Das Blut von Magenza
nichts“, riet ihm der Arzt.
„Wie stellst du dir das vor? Ich bin Steinmetz“, entrüstete sich Widukind. „Schweres Heben gehört zu meinem Beruf.“
„Das weiß ich. Aber willst du eine Entzündung riskieren, die deine Hand auf Dauer schädigt? Dann wirst du deinen Beruf ganz aufgeben müssen. Also suche dir in den nächsten Tagen leichtere Arbeit.“
Widukind war verärgert über die verordnete Zwangspause, fügte sich aber grollend. Was taugte ein Steinmetz, der nur eine Hand benutzen konnte? Er bezahlte Ibrahim, auch für die noch anstehenden Besuche bei Mathes, und brachte ihn dann zur Tür.
„Wir sehen uns morgen“, verabschiedete sich der Arzt.
In diesem Augenblick kam Sanne die Stiege hinunter. Sie war immer noch blass, aber deutlich gefasster als vorhin. „Mathes schläft. Setz dich noch ein bisschen zu mir. Wir trinken jetzt zusammen ein Bier. Das beruhigt die Nerven. Er ist ja gerade noch mal glimpflich davongekommen. Was ist mit deinem Arm?“, fragte sie, als sie mit den Krügen an den Tisch zurückkehrte.
„Ich muss mich ein paar Tage schonen.“
„Ich vergaß, den Arzt zu bezahlen“, bemerkte sie plötzlich.
„Das tat ich bereits.“
„Wir haben selbst genug Geld“, erwiderte sie beinah beleidigt.
Widukind lächelte. „Daran habe ich keinen Zweifel. Dukannst es mir ja zurückzahlen.“
„Einverstanden. Was ist mein Mann nur für ein Dummkopf. Legt sich gleichzeitig mit den drei schlimmsten Rabauken von Mainz an“, sagte sie mit zittriger Stimme.
„Sie haben dich beleidigt und ihn in seiner Ehre gekränkt, und du weißt ja, wie empfindlich er in dieser Hinsicht ist. Ich hoffe, dass Jobst, Sixt und Endris endlich eine Lehre erteilt wird. So kann es nicht mit ihnen weitergehen.“
„Was denkst du, wird mit ihnen geschehen?“
„Das liegt ganz bei Gernot. Er entscheidet, ob sie der hohen Gerichtsbarkeit übergeben werden oder nicht. Wenn ja, dann gnade ihnen Gott.“
„Die drei sind solche Hitzköpfe, dass sie früher oder später unter dem Beil des Henkers enden werden, wenn sie nicht bald zur Besinnung kommen.“
„Da hast du wohl recht. Vielleicht dient ihnen der heutige Abend ja als Warnung. Lässt du das Gasthaus für die nächsten Tage geschlossen?“
„Nein, das kann ich nicht, aber ich besorge mir Hilfe.“
Widukind leerte seinen Krug und verabschiedete sich. „Ich wünsch’ dir eine gute Nacht. Und wenn irgendetwas ist, hol’ mich.“
„Danke und ebenfalls gute Nacht.“
Sanne verschloss die Schenke und ging wieder zu ihrem Mann. Als sie seine Stirn fühlte, stellte sie erleichtert fest, dass sie kühl war. Dann zog sie sich aus, schlüpfte unter die Decke und drückte sich sanft an den Schlafenden. Sie dankte Gott und der Heiligen Maria, dass er überlebt hatte, und bat um rasche Genesung.
Burg
Griseldis folgte der Dienstmagd des Stadtgrafen in den großen Saal, wo sich die übrigen Gäste bereits eingefunden hatten. Da sie ungeteilte Aufmerksamkeit schätzte, kam ihr die kleine Verspätung gerade recht. Mit einem Lächeln auf den Lippen trat sie ein und registrierte voller Genugtuung, wie sich ihr alle Köpfe zuwandten. Das übliche Raunen der Männer begleitete ihr Erscheinen genauso wie die abschätzenden Blicken ihrer Frauen. Da Griseldis ihre Wirkung auf andere zur Genüge kannte, ließ sie sich nicht beirren und schritt mit einer Selbstverständlichkeit auf den Hausherrn zu, als ginge sie seit Jahren hier ein und aus. Gerhard stellte betrübt fest, dass seine Worte keine Wirkung zeigten, Griseldis übte sich keineswegs in Bescheidenheit.
Er begrüßte sie, als sähen sie sich heute zum ersten Mal, und stellte ihr zuerst Utz, den Sprecher der Kaufleute und dessen Frau Herlinde vor. Die beiden waren ein äußerst ungleiches Paar, er untersetzt und mit einem Kopf, der wie ein poliertes Gänseei glänzte, sie dürr wie ein alter Klepper und um einige Finger größer als ihr Gatte. Utz‘ Schwäche waren die Frauen, wofür er stadtbekannt war – sehr zu Herlindes Leidwesen. Beide musterten Griseldis eingehend, jedoch auf sehr unterschiedliche Weise. Seine Augen verrieten Lüsternheit, Herlindes Furcht vor einer möglichen Konkurrentin.
Der Kaufmann ergriff ihre Hand und versuchte sich gleich bei ihr einzuschmeicheln. „Egal wie ausgefallen deine Wünsche auch sein mögen, ich kann dir alles beschaffen, was du begehrst. Bisher waren alle meine Kundinnen stets äußerst zufrieden mit mir“, meinte er anzüglich.
„Ich danke dir für das
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