Das Blut von Magenza
sondern auch eine andere wichtige Persönlichkeit.“
„Diese andere Person ist Gerhard, stimmt´s? Wir beide wissen, was ihr treibt, und dass euch das verbindet!“
„Du bist wirklich gut unterrichtet!“, stellte sie anerkennend fest.
„Das bin ich immer“, erwiderte er selbstsicher. „Kommen wir nun zu meinen Forderungen. Ich verlange kein Geld, das habe ich dir ja schon gesagt. Ich möchte aber auch nicht bis an mein Lebensende ein kleiner Dienstmann des Kämmerers bleiben. Ebne mir den Weg in eine höhere Position. Du hast Verbindungen zum kaiserlichen Hof. Verwende dich dort für mich, dann habe ich die Möglichkeit aufzusteigen und kann meinem bisherigen Dasein entkommen.“
„Du denkst, mein Einfluss reicht so weit?“
„Mach mir nichts vor! Du kannst viel erreichen, wenn dunur willst.“
Griseldis zögerte. Er verlangte nicht gerade wenig von ihr und sie war eigentlich nicht bereit, seine Forderung zu erfüllen. Aber da er ihr gefährlich werden konnte, beschloss sie, ihn hinzuhalten, bis sie eine Lösung gefunden hatte. „Ich werde sehen, was ich tun kann. Du besitzst Mut und Verstand und bist jung. Einigermaßen loyal scheinst du auch zu sein, auch wenn du aus dem Dienst des Kämmerers ausscheiden willst. Möglich, dass der Kaiser Verwendung für dich hat. Aber gib mir etwas Zeit“, bat sie ihn.
„Überlege nicht zu lange. Ich neige nämlich zur Ungeduld.“
„Ich werde an Heinrich schreiben, aber die Worte müssen wohlüberlegt sein, sonst schenkt er dem Brief keine Beachtung. Eines wüsste ich aber noch gern. Du hast vorhin einen Ritter erwähnt. Wie lautete sein Name?“
„Edelbert“, sagte er.
Trauer spiegelte sich auf ihrem Gesicht wider und sie wurde ganz still. Hanno empfand kurz Mitleid mit ihr, zeigte es aber nicht.
Unaufgefordert begann sie zu reden. Dabei klang ihre Stimme wehmütig. „Ich habe ihn gut gekannt. Edelbert war der erste Mann, der mir etwas bedeutete und der mich in gewisser Weise zu der Frau machte, die ich heute bin. Ich habe ihn nie vergessen und verdanke ihm viel. Das meiste, das er mich lehrte, war zu meinem Vorteil – allerdings nicht alles, sonst wäre ich jetzt nicht in dieser misslichen Lage.“
„Du hast ihn wohl sehr gemocht und sein Tod bedeutet einen Verlust für dich“, bedauerte er aufrichtig.
„Das stimmt.“
Hanno wollte sich durch ihre Betroffenheit nicht einlullenlassen, sondern beharrte darauf, dass sie ihre Abmachung einhielt. „Du vergisst dein Versprechen auch nicht?“
„Du kannst dich darauf verlassen“, antwortete sie müde. „Komm nach Christi Himmelfahrt wieder her, dann zeig’ ich dir das Schreiben.“
Palast des Erzbischofs
Es war mitten in der Nacht, als der Bote die Wache herausklopfte. „He, was soll der Lärm? Die Tore sind geschlossen. Komm morgen früh wieder“, rief er durch das geöffnete Sichtfenster.
„Es geht um Leben und Tod“, stieß der Reiter keuchend hervor. „Ich bin ein Bote Bischof Adalberts II.. In Worms ist Schreckliches geschehen, von dem Erzbischof Ruthard erfahren muss, und zwar sofort. Also, lass mich ein!“, forderte er und hielt ein Schreiben hoch.
Im Schein der Fackel erkannte der Wachmann das bischöfliche Siegel und ließ ihn ein.
„Wie gelange ich am schnellsten zu seiner Residenz?“, erkundigte sich der Mann und die Wache erklärte es ihm.
Am Bischofspalast wurde er ebenfalls sofort eingelassen und direkt zum Erzbischof geführt. Unterwürfig übergab er Ruthard das Pergament.
„Du siehst erschöpft aus“, meinte Ruthard, der Adalberts Schreiben fürchtete. „Dort drüben steht etwas zu trinken. Nimm dir einen Becher, während ich es lese.“
Der Bote ging hinüber, mischte sich Wasser mit Wein und stürzte das Getränk gierig hinunter. Seine Kehle war ausgetrocknet, denn seit er Worms verlassen hatte, ritt er ohne Unterbrechung. Er kannte den Inhalt der Botschaft und beobachtete Ruthard genau, dessen Gesichtsausdruckimmer betroffener wurde.
Als er mit lesen fertig war, meinte er: „Das ist schlimmer, als ich es mir je vorzustellen gewagt hätte.“
„Herr, es ist wahr! Um die 800 Juden fanden den Tod. Entweder fielen sie durch das Schwert der Krieger oder richteten sich selbst. Die jüdische Gemeinde ist praktisch ausgelöscht. Die Kreuzfahrer tobten vor Zorn und metzelten alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte, selbst Christen. Hasserfüllt strömte die blutrünstige Menge unter Trommelwirbeln und Triumphgesängen durch die Straßen und verlangte von
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