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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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buschige Augenbrauen an der Wurzel der platten Nase zusammenwuchsen.
    Man sah auf den ersten Blick, dass es sich nicht um den gesuchten Mann handeln konnte, aber der Offizier ließ sich Zeit bei der Überprüfung, um deutlich zu machen, dass auch die Helfer der Inquisition nicht von den Pflichten befreit waren, denen sich laut Erlass alle Römer unterziehen mussten. »Ihr könnt passieren«, sagte er schließlich. »Das ist nicht der Mann, den wir suchen.«

KAPITEL XXXVI
     
    Bernardo Muti schob die Abdeckung des in der Wand verborgenen Gucklochs auf. Der Raum war schwach beleuchtet, und sein flackernder Blick konnte nur eine große, magere Gestalt ausmachen, die auf einer Bank saß und die Ellbogen auf die Knie stützte.
    »Das also ist der Mann?«
    »Ja«, bestätigte Fieschi. »Mein Teil unserer… hm, Abmachung ist damit erfüllt. Nun erwarte ich, dass Ihr Euch an Euren haltet.« Er bemühte sich um einen möglichst neutralen Ton, merkte aber, dass sich ein leichtes Beben in seine Stimme geschlichen hatte.
    Der Inquisitor wandte sich von dem Loch ab und sah ihn an. Seine Augen waren kalt und durchdringend wie die eines Basilisken, obwohl ein unbeteiligter Zuschauer ein kurzes Aufblitzen grausamer Belustigung in ihnen hätte entdecken können.
    Der Mönch machte sich nicht die Mühe zu antworten, hielt sein rechtes Auge wieder an den Spion und fuhr mit seiner Beobachtung fort.
    Fieschi hätte am liebsten laut geschrien, beherrschte sich aber und wartete, dass Muti sich dazu herabließ, ihm seine Entscheidung mitzuteilen. Er wusste genau, dass der Alte mit ihm Katz und Maus spielte.
    Sobald seine Männer ihm den Skorpion gebracht hatten, hatte er Muti benachrichtigt. Gemäß den Anweisungen des Inquisitors hatte er den berüchtigten Mörder in sein eigenes Quartier führen lassen, das zufällig in der Nähe des Palazzos des Heiligen Offiziums lag.
    Weniger als eine halbe Stunde später hatte eine Kutsche ohne Wappen vor seiner Wohnung gehalten, und der Dominikaner war
    in das Arbeitszimmer getreten, in dem Fieschi ihn ungeduldig erwartete.
    Von diesem Moment an hatte die Zeit für den Genueser stillgestanden; die Furcht hielt ihn in der Zange und machte ihm das Atmen schwer.
    Endlich löste sich Muti von dem rissigen Holzpaneel mit dem Guckloch und richtete das Wort an ihn.
    »Er sieht nicht gerade beeindruckend aus«, bemerkte er. »Bloß ein alter Mann.«
    »Tut mir leid, Euch widersprechen zu müssen, aber dieser alte Mann ist der gefürchtetste Auftragsmörder Europas. Mehr als ein Fürst wäre bereit, ein Vermögen für seinen Kopf zu bezahlen.«
    »Was wisst Ihr über ihn?«
    »Nicht sehr viel. Gerüchte, Legenden, Geschichten. Ich glaube, meine Männer, Ihr und ich gehören zu den wenigen, die je sein Gesicht gesehen haben. Unter den Lebenden, meine ich.«
    »Sehr interessant. Das war eine Leistung, die Eurem Ruf alle Ehre macht, Fieschi. Der erste Teil unserer Vereinbarung kann damit als erfüllt angesehen werden.«
    »Der erste Teil? Ich habe mich an unsere Abmachung gehalten! Jetzt seid Ihr dran!«
    Der Mönch durchbohrte ihn mit einem eisigen Blick.
    »Verzeiht, aber ich bestimme hier die Regeln. Seht Ihr, bei einem Handel sind nicht immer beide Seiten in einer gleich starken Position. Oft ist eine davon überlegen, und die stellt die Bedingungen. Ich fürchte, diesmal kommt Euch die schwächere Rolle zu, denn ich habe Macht über etwas, an dem Euch sehr viel liegt, wenn ich mich nicht irre.«
    Der Genueser senkte den Kopf, und seine Augen füllten sich mit Tränen ohnmächtiger Wut.
    »Gut«, fuhr Muti fort, »ich sehe, Ihr seid dabei, Vernunft anzunehmen. Wie gesagt, der erste Teil der Übereinkunft ist erledigt. Was ich nun von Euch verlange, ist, dass Ihr diesem Mann, diesem… Skorpion, wie Ihr ihn nennt, Eure volle Unterstützung anbietet, egal, was er vorhat. Ihr habt Euch eine schöne Organisation aufgebaut, mit Informanten und Spionen in der ganzen Stadt und auch außerhalb ihrer Mauern, sodass es Euch nicht schwerfallen dürfte, meine Anweisungen umzusetzen.«
    »Aber… wir wissen nicht, warum er nach Rom gekommen ist und was er für Pläne hat. Ich kann nicht sagen, ob…«
    »Ihr habt wohl immer noch nicht verstanden – ich hatte Euch für scharfsinniger gehalten, Fieschi. Der Skorpion hat die Morde der vergangenen Tage begangen. Azzolini ist hinter ihm her, die Franzosen sind hinter ihm her, und aus ebendiesem Grund, denke ich, liegt es im Interesse des Heiligen Offiziums, seinen Vorhaben

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