Das Blut des Skorpions
die größtmögliche Unterstützung zu gewähren.«
»Muti, Ihr verlangt viel von mir«, entgegnete Fieschi mit ernster Miene. »Ihr wisst sehr gut, dass ich mich stets aus gewissen Angelegenheiten herausgehalten habe.«
»Nun, irgendwann ist immer das erste Mal, wie es so schön heißt. Außerdem bleibt Euch nichts anderes übrig, oder?«
Zum Zeichen seiner Zustimmung neigte Fieschi erneut den Kopf.
Das hatte er in den vergangenen Stunden für seinen Geschmack etwas zu oft getan, aber wie der Inquisitor richtig bemerkte, hatte er im Moment keine andere Möglichkeit. Fürs Erste konnte er nichts weiter tun, als sich den Forderungen des grausamen Mönches zu fügen. Doch er wusste, dass dieses Spiel nicht ewig so weitergehen würde. Früher oder später würden sich die Machtverhältnisse wieder umkehren, und er würde ausreichend Gelegenheit bekommen, Rache zu nehmen. Sobald er von der Bedrohung erfahren hatte, die über seiner geliebten Tochter schwebte, hatte er ein paar seiner getreuesten Männer auf den Weg nach Lucca geschickt. Jetzt ging es nur darum, Zeit zu gewinnen, damit seine Gesandten rechtzeitig ans Ziel kamen. Danach würde sich das Blatt wieder wenden.
Er musste nur durchhalten. Und abwarten.
»Sie haben sie bestimmt in den Palast der Inquisition gebracht«, sagte Fulminacci und drehte das karminrote Haarband zwischen den Fingern. »Wir müssen ihr zu Hilfe eilen! Sofort, ehe es zu spät ist! Los, Zane, mach deine Messer bereit!«
Der Slawe legte seine riesenhafte Pranke auf die Schulter des Malers und schüttelte den Kopf. Sein trauriger Blick sprach deutlich von seinem Kummer über das Schicksal ihrer jungen Freundin.
»Du willst nicht mitkommen? Gut, dann gehe ich eben allein.«
Der Maler war buchstäblich außer sich vor Verzweiflung, und Zane musste den Druck seiner Hand verstärken, bis sich seine langen, kräftigen Finger in die Haut des Gefährten gruben und dieser schmerzhaft aufstöhnte.
»Lass mich los, verdammt! Wenn du nicht bereit bist, dein Leben für Beatrice zu riskieren, so lass wenigstens die gehen, die es mit den Heerscharen der Hölle aufnehmen würden, um sie zu beschützen. Lass mich, sage ich!«
Zane sah sich gezwungen, auch Fulminaccis andere Schulter zu packen, um ihn zurückzuhalten.
»Kapierst du denn nicht? Vielleicht wird sie gerade in diesem Augenblick gefoltert! Wir müssen sofort etwas unternehmen. Lass mich gehen, du Idiot, lass mich!«
Der Maler steigerte sich in eine wahre Hysterie hinein. Je mehr der Gefährte versuchte, ihn zur Vernunft zu bringen, desto mehr wehrte er sich, ohne sich jedoch aus Zanes schraubstockartigem Griff befreien zu können. Zane wartete geduldig ab, bis er seine Raserei überwunden hatte, und achtete darauf, dass er sich bei seinen tobsüchtigen Befreiungsversuchen nicht verletzte.
Fulminacci fluchte und wand sich mit aller Kraft, bis er schließlich erschöpft und keuchend aufgab und zu Boden sank.
Zane beugte sich über ihn und verharrte so, bis das Schluchzen des Malers nachließ.
Lange blieb er am Flussufer sitzen, während sein stummer Freund, der ihn nicht mit Worten trösten konnte, ihn durch seine Gegenwart beruhigte.
»Was… was sollen wir jetzt tun?«, murmelte er heiser, als er wieder Herr seiner selbst war. Zane antwortete mit ein paar flinken Gesten.
»Ich verstehe dich nicht, Zane. Nimm den Block und schreib’s auf.«
Der Slawe griff nach den Blättern und kritzelte einige Worte hin.
»Freunde: Kircher Christine Azzolini«, las Fulminacci mit noch immer verschleierten Augen.
»Genau, Kircher! Vielleicht kann er etwas tun oder uns irgendwie weiterhelfen. Die Gesellschaft Jesu ist sehr mächtig. Los, Zane, wir haben schon zu lange herumgetrödelt, und das war allein meine Schuld.«
Die beiden machten sich eiligst auf den Weg, überquerten die Sisto-Brücke und liefen durch die engen, von Menschen wimmelnden Gassen des Borgo-Viertels. Es war schon später Nachmittag, als sie endlich die Piazza del Collegio Romano erreichten, wo sich der Sitz der Gesellschaft Jesu befand. Sie betraten das Gebäude und stiegen die Treppe zu Pater Kirchers Wohnung hinauf, vor der wie üblich Fernando, der treue Diener, Wache hielt.
»Pater Kircher ist gerade vom Palazzo Riario zurückgekehrt«, teilte ihnen der dienstbeflissene Bursche mit. »Er ist sehr müde. Ich weiß nicht, ob er Euch empfangen kann, Signor Sacchi.«
»Es betrübt mich, den guten Pater zu dieser Stunde zu stören, Fernando, aber es geht um Leben und Tod.
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