Das Blut von Magenza
Bettes vergnügten“, fügte er anzüglich hinzu.
Seine Bemerkung löste schallendes Gelächter aus.
„Nun, es gibt Weiber, die sind eben eine Versuchung wert. Wohingegen sich manche nur im Dunkeln ertragen lässt“, ergänzte Arnulf mit einem Seufzer und dachte an Berta, seine Frau, die eine verhärmte, knochige Person mit Haaren auf den Zähnen war. Deshalb verbrachte er auch mehr Zeit in der Schenke als zu Hause.
Johannes, der ruhigste der drei, meldete sich zu Wort: „Meinem Meister wurde letzte Woche eine sehr teure Arbeit in Auftrag gegeben. Ein kunstvolles Ohrgehänge. Ihr ratet nicht, von wem“, meinte er in die Runde.
Bardo und Arnulf ergingen sich in den wildesten Spekulationen. Auch Mathes, der dem Steinmetz gerade sein Bier brachte, beteiligte sich daran. Aber keiner erriet den Namen.
Widukind hatte plötzlich eine Eingebung. „War es eine Frau, die zu euch kam?“
Johannes nickte.
„Griseldis etwa?“
„Genau. Aber, wie kommst du ausgerechnet auf sie?“
„Ich habe soeben gesehen, wie sie in die Burg ging. Kam sie allein zu dir oder war sie in männlicher Begleitung?“, fragte er und dachte dabei an Gerhard.
„Du bist doch sonst nicht so neugierig. Sie kam mit ihrer Magd. Jeder weiß doch, dass sie nur mit ihrem Gesinde in dem Haus lebt. Aber bald soll ja ihr Bruder kommen. Ich muss schon sagen, diese Griseldis ist wirklich ein hübsches Weibsbild“, stellte er fest. „Ich frag mich, was so eine hier will.“
„Na, was schon“, mischte sich Sanne ein, die gerade mit einer Schüssel Bohneneintopf an den Tisch trat. „Einen Mann natürlich! Und so wie sie aussieht, wird‘s wohl kein armer Schlucker sein dürfen. Ich bezweifle nur, dass es diesen Bruder tatsächlich gibt. Aber man hat schon Pferde kotzen sehen.“
Sanne war wie üblich auf dem Laufenden. „Interessierst du dich etwa für die Person?“, fragte sie Widukind mit deutlicher Skepsis in ihrer Stimme, ließ ihn aber gar nicht erst zu Wort kommen. „Ich denke nicht, dass sie einen wie dich überhaupt bemerkt. Du bist zwar keine schlechte Partie, aber für Griseldis bestimmt nicht gut genug.“
„Nein“, wehrte der Steinmetz ab. „Sie ist zwar schön, aber nicht die Sorte Weib, für die ich mich erwärmen kann. Ich sah sie nur eben zu Gerhard gehen.“
„Aha, zu unserm Herrn Stadtgrafen. Da spinnt sie ja gleich die richtigen Fäden“, bemerkte Sanne schnippisch, bevor sie wieder in die Küche verschwand.
„Was ist denn deinem Weib über die Leber gelaufen?“, wollte Bardo wissen.
„Griseldis höchstpersönlich. Die beiden trafen sich wohl beim Krämer und sie machte Sanne auf ziemlich hochnäsige Art und Weise deutlich, dass ihr Stand höher ist und sie deshalb zuerst bedient werden wolle. Und du weißt ja, wie empfindlich Frauen sein können“, entgegnete Mathes.
„Wem sagst du‘s“, seufzte Arnulf, dem erneut Berta in den Sinn kam. Bei diesem Gedanken bestellte er sich gleich noch ein Bier.
„Und wurde Griseldis zuerst bedient?“, hakte Johannes nach, der es genau wissen wollte.
Mathes grinste breit. „Nein, du kennst doch Sanne. Am Schluss war diese Griseldis wohl ziemlich kleinlaut und hat sich brav hinten angestellt.“
„Weiß einer von euch eigentlich Näheres über sie?“, erkundigte sich Widukind.
„Sie lebte bisher am Kaiserhof und will hier wohl sesshaft werden. Zu ihrem Hausstand gehören eine Magd und ein Knecht und sie wohnt in der Großen Scheffergasse. Mehr ist aber nicht bekannt.“
„Ich finde es seltsam, dass sie vom kaiserlichen Hof nach Mainz übersiedelte. Die meisten würden es umgekehrt machen, wenn sie diese Möglichkeit bekämen“, wunderte sich Bardo.
„An Geld scheint es ihr jedenfalls nicht zu mangeln. Das Ohrgehänge, das sie bestellte, kostet immerhin zehn Pfennig“, äußerte Johannes.
„Davon wird ein armer Mann lange satt“, seufzte Bardo.
Widukind hatte seinen Eintopf halb geleert. „Ich habe das ungute Gefühl, dass dieses Weib Ärger bescheren könnte.“
„Wie kommst du darauf?“
„Ich kann es nicht näher erklären, es ist eben nur ein Empfinden. Wir werden ja sehen, was die Zukunft bringt“,bemerkte er vage, denn er wollte den anderen nicht erzählen, was er vorhin beobachtet hatte. „Sag übrigens Sanne, dass ihr Eintopf wie immer ausgezeichnet schmeckt, und bring mir noch ein Bier. Auf einem Bein kann ein Mann nicht stehen“, forderte er Mathes auf.
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür und die Gespräche verstummten
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