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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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und lässt selbst eine Karte aufdecken.«
    »Wie hoch ist dieser Einsatz?«, fragte der Maler dazwischen.
    »Das hängt davon ab, wie viel für die Bank bezahlt wurde und wie viele Einsätze bis zum Ende der Partie zusammengekommen sind. In Wahrheit weiß niemand, weder der Bankhalter noch seine Herausforderer, wie viel er gesetzt hat, bis die Runde vorbei ist. Das ist, wenn Ihr gestattet, ein weiterer Geniestreich. Wie Ihr selbst bemerkt habt, gehören die Spieler fast sämtlich dem Hochadel an und besitzen ungeheure Vermögen. Dass sie nicht wissen, auf welche Summe sich ihr Einsatz beläuft oder wie viel sie zum Schluss gewonnen oder verloren haben werden, macht den eigentlichen Kitzel des Spiels aus. Also, wie ich bereits sagte, der erste Herausforderer lässt eine Karte aufdecken. Ist diese höher als die der Bank, bleibt er im Spiel, ist sie niedriger, scheidet er aus. Er kann nur wieder ins Spiel kommen, indem er den vorhergehenden Einsatz vervierfacht. Der Bankhalter deckt eine zweite Karte auf, um auch anderen die Möglichkeit zu geben, bei der Partie mitzumischen, ein zweiter Herausforderer spielt seine Karte und so weiter, bis das Uhrwerk des Phönix abgelaufen ist, er seine Flamme ausstößt und das Spiel beendet.«
    »Mir ist da wohl etwas entgangen, ich habe nicht die Bohne verstanden…«
    »Es ist wirklich nicht ganz unkompliziert, obwohl es sich im Grunde um nichts anderes als eine raffinierte Version des alten Spiels um die höchste Karte handelt. Wie dem auch sei, ich denke, der Großmeister wird Euch das erschöpfender erklären können. Seht, er hat uns entdeckt.«
    Sie gingen durch die sich zerstreuenden Spieler und gelangten zum Unterbau des Halbrunds, wo sie um den Spieltisch herum auf Melchiorri zustrebten, der sich liebenswürdig mit einigen Nachzüglern unterhielt. Erst da bemerkte Fulminacci einen zweiten Tisch an der Seite des Saals, hinter dem zwei Männer große Summen von klingenden Münzen zählten. Vor dem Tisch drängten sich etwa ein Dutzend Bedienstete, von denen jeder die Livree einer der großen römischen Adelsfamilien trug. Offensichtlich hatten die Spielteilnehmer ihre Leibdiener losgeschickt, um die Gewinne einzustreichen oder Verluste zu begleichen. Das wunderte den Maler nicht weiter, denn es wurde allgemein als vulgär angesehen, wenn adelige Damen und Herren sich in der Öffentlichkeit die Hände an Geld schmutzig machten. Somit entsprach es durchaus den Gepflogenheiten, dass jeder von ihnen sein Faktotum dabei hatte, das sich um die finanzielle Seite des Pläsiers kümmerte.
    Der Großmeister hatte derweil die Unterhaltung mit seinen Bewunderern beendet und kam ihnen mit breitem Lächeln entgegen.
    »Giovanni, wie schön, dich so bald wiederzusehen! Es freut mich, dass Jacopo es übernommen hat, dich zu meinem kleinen Vergnügungsort zu bringen. Ich hoffe, das Spiel hat dein Interesse gefunden.«
    »Um ehrlich zu sein«, antwortete der Maler, »habe ich die vertrackten Regeln nicht ganz durchschaut. Aber das ist jetzt nicht wichtig. Ich brauche deine Hilfe.«
    »Ich stehe ganz zu deiner Verfügung. Sag mir, was ich für dich tun kann.«
    Fulminacci sah sich um und stellte fest, dass immer noch mehrere Leute in der Nähe herumstanden und angeregt miteinander plauderten.
    »Können wir uns an einem ruhigeren Ort unterhalten? Es geht um etwas Vertrauliches…«
    »Natürlich. Gehen wir in mein ›Büro‹, wie ich es nenne.«
    Melchiorri schritt ihnen zum anderen Ende des Saals voraus, wo er sie durch ein Portal aus rosa Marmor hindurch in einen kleineren Raum führte, dessen Wände mit Mosaiken geschmückt waren. Die Motive dieser Mosaiken riefen in Fulminacci eine Mischung aus Bewunderung und Verlegenheit hervor. In einer idyllischen Waldlandschaft tummelten sich Satyrn und Waldnymphen, mit eindeutig erotischen Aktivitäten beschäftigt, deren Fantasiereichtum und Vielfalt er mit offenem Mund bestaunte. Sosehr ihn die kunstvoll ausgeführten Szenen beeindruckten, verstörten sie ihn doch auch nicht wenig, denn diese sexuellen Spielarten hatte er noch nie in Erwägung gezogen, noch nicht einmal in seinen schlüpfrigsten Jugendträumen.
    »Wie ich sehe, verfehlt die Ausschmückung meines Büros ihre Wirkung nicht. Starker Tobak, was? Tja, der gute Aurelian war nicht nur ein großer Soldat, sondern auch ein Mann der Sinnesfreuden. Wir befinden uns hier in einer calidarium genannten Vorhalle, ein Ort, der nicht gerade dazu geeignet war, erhitzte Gemüter abzukühlen, wenn du

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