Das Blutgericht
hatte – wobei er offensichtlich siegreich gewesen war –, nur um jetzt einen Briten mit Carte blanche vor sich zu haben, der ihm die Zügel aus der Hand nehmen wollte. Er strich seinen grauen Anzug glatt und nickte zum Streifenwagen.
»Besser, Sie steigen ein. Ich bringe Sie zu Jorgenson.«
»Fahren Sie vor«, sagte ich ihm. »Ich nehme meinen eigenen Wagen.« Ich würde den Audi brauchen, und er würde mir nichts nutzen, wenn er einen Kilometer weit weg stand.
»Ich würde es vorziehen, wenn Sie mit uns kämen«, sagte Special Agent Kaufman langsam. »Außerdem muss ich Sie bitten, uns Ihre Schusswaffe zu übergeben.«
»Das werde ich nicht tun«, sagte ich ihm. Ich starrte ihm herausfordernd direkt in die Augen. Es sprach für ihn, dass er nicht sofort klein beigab.
»Ich habe einen Mann dort, der bereits zwei Mordversuche überlebt hat. Das möchte ich nicht noch einmal riskieren«, sagte er.
»Ich bin hier, um ihn zu beschützen, nicht um ihm zu schaden.«
»Das weiß ich nicht.«
»Walter Conrad hat für mich gebürgt«, erinnerte ich ihn.
»Walter ist bei der CIA«, antwortete Kaufman, »und wir wissen alle, wofür die bekannt sind.«
»Ich bin nicht bei der CIA«, sagte ich.
»Nein. Aber genau das ist das Problem … Ich bin mir nicht sicher, für wen Sie arbeiten.« Dann drehte er mir den Rücken zu und ging zum Streifenwagen.
»Kaufman.«
Er drehte sich um, und sein scharfer Blick fiel auf mich.
Ich sagte: »Ich bin nicht hier, um Ihnen etwas wegzunehmen. Wir sind auf der gleichen Seite.«
Er verzog den Mund zu einer schmalen Linie und drehte sich wieder von mir weg. Ich schüttelte hinter seinem Rücken den Kopf und stieg in den Audi. Der Cop am Eingang machte mir Platz, damit ich durch das Tor fahren konnte, und ich folgte dem Polizeifahrzeug auf das Jorgenson-Anwesen.
Wir näherten uns der Siedlung, in der die Angestellten wohnten. Ich war überrascht, als wir links abbogen, die Häuseransammlung umfuhren und ein einzeln stehendes Holzhaus an der Atlantikküste ansteuerten. Dieses Haus war anders als die anderen, es war älter und schlichter – weniger abschreckend als die Backsteinmonstrositäten, die die jüngeren Jorgensons errichtet hatten.
Warum wir dorthin fuhren und nicht direkt zu Bradleys Haus, verstand ich zuerst nicht, aber dann sah ich den silbernen Lincoln hinter dem Haus parken. Bradley hatte einen Ort gewählt, an dem er sich sicherer fühlte.
Special Agent Kaufman stieg aus dem Streifenwagen aus. Er beugte sich durchs Fenster und sagte etwas zu dem uniformierten Fahrer. Der Fahrer schüttelte den Kopf und gab Gas, fuhr die Straße zurück in Richtung Bradleys Haus. Ich parkte den Audi neben dem Lincoln, den Seagram am Tag zuvor gefahren war. Beim Aussteigen spürte ich den Vibrationsalarm des Telefons in meiner Tasche. Ich zog es heraus. Rink sagte: »Ich habe Mari ins sichere Bettchen gebracht. Harvey wird sich um sie kümmern. Ich bin jetzt wieder auf dem Weg zurück.«
»Ich bin wieder auf dem Grundstück«, erklärte ich ihm. »Ich musste Walter Conrad darum bitten, dass er seinen Einfluss geltend macht, aber in einer Minute oder zwei müsste ich bei Bradley sein.«
»Walter hat also seine Muskeln spielen lassen, hm?«
»Er steht tief in unserer Schuld, Rink. Er hatte keine andere Wahl, oder?«
»Nein, wohl nicht«, knurrte Rink. Ich stellte mir vor, wie er sich dabei über die Narbe an seinem Kinn strich. Wie ich die Messerwunde in meiner Brust, hatte auch Rink seine Verletzung Tubal-Kain zu verdanken.
»Ich werde hier auf dich warten, dann überlegen wir, wer von uns beiden Bradley mitnimmt.«
»Gib mir ein paar Stunden, okay?«
»So lange wird es ohnehin noch dauern, bis wir die Dinge hier geklärt haben«, erläuterte ich ihm. »Ich hab hier einen Typen vom FBI mit ’nem Stock im Arsch.«
»Also alles wie gehabt«, sagte Rink.
Ich legte auf.
»Ich habe gehört, was Sie gerade gesagt haben«, meldete sich der Special Agent Kaufman.
»Das sollten Sie auch, Kaufman«, sagte ich. »Wir haben uns vorhin gegenseitig auf dem falschen Fuß erwischt. Lassen Sie es uns nochmal versuchen. Wir sind beide aus dem gleichen Grund hier, also ist es doch besser, wenn wir uns darauf einigen zusammenzuarbeiten, oder? Ich werde hier nicht weggehen, deshalb wäre es ein ganzes Stück leichter, wenn wir gut miteinander auskommen würden.«
Kaufman nickte. Mit einem kurzen Rundblick nahm er die Umgebung in Augenschein. »Es wäre ein ganzes Stück leichter ohne diesen
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