Das Blut des Skorpions
sah, »wir haben ihn gefasst! Mon Dieu, wir haben ihn!«
Der Sergeant, Caporal Renard und der Musketier Pecuchet hielten einen Mann mit einer grimmigen Maske, die sein Gesicht ganz bedeckte, an den Armen gepackt.
»Wir haben ihn, Capitaine«, wiederholte Bruyère. »Der Skorpion ist in unseren Händen!«
Der Mann versuchte sich zu befreien, doch der eiserne Griff der Musketiere ließ ihm keine Chance, sodass er nur ein wenig zappeln konnte.
»Gut gemacht, Bruyère!«, lobte de la Fleur. »Haltet ihn gut fest, ich will dem berühmten Meuchelmörder ins Gesicht sehen.«
Der Sergeant griff nach der Maske und riss sie dem Gefangenen grob herunter.
»Teufel, das ist er nicht!«, rief de la Fleur, und der Maler pflichtete ihm mit kurzer Verzögerung bei. »Das ist nicht der Skorpion!«
Die drei Musketiere sahen sich verdutzt an und lockerten sogar ihren Griff um die Arme des Gefangenen, der sich mit einem Ruck befreite.
»Wollt Ihr mir vielleicht mal erklären, was das soll?«, rief er empört. »Wie könnt Ihr es wagen, einen Gast der Königin so zu behandeln? Was ist denn das für ein Benehmen? Ich werde mich an höchster Stelle beschweren, ich verlange Wiedergutmachung für diesen Übergriff!«
»Bruyère, würdest du mir erklären, was hier vorgefallen ist?«, fragte de la Fleur in eisigem Ton.
»Ganz recht«, fiel der Unbekannte mit ein, »würdet Ihr mir bitte erklären, wieso ich angegriffen werde, wenn ich einen kleinen Mondscheinspaziergang mache?«
»Ich… Ich verstehe das nicht, Capitaine… er… wir… Also, wir dachten, dass er der Skorpion ist… Seid Ihr sicher, dass er es nicht ist?«
»Natürlich bin ich sicher, bei allen Heiligen des Paradieses! Erst vor zwei Tagen habe ich ihm von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden. Dieser Mann sieht ihm noch nicht einmal ähnlich!«
»Bleibt die Tatsache«, erwiderte Bruyère, der allmählich seine Selbstsicherheit zurückgewann, »dass er sich heimlich in den Saal eingeschlichen und den armen Battiston niedergeschlagen hat. Wenn er nicht der Skorpion ist, dann auf jeden Fall sein Komplize! Wir haben ihn verfolgt, ohne ihn aus den Augen zu verlieren. Jemand, der unschuldig ist, flüchtet doch nicht durch den halben Park!«
De la Fleurs Blick wanderte von dem hochroten Gesicht seines Sergeanten zu dem verächtlichen des Unbekannten.
»Signore, ich denke, Ihr schuldet uns eine Erklärung. Wie rechtfertigt Ihr Euer Verhalten?«
»Oh nein, so nicht, nicht mit mir! Wenn hier jemand eine Erklärung verlangen kann, dann bin ich das!«, antwortete der Mann. »Vor allem weist Euch erst einmal aus.«
»Wie Ihr wollt: Ich bin Capitaine de la Fleur von den Musketieren des Königs von Frankreich, verantwortlich für die Überwachung des Palazzo Riario. Und wer seid Ihr, bitte schön?«
»Ihr habt die Ehre, mit Bernardino della Spina zu sprechen, Marchese di Grottaferrata. Wie ich bereits sagte, habe ich einen Spaziergang im Park gemacht, um meinen Kopf ein wenig vom Dunst des Weins zu lüften, als ich von diesen… diesen Barbaren hier angegriffen wurde. Aus Furcht, dass sie mir an die Geldbörse oder gar ans Leben wollten, habe ich die Flucht ergriffen, bis sie mich festhielten und misshandelten. Ich erwarte eine formelle Entschuldigung, Signore, andernfalls müsst Ihr Euch für die Untaten Eurer Männer auf dem Feld der Ehre verantworten!«
De la Fleur seufzte und sank unmerklich ein Stück in sich zusammen.
»Wie hat sich das Ganze abgespielt, Bruyère? Ich möchte einen genauen Bericht!«
»Ich habe befehlsgemäß im Saal Wache gehalten, Capitaine, als ich plötzlich einen Schlag hörte. Weil ich dachte, dass einer der Männer eingeschlafen sei, bin ich in den Vorraum gegangen und habe den armen Battiston bewusstlos angetroffen. Er hatte eine dicke Prellung im Nacken. Ich habe dann Renard gerufen, und wir haben den Raum durchsucht, um den Schuldigen zu finden. Plötzlich haben wir eine Bewegung bemerkt und sind mit gezückten Schwertern darauf zugestürzt, aber es war nur ein flatternder Stofffetzen an einer Lampe. Wir hatten uns aufgeteilt, um den Saal besser absuchen zu können, und in dem Moment ruft mich Renard laut von seiner Seite. Ich laufe hin und sehe, wie er und Pecuchet einen Mann verfolgen, der einen dunklen Umhang trägt wie dieser Monsieur hier. Marchand und ich schließen uns der Verfolgung an, aber der Flüchtige gelangt zum Ausgang und läuft davon wie ein Hase. Zuerst hält er auf das Fest zu, dann zwängt er sich durch die
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