Das Blut des Skorpions
Ordnung in den Wust, um die Kleidungsstücke, die er brauchte, herauszufischen. All das wurde vom Spott seiner Kollegen begleitet, die sich über seine Unbeholfenheit lustig machten und darauf anspielten, dass ihm ein solches Missgeschick nicht zum ersten Mal passierte.
Als der letzte Schauspieler das Zelt verlassen hatte, war der arme Komödiant immer noch dabei, Ordnung zu schaffen, was durch die Eile und Hektik nicht eben erleichtert wurde.
Auf diesen Moment hatte der Skorpion gewartet. Er verließ sein Versteck und schlich auf die gebückte Gestalt zu.
Als er nahe genug heran war, versetzte er dem Unglücksraben mit dem Schwertgriff einen festen Schlag in den Nacken. Der Mann brach sofort zusammen.
Nachdem er sein Opfer gefesselt und geknebelt hatte, zog der Skorpion es zu dem Schrankkoffer, warf es hinein und klappte den Deckel zu.
Dann kehrte er in sein Versteck zurück und zog die zum Wechseln vorgesehenen Kleider des Schauspielers an, die er vor dem Umkippen der Kiste herausgenommen hatte.
Er hatte nicht viel Zeit gehabt, um sich die Verkleidung von Capitan Spingarda anzusehen, aber es war inzwischen richtig dunkel, und im flackernden Schein der Fackeln würden die kleinen Fehler, die ihm bestimmt unterliefen, nicht auffallen.
Schnell legte er den weiten Rock mit den Schnürverschlüssen an und befestigte sorgfältig die Polsterung, die den dicken Bauch nachahmen sollte.
Mithilfe eines kleinen Spiegels begann er sich anschließend das Gesicht zu pudern. Da es schmaler und hagerer war als das des Schauspielers, stopfte er sich zusätzlich zwei Wattebäusche in die Wangen.
Schließlich malte er noch zwei rote Bäckchen an die Stellen, wo sich die Wattepolster befanden.
Er betrachtete sich kurz im Spiegel und fand das Ergebnis passabel.
Den Rest würde die Maske erledigen.
Vorsichtig setzte er die Larve aus Pappmaschee auf und sorgte dafür, dass sie unverrückbar über der oberen Gesichtshälfte saß. Der große Federhut war ihm ein wenig zu weit, was er dadurch behob, dass er sich einen Stoffstreifen um den Kopf wickelte. Nun war er bereit zuzuschlagen.
Das Gespräch zwischen dem Großmeister und Zane dauerte nicht lange, was dadurch begünstigt wurde, dass der Slawe stumm war und bloß nickte, wenn er die Ausführungen des Gefährten verstand, beziehungsweise eine fragende Miene machte, wenn ihm irgendwelche Teile unklar vorkamen. Doch ob stumm oder nicht, der blonde Riese erwies sich als aufgeweckt genug, um sofort zu begreifen, was Melchiorri von ihm verlangte. Mit einem letzten zustimmenden Nicken ging Zane hinaus und traf seine Vorbereitungen.
Auch der Großmeister verließ seinen Pavillon, um sich wieder ins Festgetümmel zu stürzen.
Es galt noch, eine letzte, heikle Einzelheit in die Wege zu leiten, bei der man ausgesprochen geschickt vorgehen musste, aber er hatte bereits eine genaue Vorstellung davon, wie er es anstellen wollte.
Als er auf den Platz vor dem Palazzo zurückkam, war die Commedia dell’Arte gerade zu Ende, und die Zuschauer zerstreuten sich. Alle schienen sich über die Narreteien der Komödianten köstlich amüsiert zu haben und neugierig darauf zu sein, was die Königin sich noch zu ihrer Unterhaltung ausgedacht hatte.
Der Großmeister schlenderte eine Weile durch die Menge und hielt nach einer bestimmten Person Ausschau, die er zur Durchführung des ersten und vielleicht schwierigsten Teils seines Plans für besonders geeignet hielt.
Ludovico Santinelli stand nonchalant an eine Steinbalustrade gelehnt und unterhielt zwei junge Damen mit seiner amüsanten Konversation. Gemeinsam mit seinem Bruder Francesco war er – höchstwahrscheinlich auf Empfehlung des allgegenwärtigen Kardinals Azzolini – in den Dienst der schwedischen Königin getreten, als diese sich in Rom niedergelassen hatte.
Francesco hatte vor kurzem aufgrund einer nicht näher benannten Auseinandersetzung mit der Königin den Hof verlassen müssen, doch Ludovico hütete sich, dem Beispiel seines Bruders zu folgen, und stand nach wie vor in Christines Diensten, stets bereit, die weniger sauberen Aufträge für sie auszuführen.
Graf Ludovico Santinelli war es auch, so erzählte man sich, der vor fast zehn Jahren den Marchese Monaldeschi hingerichtet hatte, weil dieser des Verrats an der Königin beschuldigt worden war. Christine selbst hatte über diesen undurchsichtigen Vorfall einen Mantel des Schweigens gebreitet, den niemand zu lüften wagte, aus Furcht, einem ihrer berüchtigten
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