Das Blut von Magenza
verstummen, wenn es keine neue Nahrung gibt.“
„Hoffentlich behältst du recht“, entließ Griseldis ihre Magd.
Margreth kam aber kurz darauf in Begleitung eines jungen Mannes zurück. „Das ist Hanno, ein Dienstmann des erzbischöflichen Kämmerers“, stellte sie ihn vor und warf ihr dabei einen vielsagenden Blick zu.
Griseldis verstand Margreths unausgesprochene Warnung. Der Kämmerer war nicht nur ein enger Vertrauter des Erzbischofs, sondern der bestinformierte Mann der Stadt. Er erledigte mit Hilfe seiner Agenten jeden Auftrag für ihn. War Hanno geschickt worden, weil Ruthard von dem Gerede erfahren hatte und sie nun zur Rechenschaft ziehen wollte?
„Du kannst gehen. Ich brauche dich heute nicht mehr“, schickte sie ihre Magd weg.
Griseldis bot ihrem Gast einen Platz an, doch er lehnte ab. „Es kann sein, dass du mich gleich wieder wegschickst. Deshalb bleib’ ich lieber stehen.“
„Du trägst anscheinend dein Herz auf der Zunge und sagst, was du denkst. Das imponiert mir. Also sprich!“
Hanno richtete sich zu voller Größe auf und schaute sie eindringlich an. „Ich weiß, was du getan hast.“
Griseldis versuchte, ihre Miene unter Kontrolle zu halten, obwohl ihr etwas mulmig war. „Da bin ich aber sehr gespannt. Jetzt komm schon, lass dich nicht lange bitten!“, ermunterte sie ihn.
„Bevor ich anfange, stelle ich ein paar Bedingungen.“
„Das wird ja immer schöner! Und wie lauten sie?“, fragte sie mehr erheitert als erbost, denn Hanno war ihr auf unerklärliche Weise sympathisch.
„Ich will kein Geld von dir, nicht einen Heller, und ich werde auch nichts verraten, solange du dich an die Abmachung hältst, die wir am Ende dieser Unterhaltung treffen werden.“
„Denkst du, du könntest mir Vorschriften machen?“, erwiderte sie nun deutlich weniger amüsiert.
„Das tue ich nicht, aber meinem Schweigen verdankst du, dass du noch nicht in einem Kerker verrottest oder gar Bekanntschaft mit dem Henker gemacht hast.“
„Das sind harte Worte und ich hoffe, du kannst deine Behauptung auch belegen“, meinte sie kühl.
„Das kann ich. Du warst bis vor gut zwei Wochen die Geliebte des Erzbischofs. Wolff fand es heraus und du hast ihn deshalb im Schwanen getötet.“
Mit Griseldis‘ Selbstbeherrschung und ihrer Sympathie für Hanno war es auf einen Schlag vorbei. Erregt sprang sie auf. „Dann hast du dieses Gerücht über die Affäre in die Welt gesetzt?“
„Nein, ich bin nicht so dumm, mich auf diese Weise um meine Vorteile zu bringen!“, behauptete er gelassen.
„Und wie kommst du auf den Gedanken, ich könnte diesen Wolff getötet haben? Schau mich doch an, ich bin zierlich und reiche dir gerade mal bis zur Schulter. Woher sollte ich die Kraft nehmen, einen gestandenen Kerl zu ermorden?“
„Für den Mord war keine Kraft nötig, sondern nur Geschick, anatomische Kenntnisse und Kühnheit! Und wenn ich mir vorstelle, wie du in Männerkleidern aussiehst, passt die Beschreibung der Musikanten recht gut auf dich“,beharrte Hanno. „Soll ich dir schildern, wie du es angestellt hast?“
Griseldis unterdrückte ihre Anspannung nur mit Mühe. „Sprich!“
„Zuvor lässt sich zu deinen Gunsten sagen, dass dieser Wolff kein angenehmer Zeitgenosse, sondern ein Dieb, ein Mörder, und spätestens seit er in Mainz war, auch ein Erpresser gewesen ist. Er suchte dich nicht zufällig aus, sondern ganz gezielt. Wie er gerade auf dich kam, gehört jetzt nicht hierher. Wichtig ist nur, dass er beschloss, so viel wie möglich für sich herauszuholen, nachdem er von deinem Verhältnis erfahren hatte. Er wollte Geld von dir. Du gingst zum Schein darauf ein, hast ihn aber im Schwanen in eine Falle gelockt, in die er arglos tappte. Du bist wirklich ausgefuchst, das muss ich dir lassen.“
„Und du hast dir das Ganze hübsch ausgedacht!“
„So?“, grinste Hanno. „Dann stimmt es also nicht, dass Ruthard sich als Mönch und du dich als Nonne verkleidetest, wenn ihr euch in dem entlegenen Liebesnest oben auf dem Kästrich getroffen habt, und dass er die Beziehung wegen der anrückenden Kreuzfahrer beendete?“
Griseldis wurde immer aufgebrachter. Dieser Hanno wusste entschieden zu viel. Vor allem, dass er den Trennungsgrund kannte, machte sie stutzig. „Hast du uns etwa belauscht?“, mutmaßte sie auf gut Glück.
„Ja“, bekannte er. „Bei eurem letzten Treffen lag ich unterm Bett und habe alles mitgehört.“
„Du riskierst viel, um Informationen zu
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