Das Blut von Magenza
Nutzen sein. Nun, da wir endlich vollzählig sind, lasst uns zu Tisch gehen“, ordnete sie an, wobei Griseldis der leise Vorwurf über ihre Verspätung keineswegs entging.
Der Stadtgraf setzte sich an das eine Kopfende, Reinhedis ihm gegenüber. Die übrigen Gäste wurden ihrem Rang entsprechend platziert, Griseldis wurde zwischen Conrad und Dithmar gesetzt. Bevor die Speisen aufgetragen wurden, sprach Conrad das Tischgebet. Dann reichten Mägde des Hauses Wasserkrüge und Schalen, damit die Tafelnden sich die Hände reinigen konnten, die sie an dem schlichten weißen Tischtuch abputzten. An jedem Platz standen ein Teller, eine Vorlegeschale, ein dunkelgrünes Weinglas, ein Trinkbecher für Wasser, ein Holzlöffel und ein Messer. Griseldis hatte vorsorglich ihr eigenes mitgebracht, was indiesem vornehmen Haus gar nicht notwendig gewesen wäre. Des Weiteren gab es Gefäße mit Salz zum Nachwürzen.
Trotz der Fastenzeit wurde heute nicht mit dem Essen gegeizt. Immerhin feierte Reinhedis Geburtstag. Aber um nicht zu schwer zu sündigen, gab es nur leichte Speisen. Das Mahl begann mit einer Getreidesuppe, der zwei Sorten Fisch und gedünstetes Gemüse folgten. Dazu wurde das teurere, helle Brot aus Weizen gereicht. Geschmorte Äpfel mit Mandeln und ein Kuchen rundeten das Essen ab. Gerhard spendierte seinen besten Weißwein, der aus dem Keller des Benediktinerklosters stammte. Er erhob als Erster sein Glas und brachte einen Trinkspruch auf seine Gemahlin aus, dem sich die Gäste anschlossen.
Da Griseldis fremd in der Runde war, beteiligte sie sich kaum am Tischgespräch. Man sprach über alles Mögliche, bis Reinhedis die Sprache auf den Erzbischof brachte. „Wie geht es eigentlich Ruthard? Was aus seinem Krankenzimmer dringt, klingt nicht gerade zuversichtlich“, wandte sie sich an Conrad.
„Es stimmt, dass es ihm sehr schlecht geht. Der Arzt fürchtet sogar um sein Leben und nur sein Diener, der Kämmerer, und ich dürfen zu ihm. Aber heute Morgen ist eine leichte Besserung eingetreten.“
„Das ist erfreulich, dennoch werden wir ihn weiterhin in unsere Gebete einschließen“, meinte sie. „Hast du sonst irgendwelche Neuigkeiten?“
Conrad nickte. „Hat einer von euch bereits gehört, was auf der Synode in Clermont-Ferrand geschah?“
Bis auf Wylhelm verneinten alle.
„Ich komme gerade aus Frankreich und erfuhr dort, dass der Papst die Gläubigen zur bewaffneten Wallfahrt ins Morgenland aufgefordert hat, um die heiligen Pilgerstättenaus der Hand der Seldschuken zu befreien.“
„Wirklich?“ Reinhedis war überrascht.
„Es stimmt!“, bestätigte Conrad. „Ein französischer Mitbruder, der bei der Ausrufung des Kreuzzuges dabei war, schrieb mir davon. Er soll am 15. August nächsten Jahres beginnen. Lange haben angesehene Kirchenführer – darunter auch Willigis – vor diesem ungewissen Unternehmen gewarnt und ihre Mahnung wurde ernst genommen. Aber nun ist es doch anders gekommen“, sagte er mit grimmiger Miene.
„Aber warum will der Papst diesen Kreuzzug?“, fragte Utz. „Die Befreiung der Heiligen Stätten ist doch nur ein Vorwand. Sie sind für die Christen frei zugänglich. Ich habe mich selbst davon überzeugen können, als ich in Jerusalem war.“
„Da stimme ich dir zu“, bestätigte ihm Conrad. „Man sagt Urban nach, dass er gern das Schisma beseitigen und die Ostkirche wieder mit der Westkirche vereinen will. Das könnte einer der Beweggründe sein, ein anderer sind die Ritter des Frankenreichs!“
„Das verstehe ich nicht. Was haben französische Ritter damit zu tun?“, warf Kunigunde ein.
„Sie sind gut ausgebildete Edelmänner mit teuren Waffen, deren Aufgabe das Kämpfen ist. Allerdings gibt es im Moment keinen entsprechenden Krieg, der sie fordert, und sie wissen nichts Rechtes mit sich und ihrer Zeit anzufangen. Manchen mangelt es an Geld, das sie für’s Kriegführen bekommen. Urban ist deshalb eine Allianz zwischen Kirche und Adel eingegangen, deren Anlass weniger edler Natur ist als vielmehr der Notwendigkeit geschuldet. Die Ritter benötigen endlich wieder eine sinnvolle Beschäftigung und diese bietet ihnen der Heilige Krieg.“
„Denkst du das wirklich?“, fragte Gernot, der sich das nicht so recht vorstellen konnte.
„Das erscheint mir plausibel“, pflichtete Gerhard Conrad bei. „Einige von ihnen erweisen ihrem Stand keine Ehre. Sie stiften Unruhe und ziehen plündernd durchs Land. Da liegt es doch nahe, dass man sie auf die Kirche einschwört und
Weitere Kostenlose Bücher