Das Blut des Teufels
Landeplatz der Guerilla erheblich kürzer geworden. Ihm lief die Zeit davon.
Im Lager unten war es immer noch dunkel. Der Sonnenaufgang stand noch bevor. Lediglich einige Arbeitsleuchten an der Basis der vergrabenen Pyramide erhellten die Grabungsstätte. Offenbar wurde trotz der Nachricht vom Entkommen der Studenten weiter daran gearbeitet, den Tempel zu öffnen. Die Leute des Abts suchten nach jedem winzigen Teilchen ihres kostbaren Sangre del Diablo .
Der Abt, der sich ein Headset aufgesetzt hatte, rief über das Dröhnen der Rotoren hinweg: »Wir sind da, Professor Conklin! Vermutlich muss ich Sie nicht daran erinnern, was geschieht, wenn Sie Ihre Mitarbeit verweigern.«
Henry schüttelte den Kopf. Joan . Sie wurde nach wie vor in der Abtei als Geisel gehalten. Würde er einen Fehler begehen, müsste sie die Konsequenzen tragen. Er räusperte sich und zeigte auf den Sprechfunk des Abts. »Vor unserer Landung würde ich gern mit Dr. Engel sprechen. Um sicherzugehen, dass sie wohlauf ist.«
Der Abt runzelte die Stirn. Nicht aus Verärgerung, sondern aus Enttäuschung. »Ich stehe zu meinem Wort, Professor Conklin. Wenn ich sage, ihr wird nichts zustoßen, dann können Sie sich darauf verlassen.«
Aber nur, bis du hast, was du willst, dachte Henry mürrisch und kniff die Augen zusammen. »Tut mir Leid, wenn ich Zweifel an Ihrer Gastfreundschaft hege. Aber ich würde trotzdem gern mit ihr sprechen.«
Abt Ruiz seufzte und zuckte mit den mächtigen Schultern. Er streifte das Gerät ab und reichte es Henry. »Beeilen Sie sich! Wir landen.« Der Abt nickte zu einem gesäuberten Rechteck unweit der Zelte für die Studenten hinüber.
Der Helikopter kam aus der Schräglage und senkte sich hinab auf das flache Steinplateau. Henry entdeckte Männer, die mit Taschenlampen am Rand des Landeplatzes standen und den Hubschrauber nach unten geleiteten. Ihm entgingen nicht ihre braunen Kutten. Noch mehr Mönche des Abts.
Henry streifte sich das Headset über und richtete das Mikrofon.
Der Abt beugte sich vor und sprach mit dem Piloten, wobei er auf den Sprechfunk zeigte. Nach einer Minute atmosphärischer Störungen ertönte eine kratzige Stimme in seinem Ohrhörer. »Henry?«
Es war Joan! Er hielt das Mikrofon stabil. »Ich bin’s, Joan. Bei dir alles in Ordnung?«
Erneute Störungen, dann drangen Worte hindurch. »… gut. Hast du das Lager erreicht?«
»Wir sind im Anflug. Behandeln sie dich gut?«
»Hier ist’s wie im Hyatt. Nur der Zimmerservice ist ein bisschen lahmarschig.«
Trotz ihrer scherzhaften Worte hörte Henry die unterdrückte Anspannung in ihrer Stimme heraus. Er stellte sich diese winzigen Krähenfüße um ihre Augen vor, wenn sie besorgt war, und musste heftig schlucken, damit er weitersprechen konnten. Er würde nicht zulassen, dass ihr etwas zustieß. »Lahmarschiger Zimmerservice? Ich sehe mal, ob ich von hier aus was daran ändern kann«, erwiderte er. »Vielleicht kann ich der Hotelleitung Feuer unterm Arsch machen.«
»Apropos Feuer, Henry, erinnerst du dich an das Seminar über klassische Mythologie, das wir damals auf dem College gemeinsam belegt hatten? Ich bin heute in der Bibliothek der Abtei gewesen. Sie haben das Buch des Professors hier. Hättest du das gedacht? Inklusive dieses Kapitel über Prometheus, bei dem ich ihm geholfen habe.«
Henry zog die Brauen zusammen. »Die Welt ist klein, nicht wahr?«, antwortete er gleichmütig und spielte ihr Versteckspiel mit. Damals an der Rice-Universität hatten sie niemals ein solches Seminar belegt. Zweifellos versuchte Joan, ihm eine Nachricht zu übermitteln. Etwas über den Mythos von Prometheus, eine klare Anspielung auf Bruder de Almagros eingeritzte Warnung.
Er hörte, dass ihre Anspannung noch stärker wurde. »Erinnerst du dich daran, was für Schwierigkeiten wir bei der Übertragung des Satzes hatten: Prometheus hält unsere Erlösung in Händen?«
Henry kicherte in vorgetäuschter Heiterkeit. »Wie könnte ich das vergessen?« Er verschränkte die Hände im Schoß. Worauf spielte Joan an? Auf Feuer . Aber worauf genau? Was hat das Feuer mit der Erlösung zu tun? Die Zeit wurde knapp. Der Helikopter landete.
Joan musste seine Verwirrung gespürt haben, denn sie platzte jetzt förmlich mit den nächsten Worten heraus. »Na ja, ich habe den Abschnitt auch noch einmal gelesen, in dem Prometheus die große Schlange tötet. Erinnerst du dich daran? Wo das Feuer schließlich die Lösung war?«
Plötzlich spannte er sich an, denn ihm ging auf,
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