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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
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aufgeschreckt und alle Augen richteten sich nun auf die kleine Gruppe. Keiner wagte es jedoch, dazwischenzugehen, selbst der Wirt hielt sich zurück.
    „Ich will keinen Ärger“, rief Hanno laut, um jedem seine Absicht klarzumachen. „Aber ich habe gesagt, dass ich gehe und das werde ich jetzt tun. Einverstanden?“
    Seine beiden ehemaligen Mitspieler nickten nur, während der Mann, den er in der Mangel hatte, „Ja“ hervorpresste.
    „Also, dann lasst mich jetzt in Frieden“, meinte er leiser. „Dieser Dolch hier ist nur zu meiner Verteidigung, aber ich rate euch, mich nicht herauszufordern. Ich weiß ihn zu gebrauchen! Wir haben nach den Regeln gespielt und ihr habt verloren. Akzeptiert es!“
    Hanno verließ rückwärtsgehend das Wirtshaus, denn er traute dem Frieden nicht. Er beeilte sich, rasch in seine Unterkunft zu kommen, da er fürchtete, sie könnten ihm folgen. Doch sie dachten nicht daran. Grollend holten sie sich noch drei Krüge Bier und setzten sich dann wieder. Es war ihnen anzumerken, wie sehr diese Demütigung an ihnen nagte.
    Plötzlich löste sich aus einer schummrigen Ecke ein Mann und trat an ihren Tisch. Die Spieler hatten ihn nicht bemerkt, als er nach Ihnen die Gaststube betreten hatte, so sehr waren sie ins Würfeln vertieft gewesen. „Ich würde mir das nicht gefallen lassen. Der Kerl hat euch ganz klar über den Tisch gezogen“, meinte er und schürte so den Unmut der Verlierer noch.
    „Bist wohl ein besonders Kluger! Was würdest du anunserer Stelle tun?“
    Mit gesenkter Stimme entgegnete er verschlagen: „Ihm morgen früh auflauern und mein Geld zurückholen. Er hat doch gesagt, wann er aufbricht und wohin er reitet. Ihr seid doch in der Überzahl, und da ihr nun wisst, wie er zu kämpfen versteht, dürfte es euch nicht schwerfallen, ihn zu überwältigen. Aber fangt ihn nicht zu nahe am Dorf ab, sonst könnte ihm am Ende jemand zu Hilfe eilen. “
    „Auf den Gedanken hätten wir auch selbst kommen können“, stellte einer der drei fest. „Setz dich und nenn uns deinen Namen, wir spendieren dir ein Bier für deinen Rat“, lachte er.
    „Nein, ich hatte schon genug. Gehabt euch wohl“, verabschiedete sich die Gestalt, ohne sich vorgestellt zu haben.
    Wolff hatte in Hanno sofort den Kerl aus der Speyerer Schenke erkannt. Eigentlich wollte er zuerst auf der Stelle kehrt machen, aber da Hanno ihn nicht beachtete, hatte er beschlossen zu bleiben. Anfangs war er unsicher, was er tun sollte. Als er aber sah, wie der Hase lief, entschied er sich, die drei für seine Zwecke einzusetzen. Warum sollte er sich die Finger schmutzig machen, wenn andere das für ihn erledigten? Zufrieden rieb er sich die Hände, als er in der Dunkelheit verschwand.
    „Ein seltsamer Kauz“, meinte einer, nachdem er gegangen war.
    „Aber sein Vorschlag ist nicht dumm. Wer er wohl sein mag?“, mischte sich sein Freund ein. „Wirt, hast du den schon einmal gesehen?“
    „Nein, er schien aber ziemlich an euch interessiert, denn er schaute die ganze Zeit zu euch hinüber. Ich habe mich schon gefragt, ob ihr ihn kennt.“
    „Wir haben ihn noch nie zuvor gesehen.“
    „Na, dann galt sein Interesse vielleicht eurem Mitspieler. Was wollte er denn von euch?“
    „Nichts!“, wiegelten sie ab.
    „Dafür habt ihr aber lange geredet. Doch das geht mich nichts an. Das ist das letzte Bier, dann sperre ich zu.“
    Mainz, Hoher Dom zu St. Martin
    Widukind wurde durch sein eigenes Schnarchen geweckt. Verschlafen rieb er sich die Augen, streckte sich und stand auf. Draußen herrschte tiefe Dunkelheit. Glockengeläut verkündete, dass es Zeit für den Gottesdienst war. Er setzte seine Kappe auf und verließ das Haus. Raschen Schrittes eilte er zum Dom, wo heute Abend die Messe gefeiert wurde. Von überall her strömten die Bürger Richtung Gotteshaus und ein Heer von Fackeln erhellte die Gassen. Widukind, der den ganzen Tag über nicht in Feiertagslaune gewesen war, kam nun zur Besinnung. Der Zorn, der sich im Lauf des Tages in ihm angestaut hatte, wich der Vorfreude auf das Fest. Rechtzeitig zur Geburt des Erlösers war er wieder mit sich im Reinen.
    Als er sich dem Dom näherte, sah er einen matten Lichtschimmer hinter den milchigen Fensteröffnungen. Widukinds Augen tasteten die vertraute Silhouette ab, die sich nur schwach vom dunklen Nachthimmel abhob. Er erahnte die naturbelassenen Lisenen und Gesimse aus rotem und gelbem Sandstein mehr als dass er sie sah, und bewunderte im Stillen die Vision, die Willigis

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