Das Blut von Magenza
inzwischen angelegt hatte. „Das hast du ordentlich gemacht!“, lobte er sie. „Womit hast du die Verletzung gereinigt?“
„Mit Wasser.“
„Das reicht nicht“, erwiderte er.
Nun tastete er vorsichtig Mathes‘ Bauch ab. Dabei verriet seine Miene nicht, was er dachte, und Sanne befürchtete das Schlimmste.
„Widukind, hilf mir, ihn umzudrehen. Ich muss mir seinen Rücken anschauen“, forderte er den Steinmetz auf.
Widukind tat wie geheißen, musste aber seine Zähne zusammenbeißen, um nicht vor Schmerz laut aufzuschreien, denn die Wunde am Unterarm brannte inzwischen wie Feuer. Ibrahim entging das nicht und er bemerkte erst jetzt, dass auch der Steinmetz verletzt war. „Ich schau’ mir das gleich an. Das hast du mir gar nicht gesagt“, meinte er mit leichtem Vorwurf.
„Sieh erst nach Mathes“, erwiderte Widukind rasch.
Nachdem die Untersuchung abgeschlossen war, nickte der Arzt zufrieden, was bei Sanne für Erleichterung sorgte. „Er hat anscheinend großes Glück gehabt. Die Waffe drang wohl nicht sonderlich tief in den Körper. Wenn er nicht nach innen blutet, was ich so nicht feststellen kann, ist es nicht allzu schlimm. Sobald er Wasser lässt, achte darauf, ob er Blut im Urin hat. Überlebt er diese Nacht, ohne Fieber zu bekommen, hat er gute Aussichten gesund, zu werden.“
Dann tröpfelte er eine Flüssigkeit auf die Verletzung, nahm eine Nadel aus seinem Beutel, glühte sie über einer Flamme aus, fädelte den Faden ein und nähte die Verletzung mit vier Stichen. Mathes erwachte glücklicherweise nicht aus seiner Ohnmacht und bemerkte von alldem nichts. „Betupfe sie morgens und abends mit Wein und verbinde sie jedes Mal frisch, so wie ich es gerade tue“, trug Ibrahim Sanne auf. „Und jetzt muss er ins Bett geschafft werden. Aber vorsichtig, damit die Naht nicht aufreißt. Widukind, rufe zwei Männer, die das erledigen. Dann kannst du auch den anderen gleich sagen, dass es ihm recht gut geht.“
Die Nachricht des Arztes wurde von den Wartenden mit Erleichterung aufgenommen und sie trollten sich.Widukind kam mit Johannes und Bardo zurück, die den Gastwirt nach oben trugen und ins Bett legten. Derweil gab der Arzt Sanne weitere Anweisungen. „Fühl’ regelmäßig seine Stirn. Wenn er fiebert, mach aus dieser Weidenrinde einen Tee. Er lindert die Schmerzen und senkt das Fieber“, empfahl er und reichte ihr ein Säckchen mit zermahlener Rinde. „Er soll das Bett für mindestens zwei Tage hüten. Ich werde morgen nach ihm sehen. Dann bringe ich auch eine Salbe mit, die den Heilungsprozess fördert. Aber ich muss sie erst mischen. In einigen Tagen werde ich dann dieFäden entfernen.“
„Ich danke dir!“, entgegnete sie mit tränenerstickter Stimme und verschwand nach oben in die Schlafstube.
In diesem Augenblick kamen die Männer des Schultheißen, um die Fuhrleute abzuholen. Johannes und Bardo führten sie zum Keller, wo die drei vom Bier benebelt laut vor sich hin schnarchten. „Erst hat das Bier sie wütend und dann zahm gemacht“, stellte Johannes fest.
„He, aufwachen, jetzt geht’s ab ins Gefängnis!“, weckte Bardo sie.
Schlaftrunken rappelten sie sich hoch und wurden von Gernots Männern in Empfang genommen, die sie wegbrachten. Morgen früh würde Gernot sich mit ihnen beschäftigen, heute Nacht blieb ihnen ausreichend Zeit, um über ihre Schandtat nachzudenken.
„So, und nun zu dir“, wandte sich Ibrahim an Widukind.
Er löste die blutdurchtränkte Binde. „Das ist ein recht tiefer Schnitt. Krümm’ deine Finger, einen nach dem andern“, sagte er und machte es ihm vor.
Widukind tat es ihm nach.
„Du kannst von Glück sagen, dass es nicht schlimmer gekommen ist. Wäre der Schnitt noch tiefer, hätten einer oder sogar mehrere Finger steif werden können. Dann könntest du deinen Beruf nicht mehr ausüben“, bemerkte der Arzt, während er die Wunde reinigte. „Ich werde sie mit ein paar Stichen nähen müssen, sonst heilt sie nicht richtig. Das wird etwas schmerzen.“
„Tu, was du tun musst.“
Jeder Stich trieb Widukind das Blut in die Schläfen, aber er biss sich auf die Zunge, um keinen Mucks von sich zu geben.
„Für dich gilt das Gleiche wie für Mathes. Betupfe dieNaht morgens und abends mit Wein und bestreiche sie mit der Salbe, die du morgen bei mir holen kannst. In einer Woche, spätestens zehn Tagen müsste alles verheilt sein. Aber schone dich. Du darfst keinesfalls schwer heben, sonst reißt sie wieder auf und dann bürge ich für
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