Das Blut des Skorpions
Mann von Welt, der sich mit Gefahren auskennt und gut daran getan hat, sich einem so furchtbaren und ungerechten Los zu entziehen. Nicht wahr, Ludovico?«
»Aber gewiss«, antwortete Santinelli, dankbar, dass der Großmeister ihm eine neue Gelegenheit verschaffte, sich vor den Opfern seiner Verführungskünste zu brüsten. »Zwei zarte Täubchen wie Ihr wissen zum Glück nichts von dem Unheil, das dort geschieht.«
»Apropos Inquisition«, warf Melchiorri ein, »Ihr werdet sicher auch bemerkt haben, dass unsere Königin sich heute Abend an der Anwesenheit eines unerwarteten Gastes erfreuen kann.«
Santinelli verzog seinen wohlgeformten Mund zu einer angewiderten Grimasse.
»Ich hätte es lieber nicht bemerkt, das könnt Ihr mir glauben«, antwortete er. »Die Kutte der Dominikaner schafft es jedes Mal, mir die Laune zu verderben. Und die von Bernardo Muti lässt mir buchstäblich das Blut zu Kopf steigen. Die Art, wie er von der Kanzel gegen unsere geliebte Königin hetzt, stellt eine Beleidigung dar, für die er früher oder später bezahlen muss.«
»Ich bin ganz Eurer Meinung, Ludovico, doch wie es scheint, ist in Rom leider niemand in der Lage, sich gegen den Fanatismus dieses wahnsinnigen Predigers zu erheben. Und das Ansehen unserer geliebten Christine wird unvermeidlich Schaden leiden.«
»Aber so kann es nicht weitergehen! Das Maß ist voll!«
»Zweifellos verdient Muti es, in die Schranken gewiesen zu werden. Aber wer hätte je den Mut, sich gegen das Oberhaupt des Heiligen Offiziums zu stellen?«
»Ich!«, rief der Graf, den seine Prahlerei zum Übermut verleitete. »Zwar weiß ich noch nicht, auf welche Weise, aber ich schwöre Euch, dass ich die Ehre unserer Königin verteidigen und diesem unverschämten Kerl eine Lektion erteilen werde, die er nicht mehr vergisst, so wahr ich Ludovico Santinelli heiße!«
»Genau, mein guter Ludovico, die Frage ist, wie? Ehrlich gesagt, ich hätte da schon eine Idee, aber ich weiß nicht, ob ich es wagen soll…«
»Sprecht, Meister! Und betrachtet sie als ausgeführt!«
»Nun ja, wenn Ihr… Aber nein, das ist verrückt. Ich bereue es, es erwähnt zu haben. Bitte tut so, als hätte ich nie den Mund aufgemacht.«
»Sprecht, sage ich, sonst betrachte ich Eure Weigerung als persönliche Beleidigung!«
»Es ist eine riskante Sache…«
»Ich liebe das Risiko!«
»Wirklich gefährlich…«
»Die Gefahr ist meine Geliebte!«
»Wenn Ihr darauf besteht…«
»Ich bestehe darauf!«
KAPITEL LXI
Selbstverständlich ist es komplizierter, einen Klang wie beim melismatischen Gesang zu erzeugen. Zu diesem Zweck entwerfe ich gerade eine Reihe von Membranen verschiedener Durchmesser, um sie in die Orgelpfeifen einzufügen. Der Luftstrom in den Pfeifen wird von einem System aus mehreren Ventilen reguliert, das für die typischen Tonsprünge sorgen soll. Doch obwohl es sich nur um ein einfaches mechanisches Problem handelt, ist es mir noch nicht gelungen, ein Verfahren zu entwickeln, das auf eine gebräuchliche Orgeltastatur angewendet werden kann, und ich habe mich gefragt, ob Ihr mit Eurer Erfahrung vielleicht einen Vorschlag hättet…«
Jeder Versuch, Pater Kircher aufzumuntern, war zuvor fehlgeschlagen. Sowohl Beatrice als auch der unbeholfenere Maler hatten sich bemüht, den betrübten Jesuiten in eine gefällige Plauderei zu verwickeln, doch das Resultat war so entmutigend gewesen, dass sie es bald wieder aufgegeben hatten.
Das darauf folgende Schweigen hatte die Verlegenheit bei allen dreien nur noch vergrößert.
Zum Glück hatte das Erscheinen von Maestro Fabrizio Fontana, dem Organisten von Sankt Peter, sie aus dieser unerquicklichen Lage befreit, da Pater Kircher sich sogleich mit ihm in ein ebenso reges wie unverständliches Gespräch über irgendwelche instrumententechnischen Probleme vertieft hatte.
Fulminacci verstand ungefähr jedes fünfte Wort, doch er meinte herauszuhören, dass es um eine der jüngsten Erfindungen des umtriebigen Jesuiten ging, einen Apparat, mit dem man die menschliche Stimme nachahmen konnte.
»Ja, das könnte funktionieren«, antwortete Kircher gerade auf eine Anregung des gelehrten Organisten, »auch wenn ich befürchte, dass dadurch die Luftmenge, die in die Pfeifen geblasen wird, eventuell nicht ausreicht. Wie Ihr sicher wisst, haben die neuesten Forschungen des großen Otto von Guericke gezeigt, dass der Klang sich nicht im Vakuum ausbreitet und die Kraft des Ausstoßes direkt proportional zur Dichte der Luft ist.
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