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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
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Geld verfügte, was sie glücklicherweise tat. Hier gab es unzählige nützliche, aber auch überflüssige Dinge zu kaufen. Kostbare Stoffe wie Brokat oder die seltene Seide aus China, eine Vielzahl exotischer Gewürze, exklusive Duftessenzen, Perlen, Pelze, Goldschmuck und noch manches, was das Herz begehrte. Die Stadt hatte sogar eine eigene Währung, den Mainzer Pfennig, der weit über die Stadtgrenzen hinaus als Zahlungsmittel akzeptiert wurde. Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als Gerhard hereinkam.
    „Du wirst mit jedem Tag schöner“, begrüßte er die junge Frau und deutete eine Verbeugung an.
    Griseldis neigte leicht den Kopf und dankte ihm für das Kompliment. Gerhard war Mitte dreißig, rotgesichtig und neigte um seine Taille zur Fülle. Dafür waren seine Waden dünn wie die eines Storches. Doch täuschte seine teure Kleidung geschickt darüber hinweg. Auch dass sich sein Haar bereits lichtete, tat seiner maskulinen Ausstrahlung keinen Abbruch. Alles in allem war er ein beeindruckenderMann, der sich seines Standes bewusst war und das auch nach außen gern zeigte.
    Er setzte sich neben sie, ergriff den zweiten Pokal und prostete ihr zu. Dann verschränkte er die Hände vor seinem Bauch. „Bist du schon heimisch geworden?“
    Griseldis seufzte und zuckte mit den Schultern. „Noch nicht so, wie ich es mir wünsche! Man begegnet mir bislang mit einer gewissen Verschlossenheit. Die Bürger sind Fremden gegenüber wohl eher zurückhaltend?“
    Dem konnte Gerhard nicht uneingeschränkt zustimmen. Eigentlich nahmen die Bürger Neuankömmlinge freundlich auf, zumal die Stadt seit jeher ein buntes Völkergemisch beherbergte. Gerhard vermutete, dass es an Griseldis selbst lag, wenn man ihr mit Zurückhaltung begegnete. Obwohl ihr Anblick allgemeines Wohlgefallen auslöste, schreckte sie durch ihr Auftreten die Menschen ab, denn sie trug ihre Nase reichlich hoch und das mochten die Mainzer ganz und gar nicht.
    „Du bist eigentlich die Erste, die das so sieht und sich darüber beschwert. Aber ich werde dein Türöffner sein. Zunächst hätte ich noch einen Rat für dich. Bist du bereit, ihn anzunehmen?“
    Griseldis mochte keinen Widerspruch und bekundete ihr Missfallen, indem sie ihre linke Augenbraue hochzog und die Lippen schürzte. Doch dann nickte sie zustimmend.
    Gerhard räusperte sich. „Gib dich offenherzig und freundlich, betone nicht immer deinen Stand und deine Herkunft. Dann wird dir entsprechend begegnet werden.“
    Die junge Frau zog scharf die Luft ein. Sie war es nicht gewohnt, kritisiert zu werden. „Ich werde es versuchen, auch wenn ich in einer Stadt wie Mainz mehr Weltoffenheit erwartet hätte. Ganz anders als am kaiserlichen Hofe“,merkte sie schnippisch an.
    „Siehst du! Das ist genau, was ich meine. Erwähne nicht immer gleich, woher du kommst. Du lebst jetzt in dieser Stadt!“
    „Ich bemühe mich“, meinte sie immer noch mit einer gewissen Herablassung.
    Gerhard bezweifelte, dass es ihr ernst damit war. „Gut, dann wird es mir eine Ehre sein, dich in die Gesellschaft einzuführen.“
    Sie redeten noch eine Weile, bis es für Gerhard Zeit war, zu seinen Gästen zu gehen. Griseldis verließ die Burg, auf demselben Weg, wie sie sie betreten hatte.

    Dombauhütte
    Widukind von Battenheim hielt sich wie so oft als Letzter in der Dombauhütte auf. Heute Morgen war eine Ladung roter Mainsandsteine auf dem Flussweg in Mainz eingetroffen und er hatte ihre Anlieferung beaufsichtigt. Noch bevor der Lastkahn anlegte, war er in den Hafen geeilt, um beim Umladen der Steinblöcke auf die Fuhrwerke dabei zu sein. Obwohl dies eigentlich nicht zu seinen Aufgaben gehörte, war es ihm inzwischen zur Gewohnheit geworden, denn mancher Schiffer oder Fuhrmann ging fahrlässig mit der tonnenschweren Fracht um und die Quader nahmen Schaden, bevor sie überhaupt ihren Bestimmungsort erreichten.
    Nachdem sie wohlbehalten im Hof der Dombauhütte abgeladen worden waren, hatte er sich daran gemacht, den besten Stein für sein Meisterstück auszusuchen. Es sollte eine Madonna mit Jesusknabe werden und er stellte deshalb hohe Ansprüche an sich und das Material. Meist flogen ihm die Ideen zu, wenn er eine Skulptur machte,aber dieses Mal tat er sich schwer. Unzählige Zeichnungen hatte er verworfen und war schon kurz davor gewesen aufzugeben, bis er eines Nachts ihr Bild vor sich sah. Er war sofort aufgestanden und hatte ihre Erscheinung vom Faltenwurf ihres Gewandes über ihre hüftlangen Haare bis hin zum

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