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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
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während sie hier allein in ihrem Bett lag, machte sie schier verrückt vor Eifersucht. „Mein Gatte stört mich aber nicht! Im Gegenteil – er übt einen beruhigenden Einfluss auf mich aus“, versuchte sie den Arzt umzustimmen.
    „Ich halte es dennoch für besser so“, beharrte dieser ungerührt.
    Gerhard, der bei dem Gespräch dabei war, ergriff ihre Hand. „Reinhedis, bitte tu, was der Arzt verlangt. Ich möchte nicht, dass dir oder auch dem Kind etwas geschieht. Es sind nur noch wenige Wochen, dann wird alles wieder so sein wie bisher.“
    Sie schaute ihn mit feuchten Augen an. „Versprichst du mir das?“
    „Natürlich, meine Liebe. Warum sollte es nicht so sein?“
    „Gut, dann werde ich mich fügen“, seufzte sie ergeben.
    Der Physicus nickte erfreut. „Der Köchin werde ich sagen, was sie dir zu kochen hat. Die Speisen müssen dich kräftigen, dürfen deine Verdauung aber nicht belasten. Ich werde regelmäßig vorbeikommen und nach dir sehen“, meinte er und verabschiedete sich. Gerhard gab er durch ein Zeichen zu verstehen, dass er ihn vor der Tür noch sprechen wollte. „Schlaf’ etwas, mein Liebes. Nachher komm’ ich und sehenach dir“, sagte er und küsste sie auf die Stirn.
    Dann folgte er dem Arzt, der ihm noch einmal einschärfte, dass Reinhedis seine Anordnungen unbedingt befolgen solle. „Achte darauf, dass sie sich nicht aufregt und das Bett nicht verlässt. Selbst wenn die Blutungen aufhören, muss sie sich schonen.“
    In Reinhedis kroch unterdessen die Verbitterung hoch. Die Bettruhe machte ihre Pläne zunichte. Sie hatte gehofft, sich innerhalb weniger Tage Klarheit verschaffen zu können, vor allem, da sie nun von dem Geheimgang wusste. Stattdessen war sie zur Untätigkeit verdammt. Um ihre Gedanken in eine andere Richtung zu lenken und um die Bitterkeit zu vertreiben, griff sie nach dem Gebetbuch, das Gerhard ihr zur Hochzeit geschenkt hatte. Sie schlug das reich verzierte Büchlein auf und ergötzte sich an den schönen Bildern und der fein säuberlichen Schrift. Es war ein kostbares Werk und über die Jahre hinweg Zeugnis seiner großen Zuneigung zu ihr. Als sie es in den Händen hielt, konnte sie sich nicht vorstellen, dass er ihre Liebe auf solch infame Weise verraten sollte.

Mittwoch, 2. Januar 1096, 5. Schewat 4856
    Mainz
    Mainz erwachte aus dem achttägigen Feiertagsschlaf. Endlich hatten die Läden wieder geöffnet und die Bauern kamen in die Stadt, um auf den Märkten ihre Waren anzubieten. Griseldis, die vor Langeweile beinah trübsinnig geworden war, beschloss sich aufzumuntern, indem sie einkaufen ging. Nichts besserte ihre Stimmung mehr, als nach hübschen Dingen zu suchen und sie auch zu erwerben. Außerdem wurde sie das Gefühl nicht los, Dithmar meide sie, und sie wollte herausfinden, ob ihr Eindruck stimmte. Deshalb entschied sie kurzerhand, bei Meister Bertolf Tuch für ein neues Gewand zu kaufen.
    Wie immer machte sie sich mit aller Sorgfalt zurecht, betupfte ihr Dekolleté mit ihrem Rosen-Lavendelwasser, nahm Geld aus dem Versteck und rief Bertram, damit er sie begleitete. Außer dem Tuch benötigte sie noch weitere Dinge, denn auch ihr selbst gefertigtes Gesichtswasser ging zur Neige. Ihr erster Weg führte sie deshalb zum Brand, wo sich die Läden der Fernhändler befanden.
    Sie hatten die Gasse noch nicht verlassen, als sie auf einen blinden Bettler stießen. Da Griseldis ein Herz für Schwache und Kranke hatte, wies sie Bertram an, ihm eine Münze zu geben.
    Im belebten Geschäftszentrum ging es drunter und drüber und die Gassen waren durch den Regen verschmutzt und glitschig. Hocherhobenen Hauptes schritt Griseldis neben ihrem Diener her und schaute sich prüfend um. Hin und wieder blieb sie stehen und begutachtete die Auslagen. Schließlich fand sie einen Laden, der ihren Ansprüchen genügte. Gleich beim Eintreten fühlte sie sich in die exotische Welt des Orients versetzt und tauchte in ein Bukettverschiedener Aromen ein. Sie sog den zarten Duft von Rosenblüten, die beißende Schärfe des Pfeffers und den betäubenden Wohlgeruch des Weihrauchs ein. Im Vorübergehen entdeckte sie hauchzarte, orangefarbene Safranfäden sowie Majoran und Thymian, die zu Heilzwecken benutzt wurden. Getrocknete Rosmarinbüschel und gebündelte Zwiebel- und Knoblauchknollen hingen an eisernen Haken von der Decke herab, während pralle Früchte in luftdurchlässigen Körben lagerten. Gewürze, deren Geschmack sich schnell verflüchtigte, wurden luftdicht in dunklen

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