Das Blut von Magenza
Wesen hat Bestand. Außerdem musst gerade du michverstehen. Deine Frau ist auch etwas Besonderes“, stellte Widukind fest.
Crista, die Frau von Archibald, war zwar keine ausgesprochene Schönheit, aber adrett anzuschauen, stets gut gelaunt und stand ihrem Mann in allen Lebenslagen zur Seite.
„Das stimmt“, gestand Archibald. Da er noch drei unverheiratete Töchter hatte, die an den Mann gebracht werden mussten und die sich während Widukinds Abwesenheit zu hübschen Jungfrauen entwickelt hatten, sprach er erneut eine Einladung aus. „Wenn du schon an Weihnachten nicht kommst, dann besuch uns doch danach. Du warst lange nicht mehr bei uns und meine Familie würde sich freuen, dich einmal wiederzusehen.“
„Das tue ich bestimmt“, versprach Widukind und legte seine Zeichnungen wieder weg.
„Es ist zwar noch früh am Tag, aber für heute wird die Arbeit beendet“, sagte Archibald und entließ die Lehrlinge und Gesellen vorzeitig.
Widukind war das mehr als recht und er lief ohne Umwege nach Hause. Im Gegensatz zum Morgen hatten sich die Gassen merklich geleert. Die Läden der Händler waren längst hochgeklappt und in den meisten Häusern wurden die ersten Kerzen entzündet. Zufrieden stellte er fest, dass Matilde, die hin und wieder kam, um ihn mit Essen zu versorgen oder seine Wäsche zu waschen, ihm Brot gebacken, Käse und getrockneten Fisch gekauft hatte. Am Brunnen wusch er den Staub ab, schlüpfte in seine Festtagskleidung und aß etwas. Da es bis zur Mette noch Zeit war, beschloss er, ein wenig zu schlafen. Er streckte sich auf der Küchenbank aus und stellte die Füße auf den Boden, da sie für seine Körperlänge zu kurz war. Bald darauf war er eingeschlafen.
Bei Oppenheim
Wolffs Pläne deckten sich nicht mehr mit Hartwigs Vorstellungen. Für ihn stand unumstößlich fest, dass es keine gemeinsame Zukunft gab. Die Lösung, die er anstrebte, würde seinem Kumpan gewiss nicht gefallen. Aber da Hartwig hartnäckig Wolffs Absichten ignorierte, mussten drastischere Maßnahmen her als simple Ablenkungsversuche à la Hurenhaus. Deshalb hatte er gestern heimlich Erkundigungen über die nähere Umgebung und den Weg nach Mainz eingeholt. Er wusste jetzt, wann, wo und wie er seinen Gefährten loswerden konnte.
Um ihn in Sicherheit zu wiegen, hatte er ihm gestern Abend kurzerhand von Bruder Anselms Notiz erzählt und dass sie der Grund war, warum er in die Stadt wollte. Hartwig hatte sehr überzeugend den Überraschten gespielt, aber er konnte Wolff nicht täuschen, dazu kannte er ihn gut genug.
„Hast du inzwischen herausgefunden, was es mit diesen Namen auf sich hat?“, hatte Hartwig gefragt.
„Nein, aber mach dir mal keine Sorgen, das erfahren wir spätestens in Mainz. Was hältst du davon, wenn wir morgen früh aufbrechen? Dann könnten wir am Abend in der Stadt sein“, schlug er ihm vor und Hartwig willigte ein.
Kurz nach Tagesanbruch hatten sie Oppenheim verlassen und ritten nun in scheinbarer Eintracht nebeneinander her.
„Was tun wir als Erstes, wenn wir dort sind?“, fragte Hartwig.
„Ein Quartier suchen“, antwortete Wolff.
„Das meine ich nicht, das weißt du genau.“
„Das ist doch alles längst besprochen. Wir schauen uns umund versuchen, etwas über die entsprechenden Personen herauszufinden.“
„Fangen wir mit der Beobachtung des Erzbischofs an?“
„Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist“, gab Wolff zu bedenken. „Es sind Feiertage. Da wird er wohl häufiger in der Kirche sein als sonst wo. Zuerst machen wir uns mit der Stadt vertraut und hören uns um. So erfahren wir bestimmt schon einiges, das uns von Nutzen ist. Danach sehen wir weiter. Du weißt ja, gut’ Ding will Weile haben. Auf alle Fälle dürfen wir keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen und müssen uns wie normale Reisende verhalten“, beschwor er Hartwig, der den Seitenhieb verstand.
„Ich tue ja, was du sagst“, gab Hartwig sich geschlagen.
„Gut, dann stimmst du mir auch sicher zu, dass wir den schnellsten Weg nach Mainz nehmen und das ist der Treidelpfad am Rhein entlang.“
„Warum nicht?“
„Wir reiten erst Richtung Fluss und müssen dann durch einen Auwald, um dorthin zu gelangen.“
Sie ließen die letzten Häuser hinter sich und nahmen eine Straße, die immer schmaler wurde. Bald waren sie unter sich und mussten hintereinander reiten.
„Bist du dir sicher, dass wir hier richtig sind?“, argwöhnte Hartwig schließlich, dem die einsame Umgebung nicht behagte. „Es sieht so
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