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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
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will er die Schmach tilgen und seinen Mut unter Beweis stellen. Sein Beiname lautet übrigens le Charpentier, was so viel heißt wie der Sargzimmerer, belehrte ihn Conrad.
    Rutharts Miene verfinsterte sich. „Der Herr sei uns angesichts solcher Krieger gnädig! Woher rührt der Beiname?“
    „Angeblich verfügt er über immense Kräfte und kann mit einem Hieb das Schild seines Gegners zertrümmern.“
    Ruthard war aufgestanden und lief umher, denn es half ihm beim Denken. „Was bedeutet das für uns?“
    Conrad hatte diese Frage erst kürzlich beim Geburtstagsessen von Reinhedis disputiert und war seitdem zu keinem anderen Schluss gekommen. „Das ist schwer vorherzusagen. Viele der Pilger sind Habenichtse, die sich eine neue Existenz im Morgenland aufbauen wollen. Das bedeutet, dass sie nicht nur unerfahren im Kampf und schlecht gerüstet sind, sondern dass auch ihre Versorgung problematisch werden könnte. Ich fürchte, diese Wallfahrt wird rasch zu einem Krieg werden, der mehr Verwüstung als Ruhm bringt. Bedenkt auch, dass der Papst ihnen durch die Gewährung des totalen Ablasses quasi einen Freibrief ausgestellt hat, der sie von allen Sünden losspricht.“
    „Doch nicht von der Sünde des Tötens!“, warf Ruthard dazwischen.
    „Seid Ihr Euch dessen sicher? Er hat es so gesagt und sie nehmen es für bare Münze, selbst wenn er es nicht so meinte. Und auch wenn er es nicht gutheißt: wie will er es verhindern? In Frankreich kam es bereits zu ersten Gräueltaten. Dort wurden Bauern erschlagen, weil sie sich weigerten, ihnen Nahrung zu geben, ihre Weiber wurden geschändet, ihre Kinder getötet und die Gehöfte geplündert. Man sagt auch, dass sie die Juden angreifen. Krieg folgt immer seinen eigenen Gesetzen.“
    „Noch ist es keiner!“
    „Erinnert Euch an meine Worte: Das kann sich rasch ändern. Und früher oder später werden sie unsere Grenze überschreiten, denn nur so können sie nach Osten gelangen“, ergänzte er noch.
    Ruthard schwieg betroffen. „Du denkst, sie könnten auch Mainz bedrohen?“
    „Möglich ist es. Die Stadt ist eine äußerst wichtige Metropole, zu der die Handelswege aus allen Richtungen des Reichs führen. Mainz besitzt etliche Reichtümer, die Begehrlichkeiten wecken können. Allein der Domschatz ist der größte des Abendlandes und hier gibt es eine wohlhabende Judengemeinde.“
    „Conrad, du malst ein düsteres Bild!“
    „Ich behaupte ja nicht, dass es so weit kommt, aber die Möglichkeit besteht und deshalb sollten wir ein Auge auf das Geschehen haben und nötigenfalls Vorsorge treffen.“
    „Du hast recht. Ich berate mit den Herren des Domkapitels, was zu tun ist, und werde einen Boten zu Kaiser Heinrich IV. senden, damit er über die Lage unterrichtet ist.“
    „Erwartet Euch nicht zu viel von ihm. Er kämpft gegen die Truppen von Papst Urban und hat in Markgräfin Mathilde von Tuszien, der Burgherrin von Canossa, und ihren Verbündeten ebenbürtige Gegner, die ihn in Schach zu halten wissen. Er kann weder Soldaten noch Geld entbehren.“
    „Dann müssen sich eben die Fürsten des Reichs verbünden!“, bemerkte Ruthard.
    Doch Conrad teilte diese Hoffnung seines Erzbischofs nicht, denn die Fürsten kochten gern ihr eigenes Süppchen, was sie in der Vergangenheit oft genug bewiesenhatten. Ruthard war ans Fenster getreten und schaute schweigend hinaus. Conrad deutete dies als Zeichen, dass die Unterhaltung beendet sei, und wollte gehen. Doch der Bischof hielt ihn zurück und überraschte ihn mit einer unerwarteten Frage. „Gestern während der Christmette fiel mir eine junge, blonde Frau auf, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Kennst du sie?“ Er beschrieb sie ihm.
    „Ihr meint sicher Griseldis. Sie wohnt erst seit Kurzem hier.“
    „Was weißt du über sie?“
    „Nicht viel. Sie ist Waise und wohl hierhergekommen um zu heiraten. Ihr Bruder wird ebenfalls bald nach Mainz übersiedeln.“
    „Im heiratsfähigen Alter ist sie ja, eigentlich schon fast darüber, und eine Schönheit ebenfalls“, stellte Ruthard betont beiläufig fest.
    Conrad betrachtete nachdenklich den Rücken seines Dienstherrn, der es wohlweislich vermied, sich umzudrehen. Plötzlich sah er ihn mit den Augen eines Mannes. Ruthard stand im Saft seines Lebens und hatte Bedürfnisse wie alle seine Geschlechtsgenossen. Auch wenn die Kirche Keuschheit von ihren Geistlichen erwartete, bedeutete das nicht, dass dieses freiwillige Gelübde auch eingehalten wurde. Mit Schaudern dachte Conrad an

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