Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
verspürte. »Mir wird schon etwas einfallen.«
Serafine kuschelte sich an mich, während ihre Finger mit der Schnur des Beutels spielten, den ich noch immer um den Hals trug. »Bist du bereit, dafür zu sterben?«, fragte sie mit einer überraschend dunklen Stimme, während ihre Hand nach dem Beutel griff. »Dann stirb!«
Noch während sie die Worte knurrte, verwandelte sie sich vor meinen Augen in den Verschlinger, und die Hand, die mich eben zärtlich liebkost hatte, wurde zu einer schwarzen Kralle, die auf meine Kehle niederfuhr …
»Götter!«, fluchte ich, als ich aufrecht im Bett saß, die Schulter für den Moment vergessen. Neben mir regte sich Serafine, während ich einen Funken zu der Kerze schickte, die auf dem Nachttisch stand.
»Was ist?«, fragte sie verschlafen und schob sich mit einer Hand ihr offenes Haar aus dem Gesicht. »Hat dich schon wieder der Alb geritten?«
»Ja«, gab ich ihr schwer atmend Antwort. »Aber diesmal war es anders.« Sie schaute mich fragend an, während ich nach der Kerze griff und sie hochhielt, sodass ihr flackernder Schein jeden Winkel des Raums ausleuchtete. Er könnte unter dem Bett liegen, dachte ich … und tadelte mich zugleich dafür, derart kindisch zu sein. Die Riegel an Tür und Fensterläden lagen vor, alles war unverändert, es gab nichts, das uns hätte bedrohen können.
»Ich träumte, du hättest dich in den Verschlinger verwandelt«, gestand ich ihr, während ich überlegte, ob ich nicht doch unter dem Bett nachsehen sollte. Meine Hand zitterte so sehr, dass ich anfing, das Wachs zu verteilen, also stellte ich die Kerze wieder ab. Das Schlimmste war, dass ich Mühe hatte, mir deutlich zu machen, dass der Albtraum nicht wahr sein konnte, wir hatten einander nicht aus den Augen gelassen, seitdem wir dem Verschlinger am Tempel begegnet waren. Dennoch … »Götter, was macht er mir Angst!«
»Nicht ohne Grund«, meinte sie gefasst und setzte sich aufrecht hin, um mich nachdenklich zu mustern. »Nur ein Narr kennt keine Angst. Aber wir werden eine Möglichkeit finden, ihn zu besiegen.«
»Aber wie?«, fragte ich sie verzweifelt. »Wenn selbst Seelenreißer nichts gegen ihn auszurichten vermag?«
»Zur Not fangen wir ihn ein und begraben ihn erneut«, sagte sie entschlossen. »Das war es ja, was die alten Elfen getan haben. Wir versiegeln ihn in Stein, dann hält er erst mal für die nächsten tausend Jahre Ruhe. Doch jetzt«, sie beugte sich vor und küsste mich leicht, »würde ich gerne weiterschlafen.«
Sie schlief an meiner Schulter ein, und ich beneidete sie darum, ich hätte es ihr gerne nachgetan. Doch daran war nicht zu denken, zu tief saß mir der Schreck in den Knochen. Zudem hatten Zokoras Pulver in ihrer Wirkung nachgelassen, und meine Schulter pochte, als würde man sie heiß auf einem Amboss schmieden.
Ich kroch vorsichtig aus dem Bett, sah Serafine einen Moment lang beim Schlafen zu, seufzte und setzte mich mit Stabmajor Amostins »Abhandlung über barbarische Gebräuche, Mythen und Rituale« an den kleinen Schreibtisch, um noch einmal manche Dinge nachzulesen.
Nur um, wie erwartet, festzustellen, dass Zokora den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Das Land, das der Stabsmajor hier beschrieb, war fruchtbar und reich an Nahrung gewesen. Obschon wir nur einen kleinen Teil der Steppe gesehen hatten, wusste ich von Mahea, dass sich die Steppe weithin erstreckte, von dem fruchtbaren Land von damals war nur wenig verblieben.
Tausende Gedanken gingen mir durch den Kopf, während ich dasaß und in das Buch starrte, bis die Buchstaben vor meinen Augen verschwammen. Als ich dann, endlich, viel später schlafen ging, war es kaum mehr eine Kerzenlänge bis zum Wecken.
Und ja, ich schaute doch noch unters Bett.
Die Rufe der Wachablösung auf dem Innenhof weckten mich. Verschlafen drehte ich mich auf die Seite um, froh, nicht dort unten antreten zu müssen … und dann klopfte es.
Mit einem Tuch um meine Lenden und Seelenreißer in der Hand öffnete ich die schwere Tür und sah mich einem blutjungen Rekruten der Federn gegenüber.
»Seid Ihr der La-Lanzengeneral?«, fragte er mit einem ehrfürchtigen Unterton, während er mir das versiegelte Schreibbrett hinhielt und sich sichtlich bemühte, irgendwo anders hinzusehen als auf eben jenes Brett.
Ich nickte, brach das Siegel, las, was die Feder in der Meldestelle geschrieben hatte, unterdrückte einen Fluch und seufzte.
»Habt Ihr eine Antwort?«, fragte der Rekrut.
»Ja«, knurrte ich.
Weitere Kostenlose Bücher