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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
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Häusern.“
    „Dieser Tag muss aber geheiligt werden. Daran hindern uns auch keine christlichen Eiferer. Wir gehen einfach früher in die Synagoge. Dann sind wir wieder zu Hause, bevor die Kreuzfahrer kommen.“
    „Das ist zwar schlau, aber ist es auch klug? Wenn sie davon erfahren, wird es sie wütend machen.“
    „Dessen bin ich mir bewusst. Kannst du mir einenGefallen tun?“
    „Jeden, der mich nicht das Leben kostet“, entgegnete Christoph ernst.
    „Bischof Johann ist ein weiser Mann und ein Frommer unter den Völkern. Er wird uns schützen. Ich schreibe ihm einen Brief, den du ihm überbringst. Lass dich nicht wegschicken. Sorg dafür, dass er ihn liest. Kannst du das für uns tun? “
    „Ja.“
    „Warte hier, ich bin gleich wieder da“, sagte Mosche und ging in sein Studierzimmer. Nach einiger Zeit kehrte er zurück und reichte Christoph die Nachricht. „Mazel tov“, wünschte er seinem Freund.
    „Der Herr schütze dich und deine Familie“, erwiderte dieser den Gruß und verließ das Haus. Mosche schaute ihm bekümmert nach, bis die Dunkelheit ihn verschluckte.
    Während Christoph zum Palast des Bischofs eilte, ging Mosche zu seinem nächsten Nachbarn, um ihn von dem Komplott und der Änderung der Gebetszeit in Kenntnis zu setzen.
    „Wenn du jetzt zu deinem Nachbarn gehst und dieser dann zu seinem und so weiter, sind alle unterrichtet, ohne dass wir das Sabbatgebot brechen.“
    „Was ist aber mit den Mitbrüdern weiter draußen in Altspeyer? Wer wird sie warnen?“
    „Ich werde eine Lösung finden“, versprach er und ging wieder nach Hause.
    Christoph musste am Bischofspalast alle Überredungskunst aufbieten, um sich zu dieser Stunde überhaupt Gehör zu verschaffen. Schließlich wurde er aber vorgelassen und überreichte dem Schreiber des Bischofs die Nachricht. Es dauerte nicht lange, bis der Vertraute Johanns zurückkehrte. „Folge mir, der Bischof will mit dir reden“, sagte er geflissentlich.
    Christoph traf Johann in seinem Gemach, wo dieser vor einem Kruzifix kniete und betete. Leise stellte er sich neben ihn, senkte den Kopf und wartete, bis der Bischof fertig war.
    Schließlich stand Johann auf. „Gelobt sei Jesus Christus“, begrüßte er seinen Gast.
    „In Ewigkeit, amen!“, erwiderte dieser und verbeugte sich.
    „Und du bist dir der Sache sicher?“, kam er ohne Umschweife auf die Nachricht Mosches zu sprechen.
    Christoph nickte ernst. „Ein Ritter erzählte mir heute kurz vor dem Abend von der Absicht der Kreuzfahrer. Er gehört zu ihren Anführern, aber er heißt diesen Plan nicht gut. Ich glaubte ihm und ging deshalb erst zum Gemeindevorsteher, der mich dann zu Euch schickte.“
    „Du hast vernünftig gehandelt und Mosche hat eine gute Entscheidung getroffen. Richte ihm aus, dass ich meine Wachen in Alarmbereitschaft versetzen werde. Falls die Kreuzfahrer tatsächlich eindringen, sind sie rasch zur Stelle. Außerdem werde ich der Gemeinde Unterschlupf gewähren, falls es nötig sein sollte. Mein Schreiber setzt gerade einen Brief auf, den du ihm überbringst.“
    Damit war das Gespräch beendet. Wenig später lief Christoph mit der Nachricht wieder zu Mosche, der ihn ungeduldig erwartete.
    „Eurem Bischof sei Dank. Zwar verlangt er Geld für seinen Schutz, doch wenn wir dadurch unsere Leben retten, soll es uns das wert sein. Würdest du mir noch einen weiteren Gefallen tun? Die Brüder in den entlegenen Teilen Altspeyers müssen ebenfalls gewarnt werden. Ich habe an Benjamin bar Simson geschrieben. Du weißt, wo er wohnt?“
    Christoph nickte ergeben und machte sich wieder eilig auf den Weg.

Samstag, 3. Mai 1096, 8. Iyyar 4856
    Speyer
    Leise öffneten sich die Türen der jüdischen Häuser. Im Schutz der Dunkelheit schlichen sich ihre Bewohner zur Synagoge. Am Gebetshaus angekommen, teilte sich die Gemeinde und Männer und Frauen gingen in ihren jeweiligen Gebetsraum. Die Vorbeter sprachen mit gesenkter Stimme, damit nichts nach außen drang. Heute verkürzten sie die Zeremonie, denn sie wollten noch vor Sonnenaufgang wieder in ihren Häusern sein, um sich dort zu verschanzen.
    Die Gotteskrieger wähnten sich schon als Sieger, als sie mit den ersten Sonnenstrahlen leise in die Vorstadt eindrangen und die Synagoge einkreisten. Jetzt ließ ihr Anführer Loblieder anstimmen und die Trommeln schlagen. Nach einiger Zeit hob er die Hand und der Gesang verebbte. Kaum war Ruhe eingekehrt, trat er vor und rief laut in Richtung Gebetshaus: „Kommt heraus und stellt euch dem

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