Das Blut des Teufels
aus der uralten Sprache der Inka. »Nach der Flucht der Fremden ließ der Tempel Pachacutec langsam einen neuen Körper wachsen. Inti warnte unseren König, dass diese seltsamen Männer aus Übersee zu stark und zu zahlreich seien. Inti musste beschützt werden. Also wurde der Pfad hierher versiegelt. Wir ließen zu, dass man uns vergaß. Aber Inti hatte Pachacutec versprochen, dass der Tag käme, da sich der Pfad wieder öffnen würde, dass eine Zeit käme, da die Dynastie der Inka wieder aufleben würde. An diesem Tag, so wurde unserem Volk versprochen, bekämen wir um unserer Treue willen nicht nur die eigenen Länder zurück, sondern erhielten darüber hinaus auch den Rest der Welt.«
In Pachacutecs Augen blitzte das Feuer des Ruhms. »Wir werden über alle herrschen!«
Sam nickte. »Der in seiner geheimen Höhle wiedergeborene Inkarri.«
Pachacutec kehrte dem Feuer den Rücken zu und sah ihnen ins Gesicht. »So hat mich mein Volk nach meiner Wiedergeburt benannt. Inkarri, Kind der Sonne.«
»Wann wird sich dieser Pfad zur unteren Welt wieder öffnen?«
»Wenn die Götter des janan pacha bereit sind, zu gehen«, gab Pachacutec zur Antwort und winkte mit einem Arm in Richtung Süden. »Bis dahin müssen wir so leben, wie es uns der Tempel heißt. Alle, die Inti bedrohen, müssen geopfert werden.«
Jetzt drehte sich auch der Schamane zu ihnen um. Norman übersetzte ruhig, während ihm das Blut aus dem Gesicht wich. »Ihr habt heute Nacht eure Hinterlist gezeigt und eure Schande im Gewand der Dunkelheit verborgen.« Seine letzten Worte kamen voller Schmerz heraus. »Zur Dämmerung, wenn die Sonne aufsteigt und Inti unsere Treue erkennen kann, werdet ihr unserem Gott geopfert. Euer Blut wird den Dorfplatz beflecken.«
Der Schamane gab ein Zeichen mit der rechten Hand.
Sam schoss in die Höhe, doch es war zu spät. Aus dem benachbarten Raum schwärmten Inkakrieger herein und überwältigten sie. Sam wehrte sich, aber erfolglos. Das Gewehr wurde ihm aus der Hand geschlagen und fiel auf den Steinboden. Aufgeschreckte Papageien kreischten in den Bäumen.
»Nein!«, schrie Sam, doch weder der Schamane noch der König wollte ihnen ins Gesicht sehen, als er und Norman davongeschleift wurden.
Maggie, wieder in der eigenen Khakihose und -bluse, hatte sich in den Schatten der Hofmauer gekauert. Mit angehaltenem Atem beobachtete sie, wie Sam und Norman weggeschleppt wurden, und wagte nicht, sich zu rühren. Mein Gott, was soll ich jetzt tun? Schweigend verfluchte sie den starrsinnigen Texaner. Er hatte sich ja unbedingt blindlings in Gefahr stürzen müssen. Sie drehte sich um und lehnte sich an die Mauer. Während sie hier in ihrem Versteck mucksmäuschenstill gewesen war, war ihr kaum ein Teil der Geschichte von Pachacutec und Inkarri entgangen. Deshalb wusste sie auch, dass sie keine Chance hatte, Sam und Norman durch Reden aus der Klemme zu befreien.
Wenigstens hatte sie Denal in Sicherheit gebracht, bevor sie hergekommen war.
Zuvor war die Musik auf dem Platz abrupt abgebrochen. Maggie hatte hinausgelugt und gesehen, wie Sam und Norman ins Gebäude geführt wurden. Zwar hatte ihr Instinkt sie gedrängt, zusammen mit Denal so weit wie möglich zu fliehen, aber sie hatte dagegen angekämpft. Die anderen beiden waren ihre Freunde und sie konnte sie nicht einfach so im Stich lassen, ohne zumindest den Versuch zu unternehmen, ihnen zu helfen. Also hatte sie Denal in den Regenwald gescheucht und ihm gesagt, er solle sich ja nicht blicken lassen. Dann war sie hierher geschlichen, um in Erfahrung zu bringen, welches Schicksal ihren Freunden bevorstünde.
Jetzt wusste sie es. Maggie spähte durch ein halbmondförmiges Loch in der Mauer. Der Innenhof war leer. Sogar der König und der Schamane waren verschwunden. Maggie starrte konzentriert auf Sams Winchester, den einzigen Grund, weswegen sie hier blieb. Das Gewehr lag auf dem Granitpflaster. Wenn sie die beiden erfolgreich retten wollte, würde sie dazu diese Waffe benötigen.
Sie horchte auf Stimmen und musterte die umliegenden Räume, ob sich dort etwas regte. Anscheinend war niemand dort. Ihr zitterten die Hände. Das war die Angst vor dem, was sie vorhatte. Sie biss sich auf die Lippe und kämpfte weiter gegen ihre zunehmende Panik an. Sam und Norman waren auf sie angewiesen. Sie holte ein letztes Mal tief Luft, packte den oberen Mauerrand, zog sich hoch und schwang ein Bein über die Kante. Eine Weile mühte sie sich vergeblich ab, aber schließlich gelang es ihr, sich auf
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