodass er sich nun in gleichwertiger Position befand und zum Duell bereit war.
    De la Fleur zögerte kurz und reagierte nicht schnell genug auf die Initiative des Gegners.
    Bis er richtig merkte, was passierte, stand ihm der Skorpion schon mit erhobenem Schwert und perfekt ausbalancierter Körperhaltung gegenüber. Laut brüllend stürzte der Franzose sich auf den Auftragsmörder und wirbelte seinen Degen in einem Hagel von Hieben herum, um ihn durch reinen Krafteinsatz zu überwältigen. Er übertrug die ganze Stärke seines muskulösen Arms auf seine Klinge und baute darauf, dass die schmalere Waffe des Gegners dem Ansturm nicht standhalten konnte. Auf dem Feld, mitten im Schlachtgetümmel, wo die Kämpfer sich dicht umeinander drängten, wäre das zweifellos eine erfolgreiche Taktik gewesen. Doch der Skorpion war kein als Soldat verkleideter Bauer; er war einer der fähigsten und erfahrensten Haudegen des Kontinents und schlug die Attacken relativ mühelos zurück, indem er den heftigen Degenhieben die ganze ausgefuchste Gewandtheit seiner Kunst entgegensetzte. Er beantwortete die Gewalt des Angriffs nicht mit frontaler Gegengewalt, sondern führte seine Paraden mit seitlichen Körperdrehungen aus, wodurch er die Wucht der Schläge abschwächte und die Klinge des Gegners von ihrem Ziel ablenkte.
    Ein so schneller, heftiger Kampf konnte nicht lange andauern, und tatsächlich wurde der Franzose nach ein paar Dutzend Hieben sichtlich langsamer.
    Durch das Degengeklirre hindurch hörte der Skorpion den Musketier schwer atmen. Die wütende Anfangsattacke hatte seinen Feind außer Atem gebracht, und er war sicher, dass die schnellere Erschöpfung des Franzosen ihm bei länger anhaltendem Kampf zum Vorteil gereichen würde. Andererseits war der Hinterhalt, in den man ihn gelockt hatte, gut organisiert und geplant worden. Höchstwahrscheinlich war in diesem Moment schon Verstärkung unterwegs, denn ein so sorgfältiger Plan würde auch Vorkehrungen für den Fall mit einschließen, dass etwas schiefging. Daher musste er sich den Franzosen so schnell wie möglich vom Leib schaffen und verschwinden, ehe es im Haus vor Soldaten nur so wimmelte.
    Nach dieser kurzen Abwägung beschleunigte der Skorpion sein Fechten und beschränkte sich nicht mehr darauf, die gegnerischen Hiebe zu parieren, sondern ging mit einer Serie von schnellen Ausfällen zum Gegenangriff über, die er mit gezielten Stößen abwechselte, um die Deckung des anderen aufzubrechen.
    Doch de la Fleur war selbst kein Anfänger mit dem Degen. Auch wenn er nicht das legendäre Geschick des Skorpions besaß, hatte er genug Kämpfe ausgefochten, um sein Handwerk zu verstehen und die feindlichen Angriffe zurückzuschlagen.
    Der Raum, in dem sie sich duellierten, war groß genug, dass er mit seiner längeren Waffe seine unterlegene Technik ausgleichen konnte.
    Der Skorpion merkte, dass ihm die Zeit davonlief, und obwohl er sich nicht gern unnötigen Risiken aussetzte, musste er nun etwas wagen.
    Mit einer flinken Drehung des Handgelenks stieß er die Klinge des Franzosen weg und ließ seine linke Seite für eine Sekunde ungedeckt. De la Fleur erkannte das sofort, machte einen halben Schritt nach rechts und stieß mit einem Ausfallschritt zu, überzeugt, den Kampf damit zu beenden.
    Mit dieser Reaktion hatte der Auftragsmörder gerechnet.
    Er bewegte sich seinerseits nach rechts und wich dem Angriff mit einem behänden Sprung um Haaresbreite aus, wechselte sein Schwert von der rechten in die linke Hand und konnte so die Stelle treffen, deren Deckung der Gegner vernachlässigte.
    Die schmale Klinge des Skorpions durchbohrte die rechte Schulter des Franzosen, der mit einem unterdrückten Stöhnen seine Waffe auf den Dielenboden fallen ließ und auf den Todesstoß wartete.
    Der Skorpion jedoch wollte sich nicht damit aufhalten, seinem Verfolger den Garaus zu machen. Mit einem Blick überzeugte er sich davon, dass de la Fleur ihm vorläufig nicht mehr schaden konnte, wirbelte herum und floh durch die offen stehende Tür hinaus.
    Fluchend griff der Musketier nach seinem fallen gelassenen Degen, merkte aber sogleich, dass sein rechter Arm nicht zu gebrauchen war. Er fasste den Griff mit der Linken und stürzte dem flüchtigen Mörder hinterher. Als er an einem offenen Fenster vorbeikam, hörte er die Schritte seiner Männer auf dem Pflaster des Hofs. Er lehnte sich hinaus und schrie den Herbeilaufenden zu:
    »Nach hinten, Soldaten!

Weitere Kostenlose Bücher