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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
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Glücksgefühl in ihr ausgelöst, das noch immer anhielt. Die sanften Erschütterungen machten ihr endgültig bewusst, dass tatsächlich neues Leben in ihr heranwuchs.
    „Weiß Immanuel es schon?“
    „Woher denn? Die Briefe sind trotz des berittenen Boten lange unterwegs.“
    „Sicher wird er sich freuen und auch Samuel wird stolz sein, Großvater zu werden. Unser erstes Enkelkind. Ich hoffe, dass ich seine Geburt noch erleben werde“, seufzte Rachel müde.
    „So etwas darfst du weder sagen noch denken. Ich will, dass du wieder gesund wirst“, entrüstete sich Sara.
    „Es ist nicht entscheidend, was wir wollen. Unser Schicksal liegt nicht in unserer Hand“, erwiderte ihre Mutter. „Auch ich will nicht sterben, erst recht nicht jetzt wo du ein Kind erwartest“, sagte sie und bekam das erste Mal seit Wochen einen kämpferischen Glanz in ihre Augen.
    Sara registrierte es erfreut und schöpfte schwache Hoffnung. Vielleicht half diese Neuigkeit ihrer Mutter, schneller zu genesen.
    „Ist alles für den Sabbat fertig?“, erkundigte sie sich.
    „Ja, die Brote sind im Ofen, der Tisch ist gedeckt, der Kiddushbecher steht bereit und der Sabbatleuchter wie auch alle anderen sind mit Kerzen bestückt. Das Abendessen ist fast fertig und nachher stelle ich noch den Topf mit Schalet auf den Herd, damit wir morgen unser Mittagessen haben. Ich muss mich nur noch waschen und umziehen.“
    „Schick deinen Bruder Isaac Holz für die Öfen und frisches Wasser holen. Das vergisst er gerne“, trug Rachel ihr noch auf.
    „Ich habe es ihm schon gesagt. Aber er wollte erst nocheinen Text zu Ende lesen.“
    Rachel setzte sich mühsam auf. „Schick mir Anna, damit sie mir beim Zurechtmachen hilft. Obwohl ich nachher nicht mit euch am Tisch sitzen kann, will ich wenigstens ordentlich aussehen, wenn unsere Gäste kommen.“
    Den Sabbat feierten sie heute gemeinsam mit Saras Onkel David bar Natanael, ihrer Tante Judith, ihrem Cousin Abraham und ihrer Cousine Hannah, die im Haus nebenan wohnten. David war der Gelderheber der Gemeinde und ein einflussreicher Mann. Während der Abwesenheit von Immanuel und Samuel vertrat er das Familienoberhaupt und kümmerte sich um die Familie seines Bruders.
    Kurz vor Anbruch der Dämmerung legte Sara die beiden Brote auf den Tisch, bedeckte sie mit dem bestickten Tuch und entzündete den Sabbatleuchter sowie die übrigen Kerzen im Haus. Kurz darauf trafen die Gäste ein, die zuerst Rachel begrüßten und sich dann um den Tisch versammelten. Gemeinsam sprachen sie das Maariv und den Segensspruch über das Brot. Dann wuschen sie sich die Hände, und erst nachdem sie davon gegessen hatten, setzten sie sich. Rasch entwickelte sich ein munteres Tischgespräch, das bis in das Krankenzimmer drang und Rachel mit einbezog. In dieser unbeschwerten Stimmung vergaß Sara ihre Sorgen und dass sie ohne den Schutz ihres Mannes war.

Samstag, 15. Dezember 1095, 16. Tewet 4856
    Rechts des Rheins
    „Wieso musst du immer wieder davon anfangen? Du hast mir das alles schon so oft erklärt, dass ich es nicht mehr hören kann“, beschwerte sich Hartwig übellaunig.
    Doch Wolff ließ sich nicht beirren und redete unbeeindruckt weiter. „Ich wollte den Mönch wirklich nicht töten. Er hatte einen leichten Schlaf und wurde wach, als ich ihm seine Börse stahl“, verteidigte er sich.
    Hartwig seufzte. Er wusste, dass seine Einwände auf taube Ohren stießen. Wenn sein Gefährte das Gefühl hatte, sich rechtfertigen zu müssen, ließ er sich nur schwer unterbrechen. Wolff wollte sich seine Sünde von der Seele reden, und in Ermangelung eines Pfaffen musste er als Beichtvater herhalten. „Dich drückt doch nur dein schlechtes Gewissen. Sonst zierst du dich auch nicht so, denk einfach nicht mehr dran.“
    „So leicht ist das nicht! Noch nie starb ein Mensch durch meine Hand!“
    Hartwig fuhr unbeirrt fort. „Ich habe dich das zwar schon gefragt, aber erklär es mir noch einmal: Wieso bist du überhaupt auf den Gedanken gekommen, ihn auszurauben, wo doch jeder Mensch weiß, dass ein Mönch, erst recht wenn er pilgert, kein Geld im Säckel hat“, warf er seinem Kumpan vor. „Konntest wohl mal wieder deinen Hals nicht voll kriegen?“
    „Rede keinen Unsinn! Du bist doch immer derjenige von uns, dem es nie genug ist! Ich kann mich bescheiden. Außerdem weißt du, dass ich immer äußerst vorsichtig bin. Noch nie ist einer aufgewacht, wenn ich ihn um seine Habe erleichterte.“
    „Dieses Mal aber schon, sonst wär das

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