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Das Blut des Teufels

Titel: Das Blut des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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diesen Worten richtete sich der Blick des Königs nach Süden, wo die benachbarten Vulkane drohend in die Höhe ragten. In seinen Augen zeigte sich immer deutlicher ein grüblerischer Ausdruck.
Sam musste zugeben, dass die Geschichte eine gewisse, wenn auch perverse innere Logik hatte. Wenn diese Bewohner des Tals tatsächlich nie starben, wäre die Opferung der Kinder eine gute Methode, die Bevölkerungszahl in Grenzen zu halten. Die Ressourcen dieser vulkanischen Caldera waren nicht unbegrenzt und fortwährende Geburten hätten sie rasch erschöpft. Auch erklärte diese Erzählung stimmig, weshalb ältere Bewohner fehlten. Niemand alterte hier.
»Aber die Zeit des Friedens endete«, unterbrach Pachacutec bitter. »Einhundert Jahreszeiten verstrichen und Männer in großen Schiffen kamen mit seltsamen Tieren und noch seltsamerer Sprache.«
»Die Spanier«, murmelte Sam in sich hinein.
»Sie töten mein Volk, vertreiben es aus seiner Heimat. Vor ihren Zähnen gibt es ebenso wenig ein Entrinnen wie vor denen des Jaguar. Sie kommen sogar hierher. Ich spreche mit ihnen. Erzähle ihnen von Inti. Ich zeige ihnen den Tempel und wie er uns beschützt. Ihre Augen werden immer hungriger. Sie töten mich und wollen Inti stehlen.«
»Sie haben dich getötet?«, platzte Sam heraus, bevor er die Zunge hätte im Zaum halten können.
Pachacutec rieb sich den Nacken, als wollte er einen hartnäkkigen Schmerz herauskneten. Mit der anderen Hand bedeutete er Kamapak, fortzufahren.
Die Worte des Schamanen wurden immer härter und Norman übersetzte weiter. »Die Spanier kamen mit Gier im Herzen. Und wie Pachacutec den König der Moche geschlagen hatte, so schlugen die Fremden unseren König. Pachacutec wurde in die Mitte des Dorfs gebracht.« Der Schamane winkte zum Dorfplatz hinüber. »Und ihm wurde der Kopf vom Körper abgetrennt.«
Sams Aufregung über die Entdeckung des Jungbrunnens erstarb augenblicklich. Dieser letzte Teil der Erzählung war eindeutig Aberglaube. Also entsprachen vermutlich auch die anderen Teile nicht der Wahrheit. Fabeln, die man sich am Lagerfeuer erzählt, nichts weiter. Was Norman auch geheilt hatte, es hatte nichts mit diesen Geschichten zu tun. Dennoch wollte Sam unbedingt noch das Ende erfahren. »Aber du lebst jetzt. Wie kommt das?«
Der Schamane sah fast schuldbewusst zu Boden, als er Antwort gab. »In der Nacht, da der Sapa Inka getötet wurde, hörte ich die Spanier davon sprechen, dass sie seinen Leichnam verbrennen wollten. Eine solche Grausamkeit ist für unser Volk schlimmer als der Tod. Also bin ich heimlich hinausgeschlichen und habe den Kopf meines Königs gestohlen. Mit den Spaniern auf den Fersen habe ich meinen König zum Tempel gebracht und zu Inti gebetet. Erneut erhörte mich der Gott und bewies dadurch seine Liebe.« Der Schamane warf ein wenig Staub auf das Feuer und huldigte damit nochmals seinem Gott.
Pachacutec schaltete sich wieder ein und erzählte den letzten Teil der Geschichte. »Der Tempel holte mich von den Toten zurück. Ich öffnete die Augen, als mein Kopf auf dem Altar lag. Mit blutigem Mund warnte ich die Fremden vor Intis Zorn. Dieses Zeichen von Intis Stärke verwandelte die Krieger in Weiber. Sie kreischten, jammerten, rauften sich die Haare und liefen davon. Die Hunde versperrten den unteren Eingang, aber die Nachricht von meinem Tod hatte sich bereits herumgesprochen. Die Mörder wurden gefangen genommen und ihr Schamane geopfert.«
Sam runzelte die Stirn. Ihm fiel nur eine Möglichkeit ein, den Wahrheitsgehalt dieser Geschichte zu überprüfen. »Wie hieß dieser Schamane der Spanier?«
Kamapak ballte die Hände zu Fäusten und seine Stimme verriet einen uralten Hass, als er erwiderte: »Francisco de Almagro.«
Als dieser Name fiel, schnitt Pachacutec ein finsteres Gesicht und spuckte ins Feuer. »Wir hatten diesen Schamanenhund wegen seiner Gotteslästerungen gefangen gehalten. Aber er floh wie ein Feigling und besudelte einen geheiligten Ort mit seinem eigenen Blut. Nach seinem Tod bohrten wir ihm Löcher in den Schädel und trieben seinen Gott mit unserem aus.«
Schockiert saß Sam da. Ihm fiel ein, dass sein Onkel ihm von einer goldenen Substanz erzählt hatte, die aus dem Schädel der Mumie explodiert war. Die uralte und die moderne Geschichte schienen zueinander zu passen. Aber was sie beschrieben – Unsterblichkeit –: Wie konnte das wahr sein?
Während Sams Gedanken umherwirbelten, kam der Schamane zum Ende seiner Geschichte und Norman übersetzte weiter

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