Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
Vom Netzwerk:
entledigt und konnte ihm zu Hilfe eilen. Unterstützt von dem Riesen begann Fulminacci erneut auf den falschen Bettler loszugehen. Der ließ sich jedoch nicht einschüchtern und wich lediglich bis in die schmale Gasse hinter ihm zurück.
    Dort, zwischen den engen Mauern, waren die langen Waffen nicht so wirkungsvoll einsetzbar, während das kurze Schwert des Gegners weiterhin blitzschnelle, gefährliche Kurven beschrieb.
    Fulminacci und sein Verbündeter behinderten sich gegenseitig bei dem Versuch, einen entscheidenden Hieb anzubringen, aber es konnte auch keiner von beiden einen Schritt zurücktreten und dem anderen den Kampf überlassen, da der Mörder zu gefährlich war, um es allein mit ihm aufzunehmen.
    Diese ausweglose Situation erlaubte es ihm, eine Reihe von plötzlichen Ausfällen zu unternehmen, auf die ein Gewitter von Schwerthieben folgte, weshalb die beiden gezwungen waren, einige Meter zurückzuweichen, um sich in Sicherheit zu bringen. Es war kein großer Vorsprung, den der Kerl erzielt hatte, aber er reichte aus, dass er sich umdrehen und mit einer Wendigkeit und Schnelligkeit flüchten konnte, die man einem Mann in seinem Alter nicht zugetraut hätte.
    Seine jähe, im rechten Augenblick ausgeführte Bewegung überrumpelte die beiden Kampfgenossen, die so den entscheidenden Moment verpassten, um die Verfolgung aufzunehmen.
    In diesen wenigen Sekunden der Verwirrung legte sich eine fast vollkommene Stille über die eben noch von ohrenbetäubendem Waffengeklirr erfüllte Gasse. Nur der keuchende Atem der Kämpfer und die sich entfernenden Schritte des Meuchelmörders waren zu hören. In der plötzlichen Ruhe vernahmen Fulminacci und sein Kamerad ein schnell näher kommendes dumpfes Klappern und Stampfen, das nur eines bedeuten konnte: Die Wachen, die gerade ihre Runde drehten, waren von einem gewissenhaften Bürger alarmiert worden und liefen zum Ort des Kampfgeschehens. Die beiden Männer verständigten sich mit einem Blick, der besagte, dass es unklug wäre, sich auf einem Platz, auf dem die Leichen vierer niedergestochener Männer lagen, antreffen zu lassen.
    Der stumme Riese packte den Maler am Arm und zerrte ihn durch die Gasse bis zu einer kleinen Tür, vor der er einen Schlüssel aus der Tasche holte. Mit gemessenen Bewegungen, ohne jede Hast, schloss er auf und bedeutete Fulminacci einzutreten. Dann folgte er ihm in das dunkle Innere, wobei er den Kopf unter den niedrigen Stützbalken beugen musste, und zog ihn zu einer Treppe, die unter die Erde führte, allerdings nicht ohne vorher wieder sorgfältig abgeschlossen zu haben.
    Die beiden stiegen die engen, steilen Stufen hinab, bis sie in einen feuchten und vermutlich großen Raum gelangten, wenigstens dem Echo ihrer Schritte nach zu urteilen, das wie in einer Höhle hallte. Die Dunkelheit war undurchdringlich, aber der Riese schien den Weg im Schlaf zu kennen und führte Fulminacci durch den Keller bis zu einem Gang, wo er aus einer Nische, die nur er erkennen konnte, eine Fackel holte und rasch anzündete.
    In dem flackernden Licht konnte der Maler seinen schweigsamen Retter zum ersten Mal richtig betrachten. Er war wirklich riesig, fast sieben Fuß hoch, und hatte breite, eckige Schultern und muskulöse Arme. Seine kurz geschnittenen Haare, die so blond waren, dass sie fast weiß wirkten, umrahmten ein langes, schmales Gesicht mit einer geraden Nase und einem kräftigen Kinn, auf dem ein weicher Flaum, kaum dunkler als die Haupthaare, wuchs.
    Die Augen waren von einem kühlen, durchdringenden Blau, während die schweren, stark ausgeprägten Lider seinem Gesicht etwas Träges, beinahe Träumerisches gaben. Insgesamt gesehen hätte man sein Aussehen geradezu als angenehm bezeichnen können, wenn nicht eine lange Narbe die gesamte rechte Gesichtshälfte entstellt hätte, indem sie die regelmäßigen Züge verzerrte und die Oberlippe zu einer grausamen Grimasse verzog.
    In der kurzen Zeit, die der Riese gebraucht hatte, um die Fackel zu finden und anzuzünden, war Fulminacci wieder ein wenig zu Atem gekommen und hatte sich den Schweiß von der Stirn gewischt. Doch als er nun ein paar Worte an seinen Retter richten wollte, legte der ihm mit erstaunlich sanfter Geste die Hand auf den Mund und bedeutete ihm mit einem Kopfschütteln, dass sie ganz still sein mussten.
    Sie setzten ihren Weg durch enge unterirdische Gänge fort, die vor Feuchtigkeit troffen. Die Ziegelsteine des Gewölbes waren mit Salpeter, Schimmel und rostfarbenen Flechten

Weitere Kostenlose Bücher