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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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Zornesausbrüche zum Opfer zu fallen.
    Ludovico war ein typischer Vertreter des römischen Adels: gut aussehend, geistreich, unverschämt, geschickt und völlig skrupellos. Mord, Verrat, Verführung – ihm war alles recht, solange er einen persönlichen Vorteil daraus ziehen konnte.
    Genau der Mann, den der Großmeister brauchte.
    Kaum hatte er ihn entdeckt, setzte er sein weltmännischstes Lächeln auf und ging auf die Dreiergruppe zu. Der Adelige erzählte gerade irgendeine – gewiss schlüpfrige – Geschichte, während seine beiden Begleiterinnen dazu kicherten, sich die kleinen, behandschuhten Händchen vor den Mund hielten und spitze, ekstatische Schreie ausstießen, wenn die Erzählung besonders spannend oder skandalös wurde.
    Wahrscheinlich handelte es sich um die Töchter eines reichen Kaufmanns, hübsch anzusehen und wie Prinzessinnen gekleidet, aber nur Stroh im Kopf. Man sah, dass die beiden Dämchen vor Aufregung fast vergingen, weil sie an dieser Versammlung von Fürsten, Herzögen, Marchesi, Kardinälen und anderen hohen Herren und Damen teilnehmen durften. Der schöne Graf Ludovico hingegen ließ sich kaum je die Gelegenheit entgehen, solch leichte, unerfahrene Beute mit seiner lüsternen Schmeichelei zu umgarnen. Meistens wanderten diese Mädchen, die im Kloster erzogen worden waren, direkt vom Beichtstuhl in Santinellis Schlafgemach. Diese beiden, sagte sich Melchiorri, würden dabei keine Ausnahme bilden. Immerhin konnte ihre Anwesenheit hilfreich sein, um den schönen Tunichtgut dazu zu bringen, die Aufgabe zu übernehmen, die er ihm zugedacht hatte.
    Santinelli stellte den Großmeister bereitwillig seinen jungen Zuhörerinnen vor, denn ein gutes Verhältnis zu einem der engsten Berater der Königin strich auch seine besondere Stellung bei Hofe zusätzlich heraus.
    Melchiorri, ganz Kavalier, verbeugte sich, küsste den Damen die Hand und erging sich in Komplimenten über ihren Liebreiz und die Eleganz ihrer Roben.
    »Bitte erzählt weiter, Ludovico«, sagte eine der beiden, als das Ritual des Vorstellens sich erschöpft hatte. »Beendet Eure Geschichte, sie war ja so mitreißend!«
    Santinelli, als der große Hurensohn, der er war, zierte sich zunächst und legte eine Zurückhaltung und Bescheidenheit an den Tag, die er im Leben noch nicht besessen hatte. Sein Spiel war leicht zu durchschauen, und Melchiorri zögerte nicht, ihm Vorschub zu leisten.
    »Nur zu, Ludovico«, mischte er sich ein, »seid nicht so schüchtern. Achtet nicht weiter auf mich und erzählt weiter. Ich leiste diesen beiden bezaubernden jungen Damen hier gern beim Zuhören Gesellschaft.«
    Santinelli ließ sich noch ein wenig bitten und nahm die Erzählung dann genau an der Stelle wieder auf, wo er sie unterbrochen hatte.
    Wie Melchiorri es sich gedacht hatte, war es ein Anekdötchen aus fünfter Hand, das einen ellenlangen Bart hatte. Ludovico war ein guter Erzähler, aber Erfindungsreichtum war nicht gerade seine Stärke.
    Der Großmeister kannte die freizügige Novelle in- und auswendig, zumal er eine ganz ähnliche im Cunto de li Cunti gelesen hatte, einem reizenden Buch des Neapolitaners Giovan Battista Basile.
    Santinelli jedoch gab sie als eigene Erfahrung aus und machte sich, wie nicht anders zu erwarten, zur unbestrittenen Hauptfigur. Schließlich gelangte die Geschichte unter dem gespielt schockierten Gekicher der beiden Dämchen zu ihrer Pointe, worauf Santinelli, der sich nicht damit zufriedengab, sie erfolgreich kolportiert zu haben, sich in Erklärungen zu den verwickelteren Stellen und den Beweggründen der handelnden Personen erging.
    »Ach Gott«, hauchte die Hübschere der beiden, während ihr Busen sich atemlos vor Lachen hob und senkte, »wie konntet Ihr diesem armen Mönch nur solch einen gemeinen Streich spielen? Ihr seid wirklich ein unverbesserlicher Scherzbold!«
    »Aber hatte er ihn nicht verdient?«, entgegnete Ludovico übertrieben empört. »Was wäre aus mir geworden, wenn er wirklich mit der Mutter Oberin gesprochen hätte? Ich würde in den finsteren Kerkern der Inquisition schmachten und nur noch darauf warten, dass mein grausames Schicksal sich erfüllt. Denkt einmal daran, Signorine!«
    Das war Melchiorris Stichwort.
    »Ja, Ihr seid noch jung und unberührt von den Schrecken dieser Welt«, ergriff er die Gelegenheit beim Schopf. »Ihr könnt Euch den Abgrund an Schmerz und Verzweiflung, den die Kerker des Heiligen Offiziums verkörpern, nicht einmal vorstellen! Aber unser Graf hier ist ein

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