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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
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Gläsern aufbewahrt. Auf einem roten Stück Samt erspähte sie Perlen von verführerischem Glanz und in einem Regal lagerten Ballen teurer Seide aus dem fernen Osten. Dieser Laden war für ihre Augen und ihre Nase ein wahres Fest.
    Ein freundlicher Jude, der auf einem Schemel in einer Ecke gesessen hatte, stand auf und kam zu ihr. „Womit kann ich dienen?“
    Griseldis entging seine gepflegte Erscheinung keineswegs. Der Bart war sorgsam gestutzt, das Haar ordentlich frisiert und die Nägel seiner feingliedrigen Hände sauber und geschnitten. „Ich benötige Lavendelblüten. Hast du sie vorrätig?“
    „Selbstverständlich.“
    Griseldis nannte die Menge und der Händler wog sie ab.
    „Ich brauche auch noch etwas Safran und Pfeffer.“
    Der Händler verpackte die Waren, nahm ihr Geld in Empfang und reichte das Bündel Bertram. Er brachte seine Kundin noch bis an die Tür und bedankte sich für den Einkauf. Jetzt peilte sie das Viertel der Tuchmacher an. Sie waren noch nicht weit gekommen, als sie auf eine Menschenansammlung stießen, aus deren Mitte eine laute Stimme drang.
    „Schau nach, was da vor sich geht!“, forderte sie ihren Diener auf.
    Bertram drängte sich rücksichtslos durch die Menge nach vorn und kehrte wenig später zu ihr zurück. „Ein Wanderprediger, der irgendetwas von einem ‚Heiligen Krieg, den der Papst will‘ und ‚verlorenen Seelen, die gerettet werden, wenn sie Jerusalem befreien‘, erzählt. Zwischendurch schreit er immer wieder ‚Deus‘ und ‚vult‘.“
    „Jetzt haben sie also auch Mainz erreicht“, stellte Griseldis fest. „Mich wundert, dass der Erzbischof ihn gewähren lässt, wo doch Papst Urban II. ein erklärter Gegner des Kaisers ist.“
    Bertram, dem Kirchenpolitik zu hoch war und der nicht wusste, ob seine Herrin eine Antwort von ihm erwartete, zuckte mit den Schultern. „Also mich kann er nicht überzeugen. Ich ziehe nicht nach Jerusalem.“
    „Ich würde dich auch gar nicht gehen lassen“, entgegnete sie ihm mit erhobener Stimme. „Aber anderen scheint er ins Gewissen zu reden, so viele wie ihm zuhören!“, fuhr sie nachdenklich fort.
    „Das täuscht. Die meisten schütteln den Kopf. Diejenigen, die ihm Gehör schenken, sind einfache Leute, die sich leicht begeistern lassen. Für sie klingen seine Versprechungen verlockend. Aber ich bezweifle, ob man für einen Platz im Himmel wirklich erst in einen Krieg ziehen muss“, merkte er an.
    Bertram wuchs in ihrer Achtung. Von Natur aus eher schweigsam, redete er in der Regel nur nach Aufforderung und hielt mit seiner Ansicht meist hinterm Berg. Seine Äußerung zeugte aber davon, dass er keineswegs so einfältig war, wie er vorgab zu sein.
    „Ich hab genug von dem Geschrei und Besseres zu tun.Lass uns weitergehen“, meinte sie.
    Am Laden von Meister Bertolf hielt Bertram seiner Herrin die Tür auf. Griseldis trat mit bewusst teilnahmsloser Miene, aber mit schwungvollen und doch zierlichen Schritten ein und steuerte auf den Ladentisch zu, hinter dem Meister Bertolf stand. Aus dem Augenwinkel sah sie Dithmar, der ihr überrascht hinterherschaute. Er bediente gerade ein älteres Ehepaar und versuchte, es von der Qualität eines bestimmten Tuchs zu überzeugen. Die Frau hörte ihm aufmerksam zu, während der Mann Griseldis unverhohlen anstarrte. Seinem Weib entging dies nicht und sie versetzte ihm mit ihrem Ellenbogen einen energischen Stoß in die Rippen.
    Der Tuchmacher begrüßte Griseldis zurückhaltend, aber nicht unfreundlich. Immerhin erhoffte er sich ein gutes Geschäft. „Meister Bertolf, wie schön dich zu sehen“, flötete sie laut genug, damit Dithmar es hörte.
    Noch schien die Freude allein auf ihrer Seite zu sein, denn Bertolf verzog keine Miene. „Womit kann ich dienen?“
    Griseldis redete munter weiter: „Ich brauche Tuch für mindestens ein neues Gewand, wenn nicht sogar zwei.“
    Diese Aussicht stimmte den Händler etwas freundlicher. „Dann werde ich dir eine Auswahl zeigen. Woran hattest du gedacht?“, gab er sich jovial.
    „Es soll vom Schnitt sein wie dieses“, sagte sie und drehte sich anmutig um die eigene Achse. Wieder galt ihr die gesamte männliche Aufmerksamkeit. „Mit genau solch einem Ausschnitt und solch weiten Trompetenärmeln, nur in der Taille soll es etwas schmaler sein.“
    Aus Richtung der Frau erklang ein empörter Laut. Ihr missfiel sowohl Griseldis‘ Auftreten wie auch der ungewöhnliche Schnitt ihres Obergewandes, das nichtunbedingt der gängigen Mode entsprach.

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