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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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überlebte, wenn auch übel zugerichtet. Das schnelle Dahinscheiden seiner beiden Kumpane ermöglichte es den Soldaten, ihn einzukreisen und zu überwältigen. Er wurde gegen die Wand gedrängt, von mehreren Händen gepackt, entwaffnet und die Treppe heruntergezerrt.
    Der Mann wehrte sich immer noch schwach, wurde aber sogleich mit einem festen Strick umwickelt. Sie drückten ihn auf einen Schemel nieder, an den er mit weiteren Seilschlingen gefesselt wurde, bis er sich nicht mehr bewegen konnte.
    De la Fleur ging zu dem Gefangenen, der den Kopf gesenkt hielt, und hob sein Kinn an, um ihm in die Augen sehen zu können. Er begegnete einem ausdruckslosen Blick ohne Furcht, obwohl ein Schnitt an der rechten Schulter und eine klaffende Wunde an der linken Hüfte ihm große Schmerzen bereiten mussten.
    Der Offizier erkannte, dass er es mit einem zähen Knochen zu tun hatte, einem hartgesottenen Berufsmörder.
    Aber auch er verstand sein Handwerk. Dieser Mann, der jetzt noch glaubte, jede Qual ertragen zu können, würde früher oder später reden, daran bestand kein Zweifel. Die Frage war nur, wie lange es dauerte.
    Denn Zeit war der entscheidende Faktor bei diesem Einsatz.
    Kerle wie dieser hielten es für eine Frage der Ehre, so lange wie möglich durchzuhalten, auch wenn es geradezu lächerlich schien, bei ihnen von Ehre zu reden. Aber de la Fleur wusste aus Erfahrung, dass auch Verbrecher ihren Ehrenkodex hatten, so verdreht und sonderbar er sein mochte.
    Dennoch mussten sie es versuchen.
    In der Zwischenzeit hatte sich der Schankraum mit Neugierigen gefüllt, wie immer in dieser Stadt voller Schnüffler. Neben den Besitzern des Lokals drängten sich Schankmägde, Nachbarn, fliegende Händler und Kinder in dem großen Raum und versuchten, den Kordon der Soldaten um den Gefangenen zu durchbrechen.
    Ehe er mit dem Verhör begann, ließ der Capitaine den Saal räumen, natürlich unter lautstarkem Geschimpfe und Protest. Die Musketiere gingen zurückhaltend beim Hinausbefördern der Leute vor, vor allem, weil Frauen und Kinder dabei waren, aber die Italiener wirkten tatkräftig mit und hatten keinerlei Skrupel, grob zuzupacken.
    Derweil hatten vier weitere Musketiere die Leichen der beiden getöteten Mörder hinuntergeschafft und warfen sie nun dem Gefangenen vor die Füße.
    Der Mann sah sie gleichgültig an und zeigte keine Gefühlsregung, wenn ihm auch ein paar Schweißtropfen auf die Stirn traten.
    Um gleich seine Absicht deutlich zu machen, schlug de la Fleur den Gefangenen mit der behandschuhten Rechten ins Gesicht, sodass seine Unterlippe aufplatzte und stark blutete. Der Mann reagierte, indem er versuchte, sich aus seinen Fesseln zu winden, doch die Folge war nur eine neue Züchtigung durch den Sergeanten hinter ihm. Ein Tritt traf ihn in die Seite, wo er bereits verwundet war, und ließ ihn vor Schmerz aufjaulen.
    De la Fleur mochte diese Methoden nicht, weil er sie eines Soldaten unwürdig fand, der bestrebt sein sollte, sich sowohl seinen Waffenkameraden als auch den Feinden gegenüber ehrenhaft zu benehmen. In diesem Fall jedoch musste er seine Bedenken beiseiteschieben und den Zweck die Mittel heiligen lassen.
    Er schlug den Gefesselten erneut, diesmal noch fester.
    »Wo ist der Skorpion?«, fragte er und sah dem Gefangenen ins Gesicht.
    Der Mann schüttelte nur den Kopf. De la Fleur seufzte; wie vorauszusehen würde es ein langes, unerfreuliches Verhör werden.
    Er machte dem Sergeant ein Zeichen, der mit Nachdruck und offensichtlicher Übung fortfuhr, den Gefangenen zu traktieren.
    Der Gefesselte zog den Kopf zwischen die Schultern und schwieg weiter beharrlich, was dazu führte, dass sein Peiniger seine Anstrengungen verdoppelte.
    Weil er es für nutzlos erachtete, auf diese Weise weiterzumachen, beschloss de la Fleur, das Verhör in den Kellergewölben der Gesandtschaft fortzusetzen, wo sie über geeignetere Mittel verfügten, um den Widerstand des Gefangenen zu brechen.
    Er wollte gerade Befehl zum Verlassen des Gasthauses geben, als der Mann unversehens zusammenbrach. Seine Schultern sanken herab, und er sagte ein paar Worte auf Deutsch, das der Hauptmann gut genug verstand, um zu wissen, dass er reden wollte.
    »Das Leben, Capitaine, versprecht mir, dass Ihr mir das Leben schenkt…«
    De la Fleur konnte sich diese plötzliche Kapitulation nicht erklären, aber der Grund interessierte ihn auch nicht besonders. Wichtig war nur, den Skorpion zu finden, und wenn er mit dem Teufel persönlich verhandeln

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