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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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Porträts für neureiche Bürgerfamilien, während ich versuchte, an einen größeren Auftrag von der Kirche heranzukommen. Um ehrlich zu sein, ging es mir nicht besonders gut. Wir begegneten uns in einer Osteria im Kanalviertel Navigli, wo ich wie so oft mein bisschen Geld beim Würfeln und Kartenspielen durchbrachte. Ich merkte erst, dass er ein Falschspieler war, als er mich bis aufs Hemd ausgezogen hatte. Glaubt mir, er war höllisch raffiniert. Als wir uns an den Tisch setzten, haben meine Mitspieler und ich ihn für einen unbedarften Kaufmann mit vollem Geldbeutel gehalten. Also ein Huhn, das man rupfen konnte, wie es uns das Glück manchmal bescherte. Während des ganzen Spiels hielt er die Rolle des Einfaltspinsels durch, lachte, wenn er ein gutes Blatt hatte, schaute betrübt drein, wenn er schlechte Karten bekam, jubelte, wenn er gewann, und fluchte, wenn er verlor. Kurzum, er benahm sich wie ein unerfahrener Neuling. Dabei gewann er haushoch – wir konnten es nicht glauben, dass ein solcher Tölpel so ein unverschämtes Glück hatte. Von wegen Glück, von wegen Tölpel! Er brauchte nur eine knappe Stunde, um uns allen die Taschen zu leeren.
    Als die letzte Partie zu Ende war, löste sich die Runde auf, aber er blieb am Tisch sitzen und lud mich ein, mit ihm zu trinken. Aus irgendeinem Grund mochte er mich anscheinend.
    Wir tranken ziemlich viel, und als wir uns angefreundet hatten, erklärte er mir haarklein, wie er uns ausgenommen hatte. Er holte einen Stoß Karten aus der Tasche und zeigte mir Tricks, bei denen sich mir der Kopf drehte. Die Asse kamen und verschwanden wie durch Zauber, es war nicht zu fassen!
    In den Tagen darauf trafen wir uns wieder und ließen es uns richtig gut gehen. Wir waren Freunde geworden.
    Er hatte immer einen vollen Geldbeutel und ließ es an nichts fehlen, was gut und teuer war. Dabei verstand ich nach wie vor nicht, woher seine Wohlhabenheit kam.
    Melchiorri führte mich in gesellschaftliche Kreise ein, zu denen ich sonst nie Zugang gehabt hätte. Gute Tavernen, Luxusbordelle, Spieltische, über die schwindelerregende Summen gingen.
    Damals nannte er sich Arduino Ponzani, aber ich weiß bis heute nicht, ob das sein richtiger Name ist.
    Er hatte in Padua studiert, war Arzt, aber auch Alchimist und Astrologe. Abends dazu Falschspieler. Und noch vieles mehr.
    Wir verkehrten in den Häusern der reichen bürgerlichen Kaufleute der Stadt; in seiner Gesellschaft ging ich in den Adelspalästen ein und aus, als wäre ich dort zu Hause.
    So trieben wir es ein paar Monate, und ihr könnt mir glauben, in dieser Zeit ging es mir so gut wie selten. Dank seiner Verbindungen bekam ich lohnende Aufträge, verkaufte Bilder an die teuersten Galerien und wurde mit Leuten bekannt gemacht, die mir zu meinem Glück hätten verhelfen können.
    Dann, ganz ohne Vorwarnung, passierte das Malheur.
    Ich weiß über die Einzelheiten der Affäre damals nicht Bescheid und habe nur mitbekommen, dass es um irgendwelche landwirtschaftlichen Güter ging, Einnahmequellen aus einem Alleinerbe, so etwas in der Art. Jedenfalls war der Abt der Kartause von Pavia darin verwickelt, denn er zeigte meinen Freund am Ende bei der Obrigkeit an.
    Ponzani konnte den Schergen um Haaresbreite entkommen.
    Ich brachte ihn für ein paar Tage im Haus einer alten Tante von mir in Pavia unter. Doch er musste sich wirklich ein dickes Ding geleistet haben, denn wir hörten, dass er landauf, landab gesucht wurde, und obwohl sein Versteck ziemlich sicher war, hätten sie ihn früher oder später geschnappt. Also entschied mein Freund, dass es Zeit für eine Luftveränderung sei, und plante, sich ins Herzogtum Parma und Piacenza abzusetzen, bis die Wogen sich geglättet hätten.
    Kurz vor seiner Abreise, in einer stürmischen Nacht, fragte ich ihn, warum er diesen Streich gewagt hätte, den er doch eigentlich nicht nötig hatte. Er war ein gefragter Arzt mit einem wohlhabenden Patientenstamm, und seine anderen Aktivitäten verschafften ihm ein Zusatzeinkommen.
    ›Wegen des Abenteuers, Giovanni, nur wegen des Abenteuers‹, hat er geantwortet, als er sein Pferd bestieg. ›Was wäre das für ein Leben ohne das Prickeln des Abenteuers?‹
    Er hat mir noch ein paarmal geschrieben in den folgenden Jahren, dann habe ich den Kontakt zu ihm verloren, auch weil ich inzwischen nach Rom gegangen war. Erst heute Abend habe ich ihn wiedergesehen, in einem kleinen Nebenraum des Theaters.
    In der Kutsche hat er mir erzählt, dass er sich hier und

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